Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Flut von Feuer, als das Licht darauffiel und es mit den Steinen in ihren billigen Ringen aufleuchten ließ.
Burden war geblendet und fasziniert und abgestoßen. Sie tanzte durchs Zimmer, löste den Schal und hielt ihn hoch über ihren Kopf. Die Schmuckstücke klingelten wie kleine Glocken. Dann hielt sie inne, lachte abrupt auf, rannte zu ihm hin und kniete zu seinen Füßen nieder.
»Ich werde für dich tanzen, Tetrach«, sagte sie. “Ich warte nur auf meine Sklaven, daß sie mir Spezereien bringen und die sieben Schleier und mir meine Sandalen abnehmen.«
Wexford hätte die Worte der Salome erkannt. Für Burden waren sie lediglich ein weiteres Beispiel für ihre Überspanntheit. Verzweifelt und peinlich berührt, sagte er: »O Gemma...!«
Mit unveränderter Stimme fuhr sie fort: »Ich werde dich heiraten, wenn... wenn das Leben so weitergeht, so ohne Sinn, dann heirate ich dich.«
»Hör auf mit der Schauspielerei.«
Sie stand auf. »Das war keine Schauspielerei.«
“Zieh doch bitte diese Sachen aus«, sagte er.
»Zieh du sie mir aus.«
Ihre riesigen, aufgerissenen Augen ließen ihn frösteln. Er streckte beide Hände aus und nahm ihr die Ketten vom Hals, ohne zu sprechen, kaum atmend. Sie hob leicht den rechten Arm. Ganz langsam streifte er ihr die Armbänder übers Handgelenk, ließ sie fallen und zog ihr einen nach dem anderen die Ringe von den Fingern. Dabei blickten sie sich unablässig in die Augen. Noch nie in seinem Leben meinte er, etwas so Erregendes, so überwältigend Erotisches getan zu haben wie dies Entblößen einer Frau von billigem Glitzerschmuck, obwohl er ihre Haut dabei nicht einmal berührt hatte.
Nicht einmal... Er hätte sich überhaupt nie träumen lassen, daß er so etwas je erleben könnte. Sie streckte ihm den linken Arm hin, und er rührte sie nicht an, bis der letzte Ring bei dem Häufchen der anderen auf dem Fußboden lag.
Erst als er mitten in der Nacht aufwachte, wurde ihm klar, was geschehen war, daß er ihr einen Antrag gemacht und sie diesen Antrag angenommen hatte. Eigentlich mußte er doch außer sich sein, im siebten Himmel der Glückseligkeit; denn er hatte bekommen, was er wollte, und die Zeit der Qual, des Ringens mit sich selbst, der Einsamkeit und der täglichen kleinen Tode war vorbei.
Es war zu dunkel im Zimmer, um etwas zu sehen, aber er wußte genau, was ihm das erste Licht des Tages hier und unten enthüllen würde. Gestern hatte es keine große Rolle gespielt, das Durcheinander und der Schmutz, aber jetzt spielte es eine Rolle.
Er versuchte sie sich in seinem Haus als dessen Herrin vorzustellen, wie sie sich um seine Kinder kümmerte, Essen kochte, sie versorgte, wie Grace es jetzt tat, doch es war ihm unmöglich, ein solches Bild heraufzubeschwören, seine Vorstellungskraft reichte nicht aus. Was, wenn Wexford eines Abends auf einen Drink vorbeikäme, wie er es manchmal tat, und Gemma erschien in ihrem fremdartigen Kleid und dem Schal und den langen Ketten? Und würde sie von ihm erwarten, daß sie ihre Freunde einladen konnte, dieses fahrende Volk mit seinen Drogen? Und seine Kinder, seine Pat...!
Doch all das würde sich ändern, sagte er sich, wenn sie erst verheiratet waren. Sie würde sich umstellen und Hausfrau sein. Vielleicht konnte er sie überreden, sich ihre Haarmähne schneiden zu lassen, dieses Haar, das gleichzeitig so wunderschön und so provozierend war - und so unpassend an der Frau eines Polizisten. Sie würden ein gemeinsames Kind haben, sie würde neue, passende Freunde gewinnen, sie würde sich ändern...
Er gestattete sich nicht, den Gedanken weiterzuverfolgen, daß solche Veränderungen, wie er sie ins Auge faßte, ihre Persönlichkeit zerstören und all die Fremdartigkeit auslöschen würden, die ihn zuerst an ihr angezogen hatte, doch am Rande seines Bewußtseins tauchte er auf. Er schob ihn fast ärgerlich von sich. Warum Schwierigkeiten herbeidenken, wenn gar keine existierten? Warum immer nach Fehlern im perfekten Glück suchen?
Gemma und er würden die Liebe haben, eine nächtliche Orgie für zwei, endlose Flitterwochen. Er drehte sich zu ihr um und preßte seine Lippen auf die Haarfülle, derer er sie berauben wollte. Minuten später schlief er fest und träumte, er habe ihr Kind gefunden, es ihr zurückgebracht und sie durch dies Geschenk so verändert, wie er sie sich wünschte.
»Kingsmarkham?« sagte Mrs. Scott und lächelte Wexford freundlich an. »O ja, wir kennen Kingsmarkham, nicht wahr, Lieber?« Ihr
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