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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Land. Aber als wir dort waren, gab es nichts zu essen. Mein neuer Vater wollte sich auf die Suche nach etwas Eßbarem machen, aber die Römer hinderten ihn daran. Sie hatten sehr viele Soldaten dort versammelt und erlaubten niemandem, weiterzuziehen; sie sagten, wir müßten darauf warten, daß uns Land zugeteilt würde. Wir warteten, aber wir hatten nichts zu essen. Ich konnte nicht einmal Frösche oder Beeren finden; die Leute, die den Fluß vor uns überquert hatten, hatten schon alles aufgegessen. Die Römer hatten haufenweise Lebensmittel, aber sie wollten Geld dafür, eine Menge Geld. Mutter verkaufte ihren Umhang und ihre Ohrringe. Mein neuer Vater hatte ein Panzerhemd, das er verkaufte – sein Schwert hatten ihm die Römer fortgenommen, als wir über den Fluß setzten. Ein wenig später wollte ich wieder zurück, auf das andere Flußufer. Aber auch das ließen die Römer nicht zu. Mutter verkaufte meine Halskette und meinen Umhang und alle unsere Schuhe. Dann sagte sie, wir würden allesamt Hungers sterben, falls sie uns nicht an die Römer verkaufen könnte. Die würden uns bestimmt etwas zu essen geben. Deshalb verkaufte sie zuerst mich, aber alles, was die Römer für mich gaben, war ein Hund. Als sie protestierte, lachten sie sie aus. Sie übergaben mich dem Mann, von dem du mich gekauft hast, Herr, und der legte mich in Ketten und brachte mich auf das Schiff. Ich sagte ihm, er brauche mich nicht anzuketten. Aber er tat es trotzdem. Als ich versuchte, mich loszumachen, schlug er mich. Alaric befand sich bereits auf dem Schiff, als ich dort ankam. Er lag auf dem Boden und weinte. Ich hatte ihn schon vorher im Lager gesehen und versuchte, ihn zu trösten. Er ähnelte meinem kleinen Bruder. Danke, daß du uns beide gekauft hast.«
    Ich sagte nichts. Ich empfand meine fünf Solidi plötzlich als Blutgeld, das mich schuldhaft an die Menschen kettete, die Hunde im Austausch für menschliche Lebewesen geboten hatten. Menschen in allergrößter Not haben ihre Kinder schon seit eh und je verkauft, doch meistens wird diese Not von gewissenlosen Leuten künstlich erzeugt, nur damit sie billig zu Sklaven kommen. Das Land hätte bereits aufgeteilt werden müssen, bevor die Goten überhaupt die Donau überquerten. Ich war sicher, daß Athanaric bestimmte Landstriche Thraziens erwähnt hatte, die für die Ansiedlung der Terwingen vorgesehen waren. Ich versuchte, mir die Lager am Donauufer in Mösien vorzustellen: Sie waren vermutlich schlimmer als diejenigen, die ich im Frühjahr gesehen hatte. Menschen, die in einigen wenigen Wagen und behelfsmäßigen Unterkünften aus Zweigen und Blattwerk mit ein paar Fellen darüber zusammengepfercht waren. Menschen, die sich von Wurzeln und Eicheln ernährten und von dem wenigen, was sie sich sonst noch zu erpresserischen Bedingungen von den wohlversorgten römischen Soldaten kaufen konnten. Menschen, die zuhauf und ohne daß man etwas dagegen tun konnte, an Krankheiten starben – an Ruhr, Typhus, Wassersucht. Menschen ohne richtiges Trinkwasser, ohne genügend Platz; Kinder, die vor Hunger schrien; die Toten wurden zwischen den Lebenden begraben oder auch in den Fluß geworfen. Und die Römer nahmen ihnen ihren Schmuck, ihre Kettenhemden und ihre Kleidung weg – und ihre Kinder.
    »Wer waren die Römer, die so etwas taten?« fragte ich schließlich. »Hast du irgendwelche Namen gehört?«
    Gudrun nickte und sah mich mit großen Augen an. »Die Befehlshaber der Soldaten hießen Lupicinus und Maximus. Und dann gab es noch einen Führer mit Namen Festinus. Er hatte keine Soldaten, sollte aber eigentlich etwas zu essen schicken – das sagte jedenfalls mein neuer Vater.«
    Festinus! Ja, Thorion hatte erzählt, daß er der neue Statthalter von Mösien war. Er wäre zu solchen Dingen fähig. Und ich erinnerte mich daran, was Sebastianus von der Habgier seines ihm vorgesetzten Heerführers erzählt hatte. Von Maximus, dem Heerführer Mösiens, wußte ich nichts, aber er mußte von ähnlichem Schlag sein, sonst wäre Lupicinus nicht in der Lage gewesen, den Menschen solches Leid zuzufügen.
    Ich war entsetzt über den Bericht des Mädchens. Ja, mehr noch, er verursachte mir sogar Angst. Ich glaubte nicht, daß sich Frithigern diese Behandlung noch lange gefallen lassen würde. Wahrscheinlich schmiedete er bereits Pläne, um sein Volk zum Widerstand aufzurufen. Als sie den Fluß überquerten, hatten sie ihre Waffen abliefern müssen, aber vermutlich hatten sich nicht alle daran

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