Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
seine Kräfte dezimiert. Um sich die Zeit zu
vertreiben, lauschte er in die Dunkelheit hinein, während Lewias Körper ruhig
neben ihm lag und im faden Licht der Flammen rötlich leuchtete. Alles was
Thalon vernahm, war das rhythmisch prasselnde Feuer, dessen Zungen sich in
Richtung des dunklen, von Wolken zugezogenen Nachthimmels streckten, so als
wollten sie diese beiseite schieben, um die hellen Sterne sehen zu können. Dann
war da noch das eintönige Zirpen der Grillen, ansonsten waren rings um sie
herum keine Geräusche mehr zu hören. Die Ruhe erinnerte ihn wieder an den Tag,
als er mit Kathleen im Garten gesessen hatte und sich mit ihr unterhalten
hatte. Ihm fiel wieder ein, dass er sie fast angeschrien hätte, nur weil sie
sich angeschlichen hatte, doch für Entschuldigungen und Wiedergutmachungen war
jetzt keine Gelegenheit mehr. Nie wieder! Durch schnelles Kopfschütteln
verdrängte er den Gedanken und konzentrierte sich mehr auf das Kommende. Wenn
Anthlo wirklich die Wahrheit gesagt hätte, was genau würde dann in dem Turm auf
sie warten? Würde Anthlo tatsächlich Antworten für ihn haben und wenn ja, was
würden sie sein? Würde er Anthlos Gesicht zu sehen bekommen? Wie würde diese
mysteriöse und anscheinend nicht menschliche Kreatur aussehen? „Vielleicht ist
es auch einfach nur ein alter Magier, der zu selten Besuch bekommt“, scherzte
Thalon in seinen Gedanken und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Auf
einmal fiel sein Blick auf die ruhig schlafende Lewia, er setzte sich vor sie
auf den Boden und schaute sie lange und genau an. Die ganze Zeit saß er da,
betrachtete sie und musterte sie bis auf das kleinste Details, wobei er nicht
starrte, sondern einfach nur beobachtete. Dabei fiel ihm plötzlich etwas an
Lewias Hand auf. Er beugte seinen Kopf nach vorne, um bei der spärlichen
Beleuchtung des Feuers besser sehen zu können und schob behutsam ihren Ärmel
ein kleines Stück nach oben, sodass er freien Blick auf ihre Hand hatte. Es war
eine Tätowierung, die aus einem Punkt in der Mitte bestand. An dessen Seite
befanden sich zwei schlangenähnliche Linien, die sich über dem Kreis kreuzten.
Unter dem Punkt waren kleine Schriftzeichen in einer für Thalon unbekannten
Sprache geschrieben, die wahrscheinlich dieselbe war, die Lewia bei ihren
Zaubersprüchen benutzte. Verwirrt schüttelte er kurz den Kopf. „Merkwürdig“,
dachte er, „ich könnte schwören, dass sie diese Tätowierung vorher noch nicht
hatte. Ich hätte es doch schon längst bemerkt. Ich muss sie unbedingt fragen,
was es damit auf sich hat.“ Bald darauf war es schließlich an der Zeit Lewia zu
wecken, allerdings wartete er damit noch ein bisschen und schaute noch einmal
auf Lewia. Ihr Körper bewegte sich kaum merklich bei jedem Atemzug und ihre
Miene war friedlich, so als würde sie gerade von der schönen Blumenwiese
träumen, die die Einöde, in der sie sich noch vor kurzem befunden hatten,
einmal gewesen sein musste. Ganz sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter und
rüttelte leicht an ihr. „Es ist soweit.“, flüsterte Thalon, als Lewia langsam
ihre Augen öffnete und ihn verträumt ansah. Endlich konnte er sich hinlegen und
merkte erst jetzt, dass er vor Müdigkeit kaum noch stehen konnte. Er spürte
zwar den kalten und harten Boden unter ihm, aber es machte ihm nichts aus, denn
aufgrund seiner Müdigkeit war es ihm vollkommen gleich, ob er in einem Bett
schlief oder eben auf dem Boden. Von daher dauerte es auch nicht sonderlich
lange, bis er in tiefen Schlaf fiel und erneut zu träumen begann. Vor seinen
geistigen Augen bildete sich ein fremdes Land, bestehend aus einer großen
Wüste. Thalon vermutete, dass es sich um Trockenfeld handeln musste, was
verwunderlich war, da er ja eigentlich kein genaues Bild von dem Land hatte,
aufgrund der Tatsache, selbst noch nie dort gewesen zu sein.
Majestätisch wie ein Vogel schwebte er über das
Land und konnte trotz der großen Entfernung zum Boden dennoch jede Kleinigkeit
genauestens erkennen. Unter ihm war ein Schatten eines Adlers zu sehen und
Thalon begriff, dass er dieses Tier war. Am Horizont erschien eine kleine Stadt
und kurz davor setzte er zum Landeanflug an. Er landete sanft auf einem Ast
eines abgestorbenen Baumes. Auf einmal bildeten sich aus dem Sand zwei
Gestalten. Wenig später erkannte er genauere Konturen. Es waren Lewia und
Kathleen, die da nicht weit von ihm entfernt standen und sich scheinbar heftig
stritten. Unerwartet zog Kathleen plötzlich ein
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