Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Liebling.« Erling küsste sie direkt auf den Mund. Er wirkte ausgeruht. Gestern hatte sie ihm das Schlafmittel bereits um sieben verabreicht, so dass er mehr als dreizehn Stunden ununterbrochen geschlafen hatte. Er hüpfte geradezu in seinem weißen Anzug auf und ab, und nachdem er sie noch einmal geküsst hatte, verschwand er im Getümmel.
Die Gäste betraten das Gebäude.
»Willkommen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt bei uns im Badis .« Vivianne schüttelte Hände, lächelte und wiederholte ein ums andere Mal die Begrüßungsworte. Wie eine Elfe stand sie in ihrem bodenlangen weißen Kleid da, das kräftige Haar fiel wie immer in einem Zopf über ihren Rücken.
Als fast alle eingetroffen waren und sie einen Augenblick allein, verschwand das Lächeln. Sie sah ihren Bruder ernst an.
»Wir erzählen uns doch alles, oder?«, fragte sie leise. Sie empfand quälende Sehnsucht danach, die erwünschte Antwort zu hören und ihm glauben zu können. Doch er wandte sich schweigend ab.
Vivianne nahm Anlauf, um ihre Frage zu wiederholen, aber ein Nachzügler näherte sich dem Eingangsbereich, und sie setzte wieder ihr herzlichstes Lächeln auf. Innerlich war ihr eiskalt.
»Was wollte Ihre Frau eigentlich da draußen?«, fragte Petra.
Patrik legte die Strecke nach Fjällbacka in Bestzeit zurück. Er erklärte, was Erica normalerweise beruflich machte, und dass sie zum Vergnügen Nachforschungen über Gråskär angestellt hatte.
»Wahrscheinlich wollte sie Annie zeigen, was sie gefunden hatte.«
»Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sie sich in Gefahr befindet«, sagte Konrad beruhigend von der Rückbank.
»Ich weiß«, antwortete Patrik, doch gleichzeitig hatte er instinktiv das Gefühl, dass er so schnell wie möglich nach Gråskär musste. Er hatte Peter telefonisch vorgewarnt, und der hatte versprochen, mit dem Boot zur Stelle zu sein.
»Ich frage mich immer noch, welches Motiv dahinterstecken könnte«, sagte Konrad.
»Wenn Patrik recht hat, erfahren wir das hoffentlich bald.« Petra wirkte immer noch nicht ganz überzeugt.
»Sie wollen damit also sagen, dass Mats Sverin in der Nacht, als er erschossen wurde, eine Frau bei sich im Auto hatte?« Konrad schob den Kopf zwischen die Vordersitze. Draußen raste in halsbrecherischer Geschwindigkeit die Landschaft vorbei, aber weder Petra noch Konrad schienen ihr viel Beachtung zu schenken.
Patrik überlegte, wie viel er erzählen sollte. Um die Wahrheit zu sagen, war der alte Grip nicht unbedingt der glaubwürdigste Zeuge, der je in einem Mordfall ausgesagt hatte. Er behauptete zum Beispiel, seine Katze habe die Frau gesehen. Das war Patrik als Erstes durch den Kopf gegangen, als er erfuhr, dass die Kugeln übereinstimmten. In Martins Bericht stand, die Katze habe auf dem Fenstersims gesessen und die Frau angefaucht. Einige Zeilen weiter oben hieß es: »Marilyn kann Weiber nicht leiden. Da faucht sie nur.« Martin war der Zusammenhang gar nicht aufgefallen, auch Patrik nicht, als er den Bericht später durchlas. Aber inzwischen waren andere Dinge ans Licht gekommen, Grund genug, Martin erneut zu Grip zu schicken. Diesmal hatte er aus dem Alten herausbekommen, dass in der Nacht von Freitag auf Samstag vor dem Mietshaus eine Frau aus dem Auto gestiegen war. Nach gewissem Zögern bestätigte Grip auch, dass es sich um Sverins Auto gehandelt hatte. Leider behauptete er immer noch, seine Katze habe all dies beobachtet, und daher behielt Patrik dieses Detail bis auf weiteres für sich.
»Der Zeuge ist glaubwürdig.« Er hoffte, sie würden sich damit zufriedengeben. Am wichtigsten war jetzt, dass sie schnell zu Erica kamen und mit Annie sprachen, alles andere musste warten. Außerdem war da noch das Boot. Der Mann, mit dem Gösta gesprochen hatte, hielt es nicht nur für möglich, sondern auch für wahrscheinlich, dass es von Gråskär in die Bucht getrieben war, wo sie es gefunden hatten.
Vor seinem geistigen Auge sah Patrik einen möglichen Handlungsverlauf. Mats hatte Annie besucht, und sie hatte ihn aus irgendeinem Grund in seinem Boot zurück nach Fjällbacka begleitet. Sie waren in seine Wohnung gefahren, wo sie ihn erschoss. Da Annie ihm vertraut war, hatte er keine Angst gehabt, ihr den Rücken zuzuwenden. Dann war sie wieder zum Hafen gegangen und mit dem Boot von Familie Sverin nach Gråskär gefahren. Dort hatte sie dann das Boot treiben lassen. Ihm war alles vollkommen klar. Bis auf die Tatsache, dass er immer noch keine Ahnung hatte,
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