Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Stoffgeschäft vorbeiführte.
Sie hatte Maja in den Kindergarten gebracht und befand sich wieder auf dem Rückweg, als ihr plötzlich eine Idee kam. Auf Gråskär war ihre Neugier geweckt worden. Der lange Schatten des Leuchtturms und Annies Blick, als sie über die Geister sprachen, hatten sie animiert, über die Geschichte der Insel nachzudenken. Warum sollte sie nicht ein wenig recherchieren?
Sie machte kehrt und ging nun in Richtung Bibliothek. Irgendwie musste sie schließlich die Zeit totschlagen, und während die Kinder schliefen, konnte sie auch in der Bibliothek sitzen. Das erschien ihr sinnvoller, als nur auf dem Sofa zu hocken und sich Oprah Winfrey und Kochshows anzugucken.
»Schön, dich zu sehen!« May strahlte, als Erica den Wagen hinter der Tür abstellte und so weit wie möglich an die Wand schob, damit er niemanden behinderte. Die Bibliothek war allerdings vollkommen leer, und es hatte auch nicht den Anschein, als könnte es noch zu größerem Gedränge kommen.
»Und die goldigen Jungs!« May beugte sich über den Wagen. »Sind sie so artig, wie sie aussehen?«
»Wie die Engel«, antwortete Erica wahrheitsgemäß. Sie konnte sich wirklich nicht beklagen. Die Probleme, die sie gehabt hatte, als Maja so klein war, hatten sich in Luft aufgelöst. Das beruhte mit Sicherheit auch auf ihrer Einstellung. Wenn die beiden sie aus dem Schlaf rissen, empfand sie nur Dankbarkeit und keine Angst. Außerdem waren sie meistens zufrieden und hatten nachts nur einmal Hunger.
»Du kennst dich hier ja aus. Sag Bescheid, falls du Hilfe brauchst. Hast du ein neues Buch in Arbeit?« May musterte sie.
Zu Ericas Freude waren die Bewohner des Ortes unheimlich stolz auf deren Erfolg und zeigten großes Interesse an ihrer schriftstellerischer Laufbahn.
»Nein, ich habe noch nichts Neues angefangen. Ich wollte nur zum Vergnügen ein paar Nachforschungen anstellen.«
»Ach, worum geht es denn?«
Erica lachte. Die Leute aus Fjällbacka waren nicht gerade für ihre Schüchternheit berühmt. Wer nicht fragte, erfuhr auch nichts. Sie hatte nichts dagegen, da sie selbst noch neugieriger war als die meisten anderen, wie Patrik bei jeder Gelegenheit betonte.
»Ich wollte mal nachsehen, ob es Bücher über den Schärengarten gibt. Am liebsten etwas über die Geschichte von Gråskär.«
»Meinst du die Geisterinsel?« May ging zu den Regalen am anderen Ende des Raums. »Dann hast du es wohl auf die Schauergeschichten abgesehen. In dem Fall solltest du dich mal mit Käpt’n Stellan von der MS Nolhotten unterhalten. Karl-Allan Nordblom weiß auch eine Menge über den Schärengarten.«
»Danke, für den Anfang werde ich erst mal nachschauen, was ich hier finde. Die Geister, die Geschichte des Leuchtturms, all das könnte von Interesse sein. Meinst du, da hast du was?«
»Hm …« Konzentriert durchsuchte May das Regal. Sie zog ein Buch heraus, blätterte ein wenig darin und stellte es wieder zurück. Dann nahm sie noch eins, überflog das Inhaltsverzeichnis und behielt es in der Hand. Am Ende gab sie Erica vier Bücher.
»Damit kannst du vielleicht etwas anfangen. Es ist wahrscheinlich nicht ganz einfach, Bücher speziell über Gråskär zu finden. Vielleicht könntest du auch mit den Leuten vom Museum Bohuslän sprechen.« Sie setzte sich wieder hinter den Tresen.
»Ich schaue mir erst mal die hier an.« Erica deutete auf den Stapel. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die Zwillinge schliefen, suchte sie sich einen Platz zum Lesen.
»Was ist das?« Die Klassenkameraden umringten sie auf dem Schulhof. Jon genoss es, im Mittelpunkt zu stehen.
»Das habe ich gefunden. Ich glaube, es sind Süßigkeiten.« Stolz hielt er die Tüte in die Höhe.
Melker schubste ihn zur Seite.
»Was heißt hier du? Wir beide haben sie gefunden.«
»Habt ihr sie aus einer Mülltonne gefischt? Igitt, wie eklig. Wirf das weg, Jon!« Lisa wandte sich naserümpfend ab.
»Sie sind doch in einer Plastiktüte.« Vorsichtig öffnete er den Verschluss. »Außerdem lag der Beutel nicht in einer Mülltonne, sondern in einem Papierkorb.«
Mädchen waren wahnsinnig zickig. Früher hatte er auch oft mit Mädchen gespielt, aber seit sie zur Schule gingen, hatten sie sich irgendwie verändert. Als ob Aliens in sie eingedrungen wären. Dauernd kicherten sie.
»Mann, sind Mädchen albern«, sagte er laut und erntete Zustimmung von den Jungs, die sich um ihn geschart hatten. Alle wussten genau, was er meinte. Nur weil sie in einem Papierkorb gelegen
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