Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Mund hören.
»Sie können sich vorstellen, dass wir in diesem Fall eng mit dem Drogendezernat zusammenarbeiten.« Konrad schob seine Brille hoch.
»Das klingt gut«, murmelte Patrik. Ein Gedanke nahm in seinem Kopf Gestalt an. »Haben Sie die Kugeln schon mit dem Register verglichen?«
Konrad und Petra schüttelten den Kopf.
»Ich habe gestern mit dem SKL telefoniert«, sagte Konrad. »Die Kollegen haben gerade erst angefangen.«
»Wir haben auch noch keinen Bericht, aber …«
Petra und Konrad sahen ihn aufmerksam an. Plötzlich blitzte es in Petras Augen.
»Aber wenn wir ihnen den Auftrag erteilten, die Geschosse dieser beiden Mordfälle zu vergleichen …«
»… bekommen wir das Ergebnis mit etwas Glück eher«, sagte Patrik.
»Mir gefällt Ihre Art zu denken.« Petra sah Konrad auffordernd an. »Rufst du da an? Du hast doch gute Beziehungen. Von mir haben sie die Nase voll, seitdem …«
Konrad schien genau zu wissen, was sie meinte, denn er zog sofort sein Handy aus der Tasche. »Ich rufe gleich an.«
»Tun Sie das, dann hole ich inzwischen die nötigen Unterlagen.« Patrik rannte in sein Zimmer. Kurz darauf legte er ein Blatt Papier vor Konrad auf den Tisch.
Konrad plauderte erst ein wenig und kam dann zur Sache. Er lauschte, nickte und strahlte übers ganze Gesicht.
»Du bist eine Wucht. Ich bin dir einen Gefallen schuldig. Aber einen ganz großen! Vielen Dank.« Zufrieden beendete Konrad das Gespräch. »Ich habe mit einem Kollegen gesprochen, den ich persönlich kenne. Er fährt sofort ins Labor, vergleicht die Geschosse und meldet sich so bald wie möglich.«
»Unglaublich«, staunte Patrik.
Petra wirkte vollkommen ungerührt. Sie war an Konrads kleine Wunder gewöhnt.
Langsam ging Anna vom Friedhof nach Hause. Erica hatte ihr angeboten, sie nach Hause zu fahren, aber sie hatte dankend abgelehnt. Der Falkeliden war nur einen Katzensprung entfernt, und sie musste ihre Gedanken ordnen. Zu Hause wartete Dan. Es hatte ihn verletzt, dass Anna das Grab mit Erica und nicht mit ihm besuchen wollte, aber sie konnte jetzt keine Rücksicht auf seine Gefühle nehmen. Im Moment hatte sie mit ihren eigenen genug zu tun.
Die Inschrift war für immer in ihr Herz geritzt. Der Kleine. Vielleicht hätten sie ihm einen richtigen Namen geben sollen. Im Nachhinein. Aber das wäre ihr auch nicht überzeugend vorgekommen. Schließlich war er in ihrem Bauch immer der Kleine gewesen, in dieser ganzen Zeit, in der er so geliebt worden war. Daran würde sich auch nichts ändern. Er würde niemals größer und älter werden und für immer das kleine Bündel Mensch bleiben, das sie noch nicht einmal in den Arm hatte nehmen dürfen.
Sehr lange war sie bewusstlos gewesen, so dass es schließlich zu spät gewesen war. Dan hatte ihn gehalten, eingewickelt in eine Decke. Er hatte ihn anfassen und sich von ihm verabschieden dürfen, und obwohl sie wusste, dass es nicht seine Schuld war, schmerzte es sie, dass er erleben durfte, was sie verpasst hatte. Tief im Innern war sie ihm auch böse, weil er sie und den Kleinen nicht beschützt hatte. Sie wusste, dass das lächerlich und irrational war. Es war ihre Entscheidung gewesen, ins Auto zu steigen, und Dan hatte den Unfall gar nicht miterlebt. Er hätte nichts tun können. Trotzdem wurde sie immer wütender auf ihn, weil es nicht einmal ihm gelungen war, sie vor allem Übel zu bewahren.
Vielleicht hatte sie sich in falscher Sicherheit gewiegt. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, nach all den Jahren mit Lucas hatte sie sich eingeredet, es wäre vorbei. Das Leben mit Dan wäre eine lange gerade Straße ohne unerwartete Schlaglöcher oder Kurven. Sie hatte keine hochfliegenden Pläne gehabt, keine großen Träume, sondern sich nur ein alltägliches Leben in ihrem Reihenhaus im Falkeliden gewünscht; sie wollte sich mit anderen Paaren zum Essen treffen, Schulden abbezahlen, die Kinder zum Fußballtraining bringen und im Flur über Berge von Schuhen stolpern.
In gewisser Weise hatte sie Dan als Garanten für dieses Leben betrachtet. Er war so vertraueneinflößend und stabil, strahlte innere Ruhe aus und hatte die Gabe, über Probleme hinwegzusehen. Sie hatte sich bei ihm angelehnt, weil sie selbst keinen festen Boden unter den Füßen hatte. Trotzdem war sie gestürzt, und nun wusste sie nicht, ob sie ihm das verzeihen konnte.
Sie öffnete die Haustür und betrat die Diele. Ihr ganzer Körper tat von dem Spaziergang weh, und als sie den Schal abnahm, schmerzten ihr die
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