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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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bis der Vertrag kam; Athanaric blieb die ganze Zeit über bei mir, als traue er Lucius zu, mich in der Zwischenzeit foltern zu lassen.
    Der Raum, in dem wir warteten, war eine kleine Kammer im rückwärtigen Teil der Präfektur. Er wies eine Bank an jeder Wand auf und ein Fenster, aus dem man die Gärten der Präfektur überblicken konnte. Die Wächter begleiteten mich dorthin, diesmal ohne brutale Härte. Als wir ankamen, schickte Athanaric sie wieder fort. Erstaunlicherweise stellten sie sein Recht dazu nicht in Frage; sie gingen ganz einfach. Ich setzte mich schwerfällig hin, mußte mich aber nach vorne lehnen, weil meine Hände immer noch gefesselt waren. Athanaric bemerkte es und grinste; er holte sein Messer heraus und schnitt den Lederriemen durch.
    »Ich danke dir«, sagte ich und untersuchte meine Handgelenke, die ganz wundgerieben waren. Meine Hände zitterten. »Ich danke dir vielmals.« Er zuckte die Achseln; ich bekam die Geste gerade mit, als ich mich zurücklehnte und den Blick wieder hob. »Sind meine Schulden jetzt beglichen?« fragte er.
    »Es hat zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Schulden gegeben«, versicherte ich ihm. »Ein Arzt weigert sich niemals, einen Kranken zu behandeln. Außerdem hättest du dich von diesem Fieber auch ohne meine Hilfe erholen können.«
    »Hätte ich das? Soll ich zurückgehen und ihnen das erzählen?« Er lachte, als er die Angst in meinen Augen sah. »Es hat durchaus eine Schuld gegeben. Übrigens, ich mag Leute, die Bestechungsgelder zurückweisen. Das ist vielleicht unprofessionell, wenn man bedenkt, wie sehr ich auf Informationen angewiesen bin, aber ich kann nichts dafür. Und ich mag es nicht, wenn ehrliche Leute gefoltert werden, nur weil sie ihren Freunden die Treue halten. Vor allem mag ich es nicht, wenn sie von blutdürstigen Bischöfen gefoltert werden. Du dachtest, ich wäre gekommen, um ihnen zu helfen, nicht wahr?«
    »Ich wußte, daß du ihnen in der Vergangenheit geholfen hast.«
    »Meine Aufgabe besteht darin, dem Hof Informationen zuzutragen und vom Hof Verordnungen zu überbringen. Ich mache keine Politik, und ich lüge den erlauchten obersten Palastbeamten seiner Erhabenen Majestät nicht an. Deshalb muß ich aber nicht jede Handlungsweise gutheißen, die irgendein Diener seiner Erhabenen Majestät ausbrütet und in die Tat umsetzt.«
    Ich sah ihn vor mir, wie er mit der Neuigkeit von Athanasios’ Tod davon geritten war. Wenn er nicht so schnell geritten wäre, wäre Lucius vielleicht noch nicht hier, und Petrus wäre niemals ins Gefängnis geworfen worden. Dennoch konnte ich mir vorstellen, daß er Grausamkeiten haßte. Und er hatte mein Leben gerettet, zumindest mein Leben als Arzt. Das wollte immerhin etwas heißen. »Wie sind Militärhospitäler?« fragte ich. »Muß ich für zwanzig Jahre unterschreiben?«
    »O nein!« sagte er und beantwortete die zweite Frage zuerst. »Ärzte werden nicht angeworben und auch nicht dienstverpflichtet; die Anstellungsverträge sind unterschiedlich. Wir werden dich wahrscheinlich für etwa zehn Jahre einstellen, damit du Lucius nicht mehr über den Weg läufst. Die Hospitäler sind in ihrer Art ziemlich einheitlich, sie haben eine etwas strengere Dienstordnung als eure kirchlichen Hospitäler hier. Ich nehme an, man wird dich nach Novidunum schicken. Es ist eine große Festung an der Donau, und das dortige Hospital ist besonders schlecht. Unter den Soldaten heißt es, es sei besser, sich die Kehle durchzuschneiden und es damit gut sein zu lassen, als nach Novidunum ins Hospital zu kommen. Es wird dich in Trab halten.« Er hielt inne, dann fügte er hinzu:
    »Wahrscheinlich werde ich dich dort von Zeit zu Zeit besuchen. Meine hiesige Aufgabe ist erfüllt, und ich habe eine Menge Verbindungen in Thrazien; sogar ein paar Verwandte. Normalerweise bin ich dort stationiert. Du siehst also, es liegt in meinem ureigensten Interesse, das Gesundheitswesen in jener Region zu verbessern.«
    Ich lächelte über diese Bemerkung. »Ich werde tun, was ich kann.«
    Einen Augenblick lang saßen wir schweigend da, dann fragte Athanaric: »Da wir beide Alexandria verlassen, könntest du mir jetzt vielleicht verraten: Worin bestand denn nun die göttliche Offenbarung des Erzbischofs Athanasios in bezug auf dich?«
    »Es war etwas Persönliches«, sagte ich.
    »Und das möchtest du mir nicht erzählen. Nun schön, dann muß ich eben das Schlechteste annehmen. Dein Gewissen war durch ein schreckliches Verbrechen belastet, und der

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