Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
nickte und ging in einen kleinen, aber hellen Raum voraus. Die Wände waren mit Kinderzeichnungen bedeckt, doch der Schreibtisch war sauber und aufgeräumt. Ganz im Gegensatz zu seinem eigenen. Patrik und Paula nahmen Platz.
»Wie viele Frauen pro Jahr unterstützen Sie?«
»Ungefähr dreißig kommen zu uns und wohnen eine Weile bei uns. Der Bedarf ist riesig. Manchmal kommt es mir vor wie ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es fehlt uns leider an Ressourcen.«
»Wie wird das Angebot denn finanziert?« Da Paulas unstillbare Neugier geweckt war, lehnte Patrik sich zurück und ließ sie die Fragen stellen.
»Wir bekommen unser Geld aus zwei Quellen. Kommunale Förderung und freiwillige Spenden. Trotzdem fehlt hinten und vorne Geld, wie gesagt. Wir wünschten, wir könnten viel mehr tun.«
»Wie viele Angestellte haben Sie?«
»Wir haben drei bezahlte und eine wechselnde Anzahl von ehrenamtlichen Kräften. Ich weise darauf hin, dass wir keine hohen Gehälter zahlen. Alle, die hier arbeiten, nehmen gegenüber früheren Beschäftigungsverhältnissen einen Lohnverzicht in Kauf. Uns geht es nicht ums Geld.«
»Mats Sverin gehörte aber zu den bezahlten Kräften«, meldete sich Patrik zu Wort.
»Ja, er war für die Finanzen zuständig. Er hat vier Jahre für uns gearbeitet und seine Sache hervorragend gemacht. In seinem Fall war das Gehalt ein Hungerlohn, verglichen mit seinem vorherigen Verdienst. Er hat wirklich für unsere Arbeit gebrannt. Und ich brauchte ihn nicht lange zu überreden, an diesem Experiment teilzunehmen.«
»Experiment?«, fragte Patrik.
Leila schien zu überlegen, wie sie sich ausdrücken sollte.
» Freistatt ist einzigartig«, sagte sie schließlich. »Normalerweise arbeiten in Frauenhäusern keine Männer. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass es sich um einen Tabubruch handelt, wenn ein Mann in einer solchen Organisation arbeitet. Bei uns dagegen sind gleich viele Männer und Frauen, jeweils zwei, und genauso wollte ich es haben, als ich Freistatt gegründet habe. Es war nicht immer leicht.«
»In welcher Hinsicht?«, fragte Paula. Sie hatte sich über das Thema noch nie Gedanken gemacht, war aber auch noch nicht mit Frauenhäusern in Berührung gekommen.
»Das ist ein unheimlich heißes Eisen, und es gibt zwei vollkommen entgegengesetzte Positionen. Diejenigen, die Männer aus den Frauenhäusern heraushalten wollen, sind der Meinung, dass die Frauen nach allem, was sie durchgemacht haben, eine männerfreie Zone brauchen. Andere, so wie ich zum Beispiel, sehen das als falschen Weg. Meiner Ansicht nach erfüllen Männer in Frauenhäusern eine wichtige Funktion. Draußen in der Welt gibt es ja auch Männer, und es erzeugte ein falsches Gefühl von Sicherheit, wenn man sie hier ausschlösse. Vor allem jedoch ist es äußerst wertvoll, zu zeigen, dass es auch andere Männer gibt als jene, die diese Frauen meistens und fast ausschließlich kennengelernt haben. Man muss doch beweisen, dass es auch gute Männer gibt. Deswegen bin ich gegen den Strom geschwommen und habe mich als erste Leiterin eines Frauenhauses entschieden, mit Frauen und Männern zusammenzuarbeiten.« Sie machte eine kurze Pause. »Das setzt natürlich voraus, dass die Männer, die wir hier einstellen, gründlich überprüft wurden und unser vollstes Vertrauen genießen.«
»Wie kam es, dass Sie Mats dieses Vertrauen entgegenbrachten?«, fragte Patrik.
»Er war ein guter Freund meines Neffen. Einige Jahre lang sahen sie sich recht häufig, und da bin ich ihm mehrmals begegnet. Er erzählte mir, seine damalige Arbeit befriedige ihn überhaupt nicht. Er suchte nach etwas, das sinnvoller war. Als er von Freistatt erfuhr, war er Feuer und Flamme und überzeugte mich schließlich davon, dass er der Richtige für den Job sei. Er wollte Menschen wirklich helfen, und hier hatte er die Möglichkeit dazu.«
»Warum hat er aufgehört?« Patrik sah Leila an. In ihren Augen blitzte etwas auf, verflüchtigte sich jedoch sofort.
»Um sich weiterzuentwickeln. Und nachdem er so schwer misshandelt worden war, wollte er wohl wieder nach Hause. Das ist ja nichts Ungewöhnliches. Es ging ihm schlecht, wie Sie sicher wissen.«
»Wir haben mit dem Sahlgrenska gesprochen«, sagte Patrik.
Leila holte tief Luft. »Warum kommen Sie hierher und fragen mich nach Matte? Er hat doch schon vor Monaten hier aufgehört.«
»Hat irgendjemand hier seitdem Kontakt zu ihm gehabt?« Patrik vermied es, ihre Frage zu beantworten.
»Nein,
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