Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Villiers«, setzte Burden an, »sind Sie gestern abend nach Ihrem Besuch im Herrenhaus direkt hierher gefahren?«
»O ja.«
»Was haben Sie getan, als Sie nach Hause kamen?«
»Wir gingen zu Bett. Wir legten uns beide gleich schlafen.«
»Sind Sie in dem Wagen gefahren, der draußen steht?« warf Wexford ein.
Georgina Villiers schüttelte so heftig den Kopf, daß ihr Haar nach hinten fiel und unpassende lange Ohrringe zu sehen waren. »Wir sind mit Denys’ Auto gefahren. Wir haben nämlich zwei. Als wir vor einem Jahr heirateten, hatte ich ein Auto, und er hatte auch eins. Es sind zwar ziemlich alte Kisten, aber wir fahren beide. Man bekommt nicht mehr viel für so ein Auto, wissen Sie.« Sie brachte ein strahlendes, fieberhaftes Lächeln zustande. »Er ist jetzt in seinem Wagen unterwegs.«
»Wie ich sehe, ist Ihrer gerade frisch gewaschen«, sagte Wexford in freundlichem, väterlichem Ton. »Waschen Sie Ihr Auto immer mittwochs, Mrs. Villiers? Da sind Sie wohl meiner Frau ähnlich, alles im Haushalt hat seine genau festgelegte Zeit, hm? Auf diese Weise wird nichts vergessen.«
»Nein, leider mache ich das nicht so. Ich gehe nicht sehr systematisch vor.« Verwirrt über die plötzliche Wendung des Gesprächs, blinzelte sie ihn an. »Ich sollte das eigentlich so machen, ich weiß. Denys würde es gern sehen, wenn... Weshalb fragen Sie?«
“Ich erkläre es Ihnen, Mrs. Villiers. Wenn Sie sehr systematisch vorgingen und den Haushalt immer nach Plan erledigten, hätten Sie sich daran gewöhnt, und in diesem Fall könnte ich verstehen, daß nicht einmal der gewaltsame Tod Ihrer Schwägerin Sie davon abbringen konnte, Ihrem Alltagstrott zu folgen. Aber da Sie nicht systematisch vorgehen und Ihr Auto nur dann waschen, wie ich vermute, wenn Sie Lust haben oder es dringend nötig ist, warum haben Sie sich dazu ausgerechnet den heutigen Tag ausgesucht?«
Sie wurde rot wie eine Tomate. In ihren Augen glomm Angst auf, die fast an Entsetzen grenzte, dann blinzelte sie noch einmal und krampfte die Hände zusammen. »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich verstehe nicht ganz.«
»Bitte regen Sie sich nicht auf. Vielleicht haben Sie das Auto gewaschen, gerade weil Sie durcheinander waren. War es so?« Sie war sehr schwer von Begriff, dachte Wexford, entweder weil sie zu verängstigt oder zu beschränkt war, um das Hintertürchen zu sehen, das er ihr offengelassen hatte. Er wurde deutlicher. “Ich nehme an, Sie waren der durchaus vernünftigen Meinung, daß Arbeit die beste Medizin ist, um unglückliche oder besorgte Menschen von ihrem Kummer abzulenken?«
Mit sichtlicher Erleichterung nickte sie schließlich. »Ja, genau so war es.« Im nächsten Augenblick verspielte sie den leichten Vorteil wieder, den sie durch ihre Zustimmung gewonnen hatte. »Ich war nicht sehr durcheinander, nein, eigentlich nicht. Es handelte sich schließlich nicht um meine Schwester.«
»Das ist richtig«, sagte Wexford. Er rückte mit dem Stuhl näher an sie heran, und ihre Blicke trafen sich; wie ein vom Scheinwerferlicht gebannter Hase sah sie ihm in die Augen. Plötzlich existierte Burden nicht mehr, die beiden waren allein. »Sie war natürlich die Schwester Ihres Mannes, nur eine Schwägerin.« Ein mürrischer und verschlossener Ausdruck trat auf ihr Gesicht. »Sie mochten sich wohl nicht sonderlich?«
»Nein.« Einen kurzen Moment zögerte sie und rutschte wie unwillkürlich von der Lehne in den Sessel, ohne dabei jedoch den Blick von Wexfords Gesicht abzuwenden. »Sie kamen gar nicht gut miteinander aus. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, Denys konnte sie nicht ausstehen.«
»Merkwürdig, Mrs. Nightingale schien doch sonst mit allen auszukommen.«
»Glauben Sie? Ach, Sie meinen mit den Leuten hier in der Gegend.« Sie seufzte tief und leise, dann fuhr sie rasch mit tonloser Stimme fort: »Wirkliche Freunde hatte Elizabeth keine. Mein Mann glaubt, sie sei von einem Verrückten umgebracht worden, so einem Triebtäter, der Frauen anfällt. So wird es wohl gewesen sein. Sie muß den Verstand verloren haben, nachts allein in den Wald zu gehen. Sie hat es ja förmlich herausgefordert.«
»Möglich«, sagte Wexford. Er lächelte jovial, um eine entspanntere Atmosphäre zu schaffen. Georgina Villiers war nun ruhiger. Sie ließ ihre Hände los, atmete flach und blickte nach unten. »Wissen Sie, weshalb Ihr Mann nicht mit seiner Schwester auskam?
»Sie hatten eben gar nichts gemeinsam.«
Und was, fragte sich Wexford, hat eine
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