Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
führen, dass das Sozialamt die Zusammenarbeit beendet. Letztendlich würde das diejenigen treffen, die wir unterstützen. Ich habe Ihnen ja bereits erklärt, wir Männer tragen in diesem Punkt eine besondere Verantwortung.« Allmählich wurde er schärfer im Ton.
»Wir müssen Ihnen diese Fragen stellen«, sagte Patrik begütigend.
Thomas nickte. »Ich weiß. Verzeihen Sie meine Gereiztheit. Es ist einfach ungeheuer wichtig, dass kein schlechtes Licht auf uns fällt. Ich weiß, dass Leila wegen dieser Geschichte sehr beunruhigt ist. Früher oder später denkt sich irgendjemand, wo Rauch ist, ist auch Feuer, und dann bricht hier alles zusammen. Um Freistatt zu betreiben und dabei auch noch neue Wege zu wagen, geht Leila ein großes Risiko ein.«
»All das verstehen wir ja. Andererseits müssen wir Ihnen einige unbequeme Fragen stellen. Zum Beispiel diese hier.« Patrik nahm Anlauf. »Hatten Sie jemals den Eindruck, dass Mats Drogen konsumiert oder verkauft hat?«
»Drogen?« Thomas starrte ihn fassungslos an. »Doch, ich habe heute Morgen die Zeitung gelesen. Wir haben uns furchtbar über den Mist aufgeregt, der da stand. So ein Unsinn. Allein der Gedanke, Mats könnte in so etwas verwickelt gewesen sein, ist vollkommen absurd.«
»Kennen Sie IE ?« Patrik zwang sich selbst weiterzusprechen, obwohl er zunehmend das Gefühl hatte, in einer offenen Wunde zu stochern.
»Meinen Sie die Illegal Eagles? Ja, die kenne ich leider.«
»Einer unserer Zeugen sagt, deren Mitglieder hätten Mats krankenhausreif geschlagen und nicht eine Jugendgang, wie Mats behauptete.«
»Die sollen das gewesen sein?«
»So wurde uns erzählt«, sagte Gösta. »Hatten Sie mit ihnen zu tun?«
Thomas zuckte die Schultern. »Es ist wohl vorgekommen, dass Frauen von ihnen bei uns aufgenommen wurden, aber wir hatten mit IE nicht mehr Probleme als mit anderen Idioten.«
»War Mats der Ansprechpartner einer dieser Frauen?«
»Soweit ich weiß, nicht. Bei der Körperverletzung muss es sich um einen spontanen Gewaltausbruch gehandelt haben. Er war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Das war auch seine eigene Version. Zur falschen Zeit am falschen Ort.«
Patrik hörte selbst, wie skeptisch er klang. Thomas musste auch klar sein, dass sich diese Art von Kriminellen ihre Opfer nicht per Zufall aussuchten. Warum wollte er ihn vom Gegenteil überzeugen?
»Das ist im Moment alles. Haben Sie eine Telefonnummer, unter der wir Sie erreichen können, falls wir weitere Fragen haben? Damit wir nicht ständig hier reinschneien müssen?« Patrik grinste schief.
»Klar.« Hastig schrieb Thomas seine Nummer auf einen Zettel. »Möchten Sie auch mit Marie sprechen?«
»Ja, gerne.«
Während sie warteten, unterhielten sie sich leise. Gösta schien alles geschluckt zu haben, was Thomas gesagt hatte, und hielt ihn für glaubwürdig, doch Patrik hatte seine Zweifel. Thomas hatte zwar einen ehrlichen und aufrichtigen Eindruck gemacht und ihre Fragen mit sicherer Stimme beantwortet. Trotzdem hatte Patrik an einigen Punkten ein Zögern wahrgenommen. Es war jedoch eher ein Gefühl als eine richtige Beobachtung.
»Guten Tag.« Eine Frau oder, besser gesagt, ein junges Mädchen betrat den Pausenraum und gab ihnen die Hand. Ihre Handfläche fühlte sich etwas kalt und schweißig an, und am Hals hatte sie rote Flecke. Im Gegensatz zu Thomas war sie offensichtlich nervös.
»Wie lange arbeiten Sie schon hier?«, begann Patrik.
Marie fingerte an ihrem Rock herum. Sie war auf puppige Art hübsch. Eine leichte Stupsnase, langes blondes Haar, das ihr ständig ins Gesicht fiel, ein herzförmiges Gesicht und blaue Augen. Patrik tippte, dass sie fünfundzwanzig war, aber ganz sicher war er sich nicht. Mit den Jahren war es immer schwieriger geworden, das Alter von jüngeren Leuten einzuschätzen. Vielleicht tat einem der eigene Selbsterhaltungstrieb einen Gefallen, damit man sich für immer einbilden konnte, fünfundzwanzig zu sein.
»Ich arbeite seit etwa einem Jahr hier.« Die Flecke auf ihrem Hals wurden immer röter, und Patrik fiel auf, dass sie in regelmäßigen Abständen kräftig schlucken musste.
»Fühlen Sie sich wohl an Ihrem Arbeitsplatz?« Er wollte, dass sie sich entspannte. Gösta schien ihm das Ruder vollkommen überlassen zu haben. Er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl und hörte nur noch zu.
»Ja, unheimlich. Es ist so erfüllend, hier zu arbeiten. Klar, es ist auch belastend, aber auf eine Art, die einem etwas gibt, falls Sie verstehen,
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