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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Wordsworth. Schön, er würde es lesen, und selbst wenn es ihn langweilte, würde er vielleicht eine Vorstellung von der Art der Faszination erhalten, die dieser Dichter auf Villiers ausübte, fast schon der Besessenheit, die ihn dazu veranlaßt hatte, Gott weiß wie viele Bücher über ihn zu schreiben.
    Er fing an zu lesen, und diesmal fand er den Text leicht und eingängig. Nach einer Weile stellte sich der Wunsch bei ihm ein, mehr von Wordsworth’ Lyrik gelesen zu haben. Er hatte keine Ahnung gehabt, daß der Mann in eine junge Französin verliebt gewesen war und an der Revolution teilgenommen hatte, was ihn fast den Kopf gekostet hatte. Der Stoff war farbig und reizvoll, und Villiers schrieb gut.
    Um sechs machte er sich eine große Kanne Tee. Er las weiter, völlig gefesselt und mittlerweile beträchtlich aufgewühlt. Allmählich strömte Licht in das Zimmer, und nach und nach, im gleichen gemächlichen Tempo wie der heraufziehende Morgen, dämmerte es auch Wexford. Er las das letzte Kapitel zu Ende und klappte das Buch zu.
    Er seufzte, dann tadelte er sich: »Du beschränkter alter Idiot!« Daraufhin massierte er sich die steifen Hände und sagte laut: »Wenn es nur Byron gewesen wäre! Mein Gott, wenn doch nur. Längst hätte ich die Lösung gehabt.«
     
    »Der erste Montag morgen nach Schulbeginn«, sagte John Burden und aß seinen dritten Toast mit Marmelade auf, »ist noch schlimmer als der erste Schultag.« Und trübsinnig fügte er hinzu: »Allmählich wird’s wirklich ernst.« Mit einem klebrigen Finger piekste er seine Schwester. »Müßte dir jetzt nicht wieder schlecht werden?«
    »Wird mir nicht, du Ekel.«
    »Warum denn nicht? Heute wird’s schlimmer als am ersten Tag, viel, viel schlimmer. Ich wette, wenn du auf die High-School kommst, wird dir dauernd schlecht werden. Falls du es schaffst. Dir wird zu übel sein, um die Prüfung zu machen.«
    »Wird mir nicht!«
    »O doch, dir wird.«
    »Seid ruhig, ihr Quälgeister«, sagte Burden. »Manchmal glaube ich, auf dem Revier herrscht mehr Ruhe und Frieden als hier.«Er stand vom Frühstückstisch auf und traf Anstalten, zum Dienst zu gehen.»Ihr müßt die unnatürlichsten Geschwister in ganz Sussex sein.«
    John schien es zu gefallen, daß man ihn in diese einzigartige Gruppe einordnete. “Kannst du mich mitnehmen, Dad? Der alte Ablabs führt uns zur Morgenandacht, und wenn ich zu spät komme, ist der Teufel los.«
    »Laß den Teufel aus dem Spiel«, sagte Burden zerstreut. »Von mir aus, komm schon. Ich hab heute viel zu tun.«
    Ein Tag, an dem es galt, die Stecknadel im Heuhaufen zu finden, eine Ratte in ihrem Loch aufzuspüren. Zügig betrat er das Polizeirevier und begegnete Sergeant Martin in der Halle.
    »Gibt’s schon was Neues über Twohey?«
    »Nein, Sir, soweit ich weiß, nicht, aber Mr. Wexford verfolgt da eine Spur. Er hat gesagt, er will sofort mit Ihnen sprechen, wenn Sie kommen.«
    Burden fuhr mit dem Aufzug nach oben.
    Der Chief Inspector saß an seinem Schreibtisch und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Schreibunterlage. Er hatte Ringe unter den Augen und machte, wie Burden fand, einen mehr als angeschlagenen Eindruck. Dennoch deutete sein ganzes Betragen auf einen Augenblick des Triumphs für ihn hin, auf eine folgenschwere Entdeckung, die er bis zu diesem Moment für sich behalten hatte.
    »Sie kommen spät«, raunzte er ihn an. »Ich habe den Haftbefehl selbst besorgen müssen.«
    »Welchen Haftbefehl? Soll das heißen, Sie haben Twohey gefunden?«
    »Zum Teufel mit Twohey.« Wexford sprang auf und nahm seinen Regenmantel vom Kleiderständer. »Ist es denn noch nicht bis in Ihre kleinen grauen Zellen vorgedrungen, daß wir auf der Suche nach einem Mörder sind? Wir fahren wegen einer Verhaftung nach Clusterwell.«
    Gehorsam ging Burden hinter ihm aus dem Büro. Wexford mochte den Aufzug nicht sonderlich, und seit er eines Nachmittags zwei Stunden darin festgesessen hatte, neigte er dazu, ihn zu meiden. Doch nun hastete er hinein und drückte anscheinend ohne Bedenken auf den Knopf.
    »Zu Villiers?« fragte Burden, und als Wexford nicht antwortete, fügte er hinzu: »Ihn werden Sie dort jedenfalls nicht antreffen. Er führt seine Schäfchen heute zur Morgenandacht.«
    »Das paßt verdammt schlecht.« Wexford schnaubte aufgebracht. Der Aufzug kam zum Stillstand, und die Tür glitt auf. »Wir nehmen eine Polizistin mit, Mike.«
    »Wirklich? Wann wollen Sie mir erklären, wen wir festnehmen und aus welchem

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