Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
wandte Burden ein. Er schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn, wo sie einen großen rosa Fleck hinterließ. »Nein, was bin ich blöd. Sie meinen, außer Nightingale selbst kann nur Elizabeth diese Taschenlampe in den Wald mitgenommen haben?«
»Genau das. Und wissen Sie, was das bedeutet? Niemand würde eine Taschenlampe als Mordwaffe wählen, wenn irgend etwas anderes zur Hand wäre. Daraus folgt: Niemand hat diesen Mord geplant. Es war kein Vorsatz im Spiel. Der Mörder (oder die Mörderin) handelte impulsiv und schlug auf Elizabeth Nightingale mit der Taschenlampe ein, die sie selbst mitgebracht hatte.«
Burden nickte ernst. »Sie hat die Lampe mitgebracht«, stimmte er zu. »Aber zurückgestellt hat sie jemand anders.«
Aber woher, fragte sich Wexford, hat Villiers gewußt, daß der Schmuck falsch war?
14
Wexford schlenderte mit seiner Frau zur Kirche und trennte sich von ihr an der Pforte. Obwohl er selbst nicht religiös eingestellt war, besuchte er manchmal den Frühgottesdienst, um ihr eine Freude zu machen. Heute zog ihn sein Büro ebenso unwiderstehlich an wie die Kirchenglocken seine Frau, doch der stille Lockruf war nur für ihn hörbar.
Burden war bereits dort, telefonierte geschäftig und setzte die Fahndung nach Twohey in Gang.
»Geboren in Dublin vor ungefähr fünfzig Jahren«, hörte Wexford ihn sagen. “Dunkelhaarig, irischer Typ, kleine Augen, hat am linken Mundwinkel eine Zyste, falls er sie nicht hat entfernen lassen. Eine Vorstrafe wegen Unterschlagung, 1954 als Hoteldirektor in Manchester. Jawohl, könnte sich in Ihrem Newcastle oder in Newcastle under Lyme aufhalten. Sie bleiben in Verbindung mit uns.« Er legte auf und grinste seinen Vorgesetzten erwartungsvoll an.
»Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht«, sagte Wexford, als Burden ihm ein Foto des Mannes reichte, den er gerade beschrieben hatte. »Habe ich Sie nicht ausdrücklich angewiesen, Sie sollen sich den Abend freinehmen und Ihr Haus fertigstreichen?«
»Habe ich doch. Außerdem habe ich meine Hausaufgaben nicht gestern abend gemacht, sondern bin heute morgen früh aus den Federn gekrochen. Mrs. Cantrip und ich haben ein Arbeitsfrühstück eingenommen.«
»Hat sie irgendeine Idee, wie das Geld an Twohey ausbezahlt wurde?«
Burden schloß das Fenster. Auf das Glockengeläut legte er keinen gesteigerten Wert. »Sie hatte keine Ahnung davon. Ich glaube nicht, daß sie es wirklich geschluckt hat. Ihre Mrs. Nightingale das Opfer einer Erpressung?«
»Da bleibt einem doch die Spucke weg, das können Sie mir glauben«, ahmte Wexford sie schmunzelnd nach.
»So ähnlich. Sie ist sicher, daß Twohey nicht hier in der Gegend ist, weil seine Frau sie sonst besucht hätte.«
Wexford zuckte mit den Achseln. Den stabilen Drehstuhl hatte Burden in Beschlag genommen, weshalb ihm nichts anderes übrigblieb, als sich mit einem der wackligen Stühle zu begnügen. Er warf dem Inspector einen ungnädigen Blick zu und fragte verstimmt: »Weswegen sollte er hier in der Gegend sein?«
»Wegen dem, daß vielleicht er es war, mit dem sich Mrs. Nightingale im Wald getroffen hat«, antwortete Burden, der mit der Grammatik manchmal auf Kriegsfuß stand.
»Getötet werden Erpresser, nicht ihre Opfer.«
»Mal angenommen, sie hat ihm gesagt, ihre Mittel seien erschöpft? Er könnte sie aus Wut umgebracht haben. Wir sind uns doch darüber einig, daß es ohne Vorsatz geschah, nicht? Gott sei Dank ist das Gebimmel vorbei.« Er öffnete das Fenster wieder und zog die Jalousie hoch, so daß Wexford von der Sonne geblendet wurde. Gereizt rückte der Chief Inspector den Stuhl ein Stück zur Seite. »Oder Sean Lovell hat sie mit ihm zusammen gesehen, sich über den Grund ihres Treffens getäuscht und...«
»Dann schließen Sie den jungen Lovell jetzt also doch nicht mehr aus?«
»Ich habe meine Meinung über ihn geändert, seit er mir erzählt hat, daß er als junger Kerl mit einem Messer auf seine Mutter losgegangen ist, als er sie mit einem ihrer Freunde ertappte. Außerdem ist da noch das Geld, das er bekommt. Ich wette, sie hat ihm gesagt, er erbe ihr gesamtes Vermögen, ohne vielleicht zu erwähnen, wieviel es eigentlich ist. Er könnte gedacht haben, es sei verdammt viel mehr.«
»Vergessen Sie’s, Mike. Entweder hat er sie aus Eifersucht umgebracht oder des Geldes wegen. Beides zusammen geht nicht.« Wexford stand auf. »Jedenfalls gehe ich jetzt ins Olive und gebe Lionel Marriott einen aus.«
Burden nahm wieder den Hörer ab. »Wie
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