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Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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und mit seinen Atemzügen an ihrem Ohr ein. Draußen hörte sie die Wellen gegen die Klippen schlagen.
    Vivianne deckte Erling mit einer Wolldecke zu. Das Schlafmittel hatte ihn wie immer ausgeknockt. Langsam wunderte er sich, dass er jeden Abend auf dem Sofa einschlief. Sie wusste, dass sie vorsichtig sein musste, aber sie konnte sich nicht länger zu ihm legen und seinen Körper neben ihrem ertragen. Es ging einfach nicht.
    Sie ging in die Küche, schüttete die Krabbenschalen in den Müllbeutel, ließ heißes Wasser über die Teller laufen und stellte sie in die Spülmaschine. Vom Weißwein war noch ein Schlückchen übrig, das sie sich in ein sauberes Glas goss und mit ins Fernsehzimmer nahm.
    Sie waren so nah dran. Allmählich wurde sie nervös. In den letzten Tagen hatte sie das Gefühl gehabt, die Konstruktion, die sie so sorgfältig aufgebaut hatten, sei kurz vorm Einstürzen. Wenn nur ein Baustein versetzt würde, wäre alles hin. Das wusste sie. Als sie noch jünger war, hatte sie einen perversen Gefallen daran gefunden, Risiken einzugehen. Sie hatte das Gefühl geliebt, auf der Grenze zur Gefahr zu balancieren. Das war jetzt anders. Das Alter schien eine immer größere Sehnsucht nach Sicherheit mit sich gebracht zu haben. Sie wollte sich endlich zurücklehnen und nicht mehr nachdenken. Und sie war überzeugt davon, dass es Anders genauso ging. Sie waren sich ähnlich und wussten, was der andere dachte, ohne dass es laut ausgesprochen werden musste. Immer schon.
    Vivianne führte das Glas zum Mund, aber als sie den Wein riechen konnte, hielt sie einen Moment inne. Der Geruch lockte Dinge hervor, an die sie sich nie mehr erinnern wollte. Das hatte sie sich geschworen. Es war lange her. Sie war ein anderer Mensch gewesen, niemals wieder würde sie so sein, unter keiner Bedingung. Sie war jetzt Vivianne.
    Sie wusste, dass sie Anders brauchte, wenn sie nicht wieder dorthin abrutschen, nicht wieder in diesem dunklen Loch aus Erinnerungen versinken wollte, die sie beschmutzten und wieder klein machten.
    Nachdem sie einen letzten Blick auf Erling geworfen hatte, zog sie sich die Jacke über und ging nach draußen. Er schlief tief und würde sie nicht vermissen.

Fjällbacka 1870
    A ls Karl um ihre Hand anhielt, war Emelie im siebten Himmel. Nie hätte sie gedacht, dass einmal so etwas passieren würde. Geträumt hatte sie allerdings schon davon. In den fünf Jahren als Magd auf dem Hof seiner Eltern war sie oft mit einem Bild von Karl vor ihrem inneren Auge eingeschlafen. Aber er war unerreichbar, das wusste sie. Ediths scharfe Zurechtweisungen hatten ihr den letzten Rest ihrer Träume ausgetrieben. Denn der Sohn des Hofs heiratete eine Magd selbst dann nicht, wenn sie in anderen Umständen war.
    Karl hatte sie nie angefasst. Er hatte sie nicht einmal angesprochen, wenn er Urlaub vom Leuchtturmschiff hatte und auf Besuch zu Hause war. Immer lächelte er nur höflich und machte ihr Platz, wenn sie an ihm vorbeimusste. Es war schon viel, wenn er sich nach ihrem Befinden erkundigte. Niemals hatte er angedeutet, dass er genauso empfand wie sie. Edith hatte sie als Närrin bezeichnet und ihr geraten, sich die Träumerei endlich aus dem Kopf zu schlagen.
    Aber Träume konnten wahr und Gebete erhört werden. Eines Tages kam er zu ihr und wollte mit ihr reden. Sie bekam Angst, weil sie glaubte, sie hätte etwas falsch gemacht, und nun würde er ihr sagen, sie solle ihre Siebensachen packen und verschwinden. Stattdessen starrte er zu Boden. Das dunkle Haar hing ihm in die Stirn, und sie musste sich beherrschen, nicht die Hand auszustrecken und es ihm aus dem Gesicht zu streichen. Stammelnd hatte er sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, die Ehe mit ihm einzugehen. Sie traute ihren Ohren kaum und musterte ihn von Kopf bis Fuß, um zu sehen, ob er sich über sie lustig machte. Doch er sprach weiter. Er wolle sie zur Frau nehmen, ja, schon morgen. Seine Eltern und der Pastor seien bereits eingeweiht, so dass umgehend alles in die Wege geleitet werden könne, falls sie zustimme.
    Sie zögerte eine Weile, hauchte aber schließlich: ja. Karl verbeugte und bedankte sich, während er sich rückwärts aus dem Zimmer entfernte. Sie blieb lange sitzen, spürte, wie sich wohlige Wärme in ihrer Brust ausbreitete und dankte ihrem Herrgott, weil er ihre abendlichen Gebete erhört hatte. Dann raste sie zu Edith.
    Doch Edith zeigte nicht die erhoffte Reaktion, weder Erstaunen noch ein bisschen Neid. Sie zog die dunklen Augenbrauen

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