Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
hatte er das einzige Mal beim Tod seiner geliebten Tochter direkten Kontakt mit der Polizei gehabt. Wäre es da weise oder auch nur nötig, Erinnerungen in diesem ausgelaugten, verwirrten Hirn heraufzubeschwören?
    Bevor er noch entschieden hatte, sagte Mrs. Scott fröhlich: »Aber nein, Lieber. Wie kommst du denn darauf? Der Herr ist nur ein Freund von Eileen aus Kingsmarkham drüben.«
    »So ist es«, sagte Wexford erleichtert.
    Die Hand des alten Mannes zitterte, und die Tasse klapperte auf der Untertasse. “Da geh ich nicht mehr hin, nicht in meinem Zustand. Werd’s nicht mehr lange machen.«
    »Wie kannst du nur so reden!« Mrs. Scotts energische Haltung konnte ihren Kummer kaum verbergen. “Denk doch nur, du bist beinah wieder wie früher.« Sie machte unverständliche Mundbewegungen in Wexfords Richtung und sagte dann laut: »Sie hätten ihn sehen sollen, damals im März, ein paar Wochen nach dem Schlaganfall. Mehr tot als lebendig war er da, schlimmer als ein Neugeborenes. Und schauen Sie ihn sich jetzt an.«
    Doch Wexford mochte kaum hinsehen. Als er ging, überlegte er, daß das Gespräch doch nicht völlig sinnlos gewesen war. Zumindest würde er jetzt wieder gewissenhaft Crokkers Tabletten schlucken.

18
    Der Eindruck, den Swan bei anderen hinterließ, hatte auf subtile Weise Wexfords eigenes Bild von ihm verändert, ihn mit rücksichtsloser Kälte und magnetischer Schönheit ausgestattet, göttergleich in Erscheinung und Macht, so daß er, als der Mann ihm wieder gegenüberstand, Enttäuschung, ja beinah so etwas wie einen Schock verspürte. Denn Swan war einfach nur Swan, immer noch der lässige, gutaussehende junge Mann, der sein träges und zielloses Leben führte. Eigenartig, sich vorzustellen, daß die bloße Erwähnung seines Namens genügen sollte, Mr. Scott umzubringen, und daß er ein Eigenleben in Mr. Frenshams Träumen führte.
    “Muß Roz das erfahren?« fragte er, und als Wexford ihn erstaunt ansah, fuhr er fort: »Ich hatte es selbst mehr oder weniger vergessen, nur als ich zu der Verhandlung ging, da fiel es mir wieder ein. Müssen wir darüber reden?«
    »Ich fürchte, ja.«
    Swan zuckte die Achseln. »Man wird uns nicht hören. Roz ist unterwegs, und Gudrun habe ich mir vom Hals geschafft.«
    Wexfords Gesicht zeigte den absurden Effekt, den diese Äußerung auf ihn hatte, und Swan gab ein leises, ironisches Lachen von sich. “Ich habe sie entlassen, gefeuert, meine ich. Was hatten Sie denn gedacht? Daß ich sie um die Ecke gebracht habe? In Ihren Augen ist mein Weg mit Leichen gepflastert, nicht wahr? Roz und ich sind gern allein, und Gudrun war uns im Weg, das ist alles.«
    Wieder diese Formulierung. Sie war im Weg...’Wexford fing langsam an, eine Gänsehaut zu bekommen, wenn er sie hörte.
    »Möchten Sie was trinken? Allerdings müßten Sie sich mit etwas aus einer Flasche begnügen. Das Tee- und Kaffeekochen ist Rosalinds Domäne, und ich weiß sowieso nicht, wo sie die Sachen aufbewahrt.«
    “Ich möchte nichts trinken, ich möchte etwas über Bridget Scott hören.«
    »O Gott, es ist so verdammt lange her, schon beinah Geschichte. Ich nehme an, Sie haben bereits eine hervorragende Sammlung tendenziöser Darstellungen.« Swan setzte sich hin und legte sein Kinn in die Hände. “Ich weiß nicht, was Sie hören wollen. Ich bin mit einem anderen Mann und einem Mädchen in dieses Hotel gefahren. Wenn Sie einen Moment Geduld haben, fallen mir auch die Namen wieder ein.«
    »Bernard Frensham und Adelaide Turner.« Armer Frensham, dachte Wexford. Swan lebte in seinen Träumen weiter, doch er hatte keinen entsprechenden Platz in Swans Erinnerung.
    »Warum fragen Sie mich, wenn Sie schon mit ihnen geredet haben?«
    “Ich möchte Ihre Version.«
    »Über das, was auf dem See passiert ist? Also gut. Ich habe sie ertrinken lassen, aber ich wußte nicht, daß sie ertrinkt.« Swans Gesicht sah verdrießlich aus. In dem diffusen und matten Novemberlicht hätte er wieder neunzehn sein können, aber Wexford konnte keinen Schatten von Weinlaub in seinem Haar feststellen. »Sie hat mich mit ihren Belästigungen fast zur Verzweiflung getrieben«, sagte er, und der verdrossene Ausdruck vertiefte sich. »Sie hing in meiner Nähe herum und versuchte mich zum Schwimmen zu bewegen, wollte mit mir spazierengehen und hat Szenen gemacht, um meine Aufmerksamkeit zu erregen!«
    »Was für Szenen?«
    »Einmal war sie in einem Ruderboot draußen, und ich bin geschwommen, da fing sie an zu schreien, sie

Weitere Kostenlose Bücher