Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
ihn nicht der Versuchung aussetzen, Bekannten zu winken oder lächelnd und pantomimisch mit hübschen Frauen Verbindung aufzunehmen.
»So«, sagte er. “Ich möchte, daß du mir etwas über diesen Urlaub an der Costa Brava erzählst.«
»Urlaub!« rief Marriott und blinzelte entgeistert. »Vierzehn Tage Arbeitslager wären mir ehrlich lieber. Schlimm genug, die pickligen Racker nach London ins Victoria and Albert Museum zu schleppen, aber stell dir mal vor, zwei Wochen mit denen in so einer fünftklassigen Absteige eingepfercht zu sein - und das in der Gluthitze. Weißt du, die sind dort unten wie vom wilden Affen gebissen. Von den Einheimischen ist kein Mädchen vor ihnen sicher. Sie leiden ohnehin schon alle an Satyriasis in fortgeschrittenem Stadium, und sobald sie ein wenig Sonne abbekommen...! Und was die erschreckenden Verstöße gegen die Ausfuhrbestimmungen betrifft, so machst du dir kein Bild, wie teuflisch erfindungsreich manche von denen sind. Noch kaum aus den Windeln, und schon alle erfahrene Schmuggler.«
»Schon gut, schon gut«, sagte Wexford lachend. »Was war mit Villiers?«
»Weiß Gott, woher er die Zeit nahm, dort unten auch noch auf Freiersfüßen zu wandeln. Man sollte doch glauben, es bliebe einem keine freie Minute, wenn man gleichzeitig Zollbeamter, Kindermädchen und Anstandswauwau spielen muß. Wie auch immer, er lernte jedenfalls Georgina kennen.«
»War sie auch auf Urlaub dort?«
»Nur in demselben Sinne wie er«, sagte Marriott und winkte begeistert einer Brünetten zu, die in einem Satinkleid an ihrem Tisch vorbeirauschte. Sehnsüchtig sah er ihr nach, wie sie im Speisesaal verschwand. »Georgina war ebenfalls Begleitlehrerin auf einer Klassenfahrt. Nach dem, was man so hört, hatte sie einen Verein mannstoller Teenager auf dem Hals. Denys und sie sind sich auf einem ihrer nächtlichen Streifzüge durch die Kneipen begegnet, wo sie ihre Schützlinge vom Boden auflasen.«
»So schlimm kann es nun wirklich nicht gewesen sein, Lionel.«
»Vielleicht übertreibe ich ein wenig«, räumte Marriott unbekümmert ein. »Von Denys habe ich darüber natürlich kein Wort erfahren. Nicht mal eine Karte hat er mir geschrieben. Nein, erst am Tag vor seiner Rückkehr habe ich davon Wind bekommen. Elizabeth und Quen kamen abends noch auf einen Sprung vorbei. ‘Wir haben eine erfreuliche Nachricht für dich’, sagte Quen.’Denys hat ein Mädchen kennengelernt, und sie wollen heiraten.‘’Fixer Junge’, erwiderte ich, und dann mußte ich natürlich sagen, wie sehr ich mich darüber freute, obwohl ich insgeheim dachte, das arme Ding hat ja wohl nicht alle Tassen im Schrank. Die nächste Runde geht auf mich, Reg.«
»Nein!« widersprach Wexford energisch. »Heute abend bist du eingeladen.« War Marriott erst einmal an der Bar, würde er den Verlockungen seiner Bekannten ausgesetzt sein. Wexford bestellte noch zwei Whiskys; während er an der Theke wartete, ließ er den Blick prüfend über die Kellner im Speisesaal schweifen und fragte sich, welcher davon wohl Quentin Nightingales Nebenbuhler war. Der Große mit der Akne? Der dünne junge mit den zurückgekämmten schwarzen Haaren?
“Geheiratet haben sie in Georginas Heimatstadt in Dorset«, fuhr Marriott fort.”Quen kam zur Hochzeit, aber Elizabeth war verhindert. Sie hatte Migräne. Diese Wohnung über dem Abdecker konnte natürlich nicht mal Denys seiner zweiten Frau zumuten, deshalb bot ihnen Elizabeth an, im Herrenhaus zu wohnen, während sie auf Haussuche waren.
Die Nightingales richteten ein Diner für die Braut aus. Alles, was Rang und Namen hat, war dort. Die gute alte Priscilla und Sir George, die Rogers’ aus Pomfret, die Primeros aus Forby und meine bescheidende Wenigkeit natürlich auch.« Alles andere als bescheiden wirkend, senkte Marriott die Stimme zu einem durchdringenden Flüstern. »Georgina wohnte im Haus, erschien aber als letzte. Aha! dachte ich mir, das schlaue kleine Ding will Eindruck schinden. Niemand von uns hatte sie zuvor schon gesehen, deshalb warteten wir natürlich mit angehaltenem Atem auf ihren Auftritt. Die Frauen hatten sich alle schwer in Schale geworfen. Elizabeth sah entzückend aus. Weißer Samt, du wirst es dir vorstellen können. Das steht fast jeder Frau. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sogar Denys sie mit einer Art widerwilliger Bewunderung ansah.
Und dann, als wir unsere Ungeduld kaum mehr bezähmen können, schneit Georgina herein - mit popeligen
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