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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Militärhospital als schlimme Degradierung empfinden«, warf Sebastianus hastig ein und versuchte, die Unterhaltung in ruhigere Bahnen zu lenken.
    Ich lächelte, um ihm zu verstehen zu geben, daß ich seine Höflichkeit zu schätzen wußte. »Für mich heißt es ganz einfach:
    ›Wer seine Haut retten will, kümmert sich nicht um den Harnisch‹«, erwiderte ich.
    Lupicinus warf mir einen ausdruckslosen Blick zu. Sebastianus lächelte, unterdrückte sein Lächeln jedoch schnell wieder.
    »Was für einen Harnisch?« fragte Lupicinus gereizt.
    »Er spielt auf ein Dichterwort an«, antwortete Sebastianus.
    »Das Gedicht des Archilochos über das Wegwerfen seines Harnischs.«
    Lupicinus warf mir einen verächtlichen Blick zu. »Diese verdammten Griechen, die dauernd mit ihrer Bildung protzen müssen«, sagte er zu niemandem im besonderen. »Ich weiß nicht, wozu es gut sein soll, uns so einen lispelnden asiatischen Eunuchen für die Behandlung von Männern zu schicken. Was hast du denn vor, he, Chariton von Ephesus? Willst du sie etwa mit heißen und wohlduftenden Bädern behandeln? Für mich ist die überkommene Medizin gut genug. Wenn es hier bei uns einem Mann nicht bessergeht, dann stirbt er eben und fällt uns wenigstens nicht mehr zur Last.«
    »Vortrefflicher Lupicinus«, sagte ich und bemühte mich, meiner Stimme einen gelassenen Tonfall zu geben, »es kommt eben darauf an, dafür zu sorgen, daß es ihm bessergeht. Ich habe gehört, an der Front würden Ärzte benötigt, und ich bin damit zufrieden, als einer von ihnen zu dienen.«
    »Ich bin hocherfreut, einen geschickten Arzt für mein Hospital in Novidunum zu bekommen«, warf Sebastianus rasch ein.
    »Ich habe den Eindruck, daß im Augenblick die meisten Männer, die dort eingeliefert werden, sterben. Und die übrigen bleiben ihr Leben lang verkrüppelt. Ich hoffe, du kannst diesen Zustand bessern. Komm doch bitte mit mir, dann gebe ich dir einige Briefe an den Tribun des Lagers mit und stelle dir die Erlaubnis aus, die Staatspost zu benutzen, damit du auch dorthin gelangst.« Er sammelte seine Papiere ein, nahm seinen Helm und verbeugte sich vor Lupicinus. »Vortrefflicher Feldherr, ich wünsche dir eine gute Gesundheit!« sagte er und drängte mich rasch aus dem Zimmer.
    Als er den Flur ein gutes Stück hinuntergegangen war, blieb er plötzlich stehen und lachte. »O heiliger Jesus Christ!« rief er aus.
    »›Für mich ist die überkommene Medizin gut genug.‹ Du würdest Lupicinus niemals dazu bewegen können, sich in ein Armeehospital zu begeben!«
    »Habe ich ihn beleidigt?« fragte ich und war mir ängstlich der Macht des Mannes bewußt.
    »Ihn? Es ist schwer, ihn nicht zu beleidigen. Er ist verdammt ungebildet. Er mochte nicht, daß du einen Dichter zitiert hast; er glaubt, Archilochos ist ein Fischgericht.«
    »Ich dachte, jeder kennt ihn«, erwiderte ich.
    Er warf mir einen abschätzenden Blick zu. »Athanaric sagt, du hättest ihn von einem tödlichen Fieber geheilt, und du seiest der einzige ehrliche Eunuch der Welt. Nun gut, ich hoffe, du kannst in Novidunum etwas ausrichten. Ich werde dir die Vollmacht geben, das Hospital, soweit wie du es für nötig hältst, neu zu organisieren. Unter den Truppen, die weiter westlich an der Donau stationiert sind, grassiert die Pest, und die kann ich hier nicht gebrauchen. Die Barbaren bekriegen sich untereinander, und das macht sie ruhelos. Falls unsere Kräfte geschwächt werden sollten, könnten sie sich dazu veranlaßt sehen, den Fluß zu überqueren.«
    Ich murmelte etwas davon, mein Bestes tun zu wollen, und Sebastianus lächelte. »Vielleicht möchtest du heute abend mit mir zusammen speisen?« fragte er. »Ich treffe hier in Thrazien nicht oft gebildete Männer, und wenn es einmal der Fall ist, dann erfreue ich mich gerne ihrer Gesellschaft.«
    Ich aß an diesem Abend mit Sebastianus zusammen. Er verfügte über eine ganze Reihe von Zimmern im Präsidium und hatte ein paar seiner Sklaven aus seinem Hauptquartier in Tomis mitgebracht. Ich sah mich mit der kultiviertesten Mahlzeit traktiert, die ich seit meinem Weggang aus Ephesus genossen hatte. Wir lehnten uns auf unseren Ruhebänken zurück, tranken unseren Wein (es war ein Chian – der Lieblingswein meines Vaters) und aßen uns langsam durch die drei Gänge hindurch: von den Eiern als Vorspeise bis zu den Äpfeln als Nachspeise. Ich holte die Klassiker aus der hintersten Ecke meines Gedächtnisses und glänzte vor dem Heerführer mit häufigen

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