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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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wenn ich weiß, dass es perfekt ist.«
    »Streben Sie nicht nach perfekt. Streben Sie nach abgeschlossen.«
    Perfektion ist eine unerreichbare Illusion .
    »Okay«, sagt Beth. Unsicherheit schwingt in ihrer Stimme mit, als würde sie den Unterschied nicht ganz begreifen. »Werde ich machen.«
    An einer Straßengabelung bleiben sie stehen, einander zugewandt. Beth muss weiter geradeaus gehen, und Olivia muss nach rechts abbiegen. Beth winkt, lächelt und geht dann weiter.
    Olivia kommt wieder ins Grübeln, während sie nach Hause geht. Sie denkt über Beth und ihren Roman nach. Sie fragt sich, worum es darin geht. Sie hat vergessen, danach zu fragen. Sie denkt über Romanenden und Intuition nach. Sie denkt über ihre Ehe nach und wie sie und David beide wussten, dass sie vorbei war, wie sie beide ihr Ende ausgeschrieben vor sich sahen, lange bevor sie zur letzten Seite kamen. Sie denkt darüber nach, wie sie ihn das letzte Mal gesehen hat, wie sie Händchen haltend unter den Sternen lagen, als sie ihre Haustür erreicht und die Post in ihrer Hand durchblättert.
    Zwischen der Stromrechnung und einem Newsletter von der Bibliothek steckt ein Brief von David.

DREISSIG
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    Beth sitzt auf ihrem Platz in der Bibliothek, die ausgedruckten Seiten ihres Romans in den Händen, und liest. Sie denkt immer wieder, er könnte fertig sein, aber dann bricht ein Jucken in ihrer Brust aus, das wie ein brennender Ausschlag von innen an ihr nagt. Irgendetwas stimmt noch nicht ganz. Selbst wenn sie nicht nach perfekt strebt, nur nach abgeschlossen, kann sie ihr Buch nicht für fertig erklären.
    Heute liest sie, was sie geschrieben hat, genießt die Geschichte, aber sie findet einfach nicht heraus, was fehlen könnte. Sie ist jetzt bei Kapitel 10, dem über die drei kleinen Schweinchen.
    Ich liebe es, wenn meine Mutter mir die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen vorliest. Ich liebe Die drei kleinen Schweinchen , aber es ist nicht die Geschichte vom Wolf und den Schweinchen, die ich liebe. Ich bin nicht »besessen« von Schweinen, und ich habe keine Angst vor dem großen bösen Wolf. Es ist die Musik in der Stimme meiner Mutter, die in Dreiergruppen singt. Überall in dieser Geschichte sind perfekte Dreiergruppen:
    Klei-nes Schwein. Klei-nes Schwein.
    Eins-zwei-drei. Eins-zwei-drei.
    Lass. Mich. Rein.
    Eins. Zwei. Drei.
    Selbst bei dem Titel muss ich lächeln. Drei Wörter UND die Zahl drei.
    Meine Mutter liest Die drei kleinen Schweinchen, und ich spüre die schweren Trommelschläge der Wörter, poch-poch-pochend. Ich hüpfe zum Trommeln des Buches, das in perfekten Dreiergruppen pocht:
    Klopf. Klopf. Klopf.
    Eins. Zwei. Drei.
    Hüpf. Hüpf. Hüpf.
    Meine Mutter liest Die drei kleinen Schweinchen , und sie singt einen Walzer. Ich wirbele und tanze zu ihrem schönen Lied.
    Nie, nie, nie,
    nie im Leben.
    Dann huste ich
    und pruste ich
    und puste ich
    dein Haus zusammen.
    Meine Mutter liest die Geschichte zu Ende und klappt das Buch zu. Ich hüpfe und kreische und fuchtele mit den Händen, bettele sie an, es noch einmal zu singen. Sie sagt, sie ist die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen leid. Sie sagt, ich werde zu alt für diese Geschichte. Sie will etwas anderes lesen.
    Sie nimmt zwei Bücher, die nicht Die drei kleinen Schweinchen sind, aus dem Bücherregal und zeigt mir ihre glänzenden Umschläge. Aber ich will diese Bücher nicht hören, bei denen es keine Melodie in Dreiergruppen gibt.
    Meine Mutter seufzt und stellt die Bücher, die ich nicht will, weg. Sie schlägt Die drei kleinen Schweinchen auf und liest wieder:
    Klei-nes Schwein. Klei-nes Schwein.
    Lass. Mich. Rein.
    Eins-zwei-drei. Eins-zwei-drei.
    Eins. Zwei. Drei.
    Meine Mutter liest meine Lieblingsgeschichte, und meine Welt singt.

EINUNDDREISSIG
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    »Warum schreibst du heute denn nicht?«, fragt Petra.
    Beth und Petra sitzen an einem Ecktisch im Dish und teilen sich einen riesigen Teller sündhaft kalorienreichen, dick machenden Hummer-Käse-Auflauf. Es ist früh am Nachmittag an einem Mittwoch im November, und im Restaurant ist nichts los. Die zwei Leute, die zum Mittagessen da waren, sind vor einer Stunde gegangen. So geht das Geschäft unter der Woche in den Restaurants auf Nantucket im November. Petra wird sich bis zum Weihnachtsmarkt durchhangeln und dann bis zum ersten April schließen.
    »Ich glaube, ich bin fertig«, sagt Beth.
    Petras Augen weiten sich aufgeregt.
    »Wirklich? Du bist fertig mit deinem Buch?«
    »Ich weiß nicht, ich bin mir

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