Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Sie klopften an. Als niemand öffnete, drängelte sich Petra an ihnen vorbei und pochte mit etwas mehr Nachdruck an die Tür.
»Hallo?«, rief sie.
Von drinnen war noch immer kein Laut zu hören. Patrik drückte die Klinke herunter, und die Tür ließ sich mühelos öffnen. Er ging hinein, machte aber sofort einen Schritt zurück und trat Konrad und Petra beinahe auf die Füße, als ihm der Geruch entgegenschlug.
»Pfui Teufel.« Er hielt sich die Hand vor den Mund und musste kräftig schlucken, um sich nicht zu übergeben.
»Pfui Teufel«, echote Konrad hinter ihn und schien ebenfalls mit Übelkeit zu kämpfen. Nur Petra wirkte ungerührt. Patrik sah sie fragend an.
»Schlechter Geruchssinn«, sagte sie.
Patrik stellte keine weiteren Fragen. Stattdessen betrat er das Haus, wo sein Blick unmittelbar auf den reglosen Körper am Boden fiel.
»Erica?« Er rannte zu ihr und warf sich neben ihr auf die Knie. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er sie berührte und sie sich stöhnend umdrehte.
Mehrmals rief er ihren Namen, bis sie sich ihm langsam zuwandte. Erst jetzt sah er die Wunde an ihrer Schläfe. Mühevoll tastete sie mit der Hand danach. Als sie ihre blutigen Finger betrachtete, weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen.
»Patrik? Annie …« Sie schluchzte. Patrik strich ihr über die Wange.
»Was ist mit ihr?«, fragte Petra.
Patrik winkte ab. Petra und Konrad gingen die Treppe hinauf, um sich im Obergeschoss umzusehen.
»Hier scheint niemand zu sein«, sagte Petra, als sie wieder herunterkamen. »Haben Sie dort schon reingeguckt?« Sie zeigte auf die Tür, neben der Erica lag.
Patrik schüttelte den Kopf. Vorsichtig zwängte sich Petra an ihnen vorbei und öffnete die Tür.
»Oh, mein Gott!« Sie winkte sie zu sich heran, aber Patrik blieb neben Erica knien und ließ Konrad hinter seiner Kollegin hergehen.
»Was ist da?« Er starrte auf das Türblatt, das ihm den Blick in den Raum versperrte.
»Was immer hier so stinkt, muss hier drin gewesen sein.« Konrad hielt sich die Hand vor Mund und Nase.
»Eine Leiche?« Einen Augenblick lang dachte er, Annie läge in dem Zimmer, aber dann kam ihm plötzlich ein Gedanke, der ihn erbleichen ließ. »Der Junge?«, flüsterte er.
Petra kam ebenfalls wieder heraus. »Ich weiß es nicht. Jetzt liegt dort jedenfalls niemand mehr, aber im Bett ist ein einziger Matsch und es stinkt wie die Hölle, das merke sogar ich.«
Konrad nickte.
»Wahrscheinlich der Junge. Sie haben Annie ja vor einer Woche noch gesehen, und diese Leiche dürfte meines Erachtens etwas länger dort gelegen haben.«
Erica setzte sich mühsam auf. Patrik legte ihr stützend den Arm um die Schultern.
»Wir müssen die beiden finden.« Er sah seine Frau an. »Was ist passiert?«
»Wir waren im Leuchtturm. Ich habe mich über den Geruch von Annies Kleidung gewundert. Dann bin ich hier reingeschlichen, um nachzusehen. Sie muss mir einen Schlag auf den Kopf versetzt haben …« Ihr Stimme zitterte.
Patrik blickte zu Konrad und Petra auf.
»Was habe ich Ihnen gesagt? Sie muss sich in alles einmischen.« Er lächelte, wirkte jedoch besorgt.
»Aber den Jungen haben Sie nicht gesehen?« Petra hockte sich neben Erica.
Erica schüttelte den Kopf und verzog vor Schmerz das Gesicht.
»Nein, ich bin gar nicht dazu gekommen, die Tür zu öffnen. Aber ihr müsst die beiden finden«, sagte sie wie Patrik. »Ich komme schon zurecht. Sucht ihr nach Annie und Sam.«
»Wir tragen sie zum Boot«, sagte Patrik.
Er ignorierte Ericas Protest, und dann schleppten sie sie mit vereinten Kräften zum Steg und legten sie zu Peter ins Boot.
»Bist du sicher, dass du allein klarkommst?« Patrik konnte sich kaum von Erica losreißen, wenn er in ihr weißes Gesicht und die blutende Wunde an der Schläfe blickte.
Sie fuchtelte mit der Hand. »Jetzt geh schon, ich sage doch, dass du dir um mich keine Sorgen zu machen brauchst.«
Widerwillig ließ Patrik sie zurück.
»Wo können sie abgeblieben sein?«
»Sie müssen auf der anderen Seite der Insel sein«, sagte Petra.
»Stimmt, das Boot ist ja noch da«, überlegte Konrad.
Sie kletterten über die Klippen. Die Insel wirkte noch genauso verlassen wie bei ihrer Ankunft, und außer dem Gluckern der Wellen und dem Kreischen der Möwen war kein Geräusch zu hören.
»Vielleicht sind sie im Leuchtturm.« Patrik legte den Kopf in den Nacken und kniff die Augen zusammen.
»Könnte sein, aber zuerst sollten wir die Insel absuchen.« Petra schirmte die Augen mit der
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