Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
begriffsstutzige und spießige Frau wie du mit einem Intellektuellen wie Villiers gemeinsam, einem Lehrer für klassische Philologie, einer Kapazität als Wordsworth-Forscher?
»Ich glaube, er hielt sie für ziemlich dumm und verschwenderisch.«
»War sie das denn, Mrs. Villiers?«
»Jedenfalls hatte sie eine Menge Geld, nicht? Es gab keinen anderen Grund für ihn, sie nicht zu mögen, falls Sie das meinen. Sie und Quen waren im Grunde sehr unkomplizierte Menschen. Natürlich nicht die Art Menschen, mit denen ich früher Umgang pflegte. Vor meiner Heirat hatte ich mit solchen Leuten keinen Kontakt.«
»Sind Sie gut mit ihnen ausgekommen?«
»Quen ist immer sehr nett gewesen.« Georgina Villiers drehte an ihrem Ehering und schob ihn am Finger auf und ab. »Wissen Sie, er mochte mich meinem Mann zuliebe. Er und mein Mann sind wirklich gute Freunde.« Sie senkte den Blick und biß sich nervös auf die Unterlippe. »Ich glaube aber, daß er mich mit der Zeit um meiner selbst willen mochte. Aber egal«, fügte sie plötzlich in schrillem und ärgerlichem Ton hinzu. »Weshalb sollte ich mir daraus etwas machen? Für einen Mann sollte an erster Stelle seine Frau stehen. Er sollte mehr auf sie als auf Außenstehende geben und seiner Arbeit nicht in fremder Leute Häuser nachgehen.«
»Waren Sie der Meinung, daß Mr. Nightingale zuviel Einfluß auf Ihren Mann ausübte?«
»Ich mag nicht, wenn sich Fremde in anderer Leute Angelegenheit einmischen.« Georgina zog an ihren Ohrringen und lockerte an einem die Schraube. »Ich war Sportlehrerin«, sagte sie stolz, »bevor ich heiratete, dann habe ich meinen Beruf an den Nagel gehängt. Finden Sie nicht auch, daß eine Frau zu Hause bleiben und sich um ihren Mann kümmern sollte? Das ist das beste für Leute wie uns, ein schönes Heim und eine Familie haben ohne große anderweitige Interessen.«
Wexford warf Burden, der beifällig nickte, einen mißbilligenden Blick zu und sagte: »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns ein wenig umschauen?«
Georgina zögerte, dann schüttelte sie mit dem Kopf.
Der Bungalow verfügte über ein weiteres Wohnzimmer und zwei Schlafzimmer, von denen das kleinere unmöbliert war und keinen Teppichboden hatte.
»Ich frage mich, was er wohl mit seinem Geld anfängt«, flüsterte Wexford. »Er hat einen guten Job und schreibt diese Bücher.«
Burden zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er verschwenderisch wie seine Schwester. Aber er wird sich ändern. Er hat eine gute Frau.«
»O mein Gott!«
Während er die spärlich gefüllten Schränke durchsuchte, erwiderte Burden zugeknöpft: »Jedenfalls habe ich es zur Abwechslung ganz angenehm gefunden, mal mit einer einfachen, anständigen Frau zu sprechen.«
»Einfach und anständig mag sie ja sein. Dumm genug ist sie weiß Gott dazu. Hier ist nichts, kein Blut, auch nichts, das als Waffe in Frage käme.« Als nächstes nahmen sie sich die Küche vor, wo Wexford den Deckel des altmodischen Kohleboilers hochhob. “Lodert fröhlich vor sich hin«, sagte er. »In so einem Ding läßt sich praktisch alles verbrennen, und sie hatte stundenlang Zeit dazu.«
Georgina wartete im Wohnzimmer auf sie, saß apathisch in einem Sessel und starrte die Wand an.
»Ich weiß einfach nicht, wo mein Mann so lang bleibt. Man sollte doch meinen, er würde hier bei mir sein wollen. Man sollte...« Sie erstarrte und horchte konzentriert. »Jetzt kommt er.«
Sie sprang aus dem Sessel auf, stürmte in die Diele und warf hinter sich die Tür zu. Während er mit halbem Ohr der geflüsterten Unterhaltung zwischem dem Ehepaar folgte, sagte Burden: »Sie ist das reinste Nervenbündel. Fast könnte man glauben, sie hätte damit gerechnet, daß wir etwas finden. Ich frage mich, ob...«
»Psst!« machte Wexford.
Denys Villiers trat in das Zimmer und sprach über die Schulter hinweg mit seiner Frau. »Ich kann mich nicht zerreißen, Georgina. Quen ist ziemlich elend dran. Als ich ging, war Lionel Marriott bei ihm.«
Burdens Blick begegnete Wexfords. Der Chief Inspector stand auf und zog angenehm überrascht die Augenbrauen hoch.
»Habe ich richtig gehört, Sie sprachen von Lionel Marriott?«
»Falls Sie zugehört haben, ja«, erwiderte Villiers schroff. Er sah immer noch wesentlich älter als achtunddreißig aus, jedoch nicht ganz so krank wie am Morgen. »Wieso, kennen Sie ihn?«
»Er ist Lehrer an der gleichen Schule wie Sie«, sagte Wexford. »Um die Wahrheit zu sagen, sein Neffe ist mit meiner ältesten Tochter
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