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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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dunkler Teint, ließ ihn ein und führte ihn in den einzigen Wohnraum des Hauses. Dieser war allerdings sehr groß, auf drei Ebenen angelegt, und die Einrichtung wußte mit Seidenglanzoberflächen, weichem Samt, zarten Filigranarbeiten und glänzendem Porzellan eher den Eindruck der Leichtigkeit zu vermitteln als den solider Massivität. Viel Geld war hier hineingesteckt worden. Die Jahre, die Swan vergeudet hatte, waren von seinem Freund offensichtlich nutzbringend verwandt worden.
    Frensham, der sich bei Wexfords Eintritt aus seinem Sessel am anderen Ende des Raumes erhoben hatte, war von seinem Kommen unterrichtet oder besser: vorgewarnt worden, denn er hatte ganz offensichtlich getrunken. Weil das zu erwartende Gespräch ihn beunruhigte? Wexford mußte es zwangsläufig annehmen. Ein Börsenmakler konnte kaum so erfolgreich sein, wie Frensham es ganz offensichtlich war, wenn sein Alkoholpegel jeden Abend um sieben so hoch stand wie heute.
    Nicht, daß er sich nicht ganz gut hielt. Lediglich der Geruch nach Brandy und der merkwürdige Augenausdruck setzten Wexford über seinen Zustand ins Bild.
    Er war dreiunddreißig und sah aus wie vierzig, das dunkle Haar war schütter, und sein Gesicht war fleckig. Daneben sah sein Altersgenosse Swan aus wie siebenundzwanzig. Faulheit und Bequemlichkeit halten jung; harte Arbeit und Sorgen beschleunigen den Alterungsprozeß.
    Frensham trug einen eleganten schwarzgrauen Anzug mit kupfernem Glanz, eine schwarz-kupfer gemusterte Krawatte und einen Opalring am linken kleinen Finger. Welch einen Eindruck zivilisierter Vornehmheit der Mann gemacht hätte, dachte Wexford, wäre einem nicht sein alkoholgeschwängerter Atem voll ins Gesicht geschlagen.
    »Lassen Sie sich einen Drink eingießen, Chief Inspector.«
    Wexford hätte abgelehnt, wollte es gerade tun, wenn nicht so viel unterdrückte Eindringlichkeit in Frenshams hinzugefügtem »Bitte« gelegen hätte, daß er sich bemüßigt fühlte anzunehmen.
    Frensham öffnete die Tür und rief einen Namen, der wie ‘Cheissus’ klang. Brandy wurde gebracht, sowie verschiedene andere Flaschen und Karaffen. Als der Mann wieder gegangen war, sagte Frensham: »Eigenartig, diese Spanier, nicht? Einen Jungen Jesus zu nennen.« Er kicherte kurz und verwirrt. »Höchst unpassend, das kann ich Ihnen versichern. Seine Eltern sind Maria und Joseph, sagt er wenigstens.«
    Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und ließ sich weiter über das Thema aus, doch Wexford beschloß, sich durch iberische Nomenklatur nicht auf Nebengleise führen zu lassen. Man konnte unmöglich übersehen, daß Frensham ihr eigentliches Gespräch so lange wie möglich hinausschieben wollte.
    »Könnten wir vielleicht über Ivor Swan reden, Sir?«
    Abrupt verließ Frensham das Thema spanischer Vornamen und sagte in knappem Ton: “Ich habe Ivor seit Jahren nicht gesehen, genaugenommen nicht, seit wir beide aus Oxford weggegangen sind.«
    »Das macht nichts. Ich habe ihn gesehen. Vielleicht können Sie sich nicht mehr gut an ihn erinnern?«
    »Ich erinnere mich sehr genau«, sagte Frensham. “Ich werde es nie vergessen.« Er stand auf und ging quer durchs Zimmer. Erst dachte Wexford, er wolle ein Foto oder irgendein Dokument holen, doch dann merkte er, daß Frensham unter dem Einfluß einer starken emotionalen Erregung stand. Er hatte Wexford den Rücken zugewandt und blieb einige Minuten regungslos stehen. Wexford betrachtete ihn schweigend. Er war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen, aber auf Frenshams nächste Worte war er nicht vorbereitet. Er wirbelte plötzlich herum, starrte Wexford eigenartig an und sagte: »Hat er Weinlaub im Haar?«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben nie Hedda Gabler’ gesehen oder gelesen?
    Macht nichts. Es ist eine Frage, die mir bei Ivor automatisch einfällt.« Der Mann war wirklich sehr betrunken, hatte jenes Stadium des Rausches ereicht, das die Zunge löst, ohne die Worte unverständlich zu verzerren. Er kam zu seinem Stuhl zurück und legte die Ellbogen auf die Rückenlehne. »Ivor war damals ein bemerkenswert gut aussehender Mann, ein blaß-gold-brauner Antinous. Ich mochte ihn sehr. Nein, das stimmt nicht. Ich liebte ihn von - von ganzem Herzen. Er war sehr faul und - nun - vielleicht gelassen. Er schien nie zu wissen, wie spät es war, oder überhaupt Notiz von der Zeit zu nehmen.« Frensham redete, als habe er Wexfords Anwesenheit vergessen oder zumindest vergessen, wer er war. Er griff nach seinem Glas und richtete sich auf. »Diese

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