Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
zu sprechen an und senkte dabei die Klinge. Innerlich entfuhr Thalon ein
erleichterter Seufzer. „Ihr seht nicht aus wie ein Twerg. Aber ein normaler
Mensch scheint Ihr auch nicht zu sein. Seit vielen Jahren schon streife ich
durch die einsamen Gänge dieser Mine und lausche den Geschichten der Felswände.
Und das Eisen der Wandträger singt von so manchen Dingen. Jedoch, ein Junge,
dessen Körper glüht wie Gold, davon hatten sie nie erzählt.“ Der Mann stieß ein
nachdenkliches Knurren aus und leuchtete mit der Laterne, die er vom Gürtel
löste, in Thalons Gesicht. „Er muss verrückt geworden sein“, dachte Thalon und
hielt sich die Hände schützend vor das Gesicht, damit die hellen Strahlen der
Lampe ihn nicht zu stark blendeten. Kleine weiße Flecke tanzten vor seinem
Auge, als der Greis die Laterne wieder senkte. „Scheinbar kann er nicht
sprechen. Habt Ihr einen Knoten in der Zunge?“, fragte der Mann barsch und der
ohnehin scharfe Blick verstärkte sich zu einem regelrecht durchbohrenden,
sodass Thalon glaubte, der Greis blicke direkt in seine Seele. „Nehmt einen
Schluck Wasser, Eure Kehle muss trocken sein“, fügte er hinzu und Thalon nahm die
Feldflasche an, ohne zu überlegen, woher der Mann das Wasser haben könnte. Es
fühlte sich wie ein göttliches Geschenk an, als die kühle Flüssigkeit seinen
Rachen hinunter floss. „Ich heiße Thalon“, sagte er schließlich und schaute
erneut in die Augen des Mannes vor ihm. „Thalon also. Ein altertümlicher Name, den schon einst die Bäume
geflüstert haben. Sicherlich wisst Ihr, was er bedeutet?“, erkundigte sich der
Alte und lockerte dabei seinen Blick. Er wirkte nun freundlicher, was jedoch
nichts daran änderte, dass Thalon sich in seiner Gegenwart wie ein kleines Kind
fühlte. Ohne auf ein Zeichen von Thalon zu warten, fuhr er fort: „Der Retter.
Eurer Name weist darauf hin, dass Ihr ein Retter seid. Doch was ist der Grund,
weshalb Ihr diese lang verlassenen Gänge durchstreift?“ Thalon, der sich der
Bedeutung seines Namens tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst
gewesen war, vermutete, dass es das beste war, diesem Mann die Wahrheit zu
sagen. Jegliches Leugnen hätte dieser mit Sicherheit durchschaut und wer konnte
schon sagen, was er dann mit Thalon gemacht hätte. „Ba’Yanda. Was könnt Ihr mir
darüber sagen?“, erkundigte sich der Lichtritter. Kaum hatte der Mann das Wort
vernommen, weiteten sich seine Augen und er trat näher an Thalon heran. Seine mächtige
Gestalt thronte nun über ihm. Er wirkte bedrohlich und schien innerlich zu
Brodeln. Der Funke der Freundlichkeit, der sich zuvor gezeigt hatte, war nun
erloschen. „Woher wisst Ihr davon? Der Klang dieses Namens ist bereits seit
vielen Jahren schon aus Oleiphea verweht. Selbst die Ältesten der Menschen
haben vergessen, dass dieses Wort existiert“, dröhnte der Alte. „In einem alten
Buch fand ich Hinweise darauf, dass das Schwert zuletzt den Twergen übergeben
wurde. Ich bin hier, um es zu finden“, erwiderte Thalon mit überzeugter Stimme.
„Ein Buch? Selbst wenn die Wörter des Papiers Euch den Narr ins Ohr gesetzt
haben, der Euch immer wieder beteuerte, dass dieses Schwert existiert, stellt
sich noch die Frage, weshalb gerade Ihr so sicher seid, diese sagenumwobene
Klinge finden zu können?“ In der Stimme des Mannes wahr deutlich der Hohn zu
hören. „Es ist meine Bestimmung. Ich bin der Lichtritter“, platzte es nun aus
Thalon heraus. Der Mann brach in schallendes Gelächter aus, welches als
verzerrtes Echo durch die Minenschächte schallte. „Ihr schickt Euch an, mir,
dem altväterlichen Wächter, allen Ernstes den Glauben einpflanzen, dass Ihr ein
Krieger Oleipheas seid? Der letzte Lichtritter entschwand vor vielen
Jahreszyklen. Und wie das Schwert Ba’Yanda, vergaßen die Menschen auch bald, dass
die Lichtritter jemals durch Oleiphea gestreift sind. Niemand kann sich noch an
sie erinnern. Außerdem gibt es keinen Grund, weshalb es einen Lichtritter zu
erwählen gäbe. Ihr könnt kein Lichtritter sein!“ Thalon spürte, wie leichter
Zorn in ihm heranwuchs. „Wie erklärt Ihr Euch dann, dass mein gesamter Körper
glüht?“, hakte er spitzfindig nach. Der Greis kratze sich mit seinen faltigen
Fingern am Kopf. „Sicherlich besitzt Ihr einige magische Talente, von denen ich
noch nie etwas gehört habe. Dies allein beweist jedoch nichts.“ Aufgebracht
über die Sturheit des Alten sagte Thalon: „Ich weiß nicht, wie lange Ihr schon
durch
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