Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
der Mann den Ton angeben, damit seine Frau zu ihm aufsehen kann.« Laut und trotzig fügte sie hinzu: »Wir sind glücklich verheiratet.«
»Wie schön für Sie«, sagte Burden. »Um wieviel Uhr sind Sie nach Hause gekommen?«
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ungefähr zwanzig Minuten vor elf. Wir gingen ins Haus und haben uns gleich schlafen gelegt. Das ist alles.«
»Nein, das ist nicht alles. Kein Mensch kommt von einem Abend bei Freunden nach Hause und geht schnurstracks zu Bett. Einer von ihnen muß den Wagen in die Garage gefahren haben. Einer muß die Tür abgeschlossen haben.«
»Ach so, das meinen Sie. Mein Mann hat das Auto einfach in die Einfahrt gestellt. In der Garage stand meines.«
»Sind Sie zusammen ins Haus gegangen?«
»Natürlich.«
»Nebeneinander? Haben Sie sich gleichzeitig durch die Tür gezwängt?«
»Seien Sie doch nicht albern«, erwiderte Georgina mürrisch. »Ich ging voran, und mein Mann kam ungefähr eine Minute später nach. Er schloß das Auto ab, weil es die ganze Nacht in der Einfahrt stehen würde. Das macht er immer.«
»Sehr vernünftig. Da Sie offenkundig so sorgfältig sind, haben Sie die Milchflaschen bestimmt nicht vor Ihrem Besuch im Herrenhaus vor die Tür gestellt. Wer hat das getan, als Sie nach Hause kamen? Wer hat nachgesehen, ob die Fenster und die Hintertür geschlossen waren?«
Sie zögerte kurz und sah ihn verdrossen an. Ihre Finger rieben nervös an der Perlenkette. »Das macht immer mein Mann. Ich ging vor ihm zu Bett.«
»Wie lange haben Sie gebraucht, um zu Bett zu gehen, Mrs. Villiers? Zehn Minuten? Eine Viertelstunde? Sie haben sich schließlich nicht ungewaschen und in voller Bekleidung schlafen gelegt.«
»Natürlich nicht. Ich habe das Licht im Schlafzimmer angeknipst, mich ausgezogen, bin ins Badezimmer gegangen und dann ins Bett. Kurz darauf ist mein Mann gekommen. Er liest immer noch ungefähr eine halbe Stunde, ehe wir das Licht ausmachen.«
»Schlafen Sie in einem Doppelbett, Mrs. Villiers?«
»Nein, wir haben getrennte Betten. Da dürfen Sie sich aber nichts bei denken. Wir führen eine sehr glückliche Ehe.«
»Ja, das sagten Sie schon. Um wieviel Uhr sind Sie eigentlich zum Herrenhaus gefahren?«
»Es war ungefähr halb neun, als wir dort ankamen.«
»Ich glaube, Sie waren öfters zum Bridgespielen dort«, sagte Burden. »Wie lange blieben Sie in der Regel?«
»In den Ferien manchmal bis Mitternacht.«
»Am Dienstag waren doch noch Ferien, oder? Weshalb sind Sie so früh gegangen?«
»Mein Mann«, sagte Georgina, und wie immer klang ein gewisser selbstbewußter Besitzerstolz aus ihren Worten, »mein Mann mußte in der Schule noch etwas nachschlagen, und...« Sie schlug sich mit der Hand auf den Mund, doch zu spät, um einen erschreckten leisen Schrei zu unterdrücken. »Als wir nach Hause kamen«, stammelte sie, »hat er es sich anders überlegt... Oh, warum können Sie uns nicht in Ruhe lassen. Wir könnten so glücklich sein, wenn uns nur alle in Ruhe ließen.«
Burdens Blick blieb starr auf sie gerichtet. Unbewegt sah er mit an, wie sie zu weinen begann.
“Ich habe den Wagen in der Einfahrt abgestellt«, sagte Villiers zu Wexford. »Nein, ich habe nicht nachgesehen, ob im Haus die Hintertür und die Fenster geschlossen waren. Das fällt in die Zuständigkeit meiner Frau. Ich bin gleich zu Bett gegangen und sofort eingeschlafen.«
Burden trat ins Zimmer. »Darf ich, Sir?«
»Nur zu«, sagte Wexford.
»Was ist mit der Sache, die Sie in der Schule nachschlagen wollten? Das Nachschlagen war doch unbedingt erforderlich, denn deshalb mußten Sie doch schon um halb elf aus dem Herrenhaus weg?«
Villiers zündete sich eine Zigarette an. »Haben Sie noch nie einen Vorwand benutzt, um langweiligen Gastgebern zu entfliehen, Inspector?« fragte er gelassen. »Haben Sie nicht auch schon mal behauptet, Sie würden einen Anruf erwarten oder müßten sich um Ihren jungen kümmern?«
Burden blickte ihn finster an; er war wütend, daß John in diese Vernehmung hineingezogen wurde. Es war demütigend, feststellen zu müssen, daß Villiers, der ihn als Privatperson demonstrativ ignorierte, von Anfang an gewußt hatte, daß Burdens Sohn zu ihm in die Klasse ging.
»Dann war das also eine faule Ausrede«, sagte er zornig. »Eine bewußte Lüge.«
»Manchmal lüge ich eben«, sagte Villiers und sog mit einer Art frivoler Genüßlichkeit den Rauch ein. »Ich bin ein guter Lügner.«
»Aus dem Munde eines Mannes, dem nach eigenem
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