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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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Plauderton noch wahren kann.
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    »Äh, ja. Dasselbe wie Sie«, sagt sie mit Blick auf den blauen Becher in Beths Händen, in der Annahme, es sei Kaffee.
    Dabei ist Koffein das Letzte, was sie im Augenblick braucht. Als sie gestern Abend anfing, Beths Manuskript zu lesen, begann sie Worte und Ausdrücke, die sie an Anthony erinnerten, mit einem roten Stift zu unterstreichen und hervorzuheben. Sie lächelte, während sie diese ersten Seiten las, bewunderte Beths Darstellung eines Jungen mit Autismus, der Anthony so ähnlich war. Sie staunte über den Zufall, dass es in Beths Buch um ein Thema ging, das ihr selbst so am Herzen lag. Sie begrüßte Beths Entscheidung, die Geschichte aus der Sicht des Jungen zu erzählen, mit seiner Stimme.
    Beim dritten Kapitel erschienen ihr die Worte, die sie las, und die Stimme, die sie hörte, allmählich unheimlich, surreal, unmöglich. Ihre Hände begannen zu zittern, und ihr Herz hämmerte. Sie bekam eine Gänsehaut, die sich nicht wieder legte. Sie wechselte zu einem Markierstift und markierte ganze Passagen, bei denen sie das Gefühl hatte, dass es nur um Anthony und niemand anderen gehen konnte. Als sie zum vierten Kapitel kam, markierte sie jedes Wort in jedem Satz auf jeder Seite.
    Sie verschlang die Worte, hatte das Buch kurz nach Mitternacht ausgelesen, atemlos, fassungslos, mit hämmerndem Herzen, während ihr die Tränen übers Gesicht strömten. Sie saß lange Zeit reglos da und starrte auf die letzte Seite, weinend und lächelnd, konnte es glauben und doch nicht glauben.
    Schließlich blätterte sie die letzte Seite um, nahm das Manuskript und hielt die Seiten in ihrem Schoß. Sie spürte ihr Gewicht und war sich absolut sicher. Diese Worte, die Beth geschrieben hat, sind Anthonys Worte. Die Stimme dieses Jungen ist die Stimme meines sprachlosen Sohns. Der Junge in diesem Buch ist Anthony .
    Sie ging zurück zum Anfang und las das ganze Buch noch zweimal hintereinander durch. Sie hat die ganze Nacht nicht geschlafen, und doch fühlt sie sich hellwach, mit weit aufgerissenen Augen, vollgepumpt mit Adrenalin, kurz davor zu platzen.
    »Das ist heißer Kakao«, sagt Beth, dann zögert sie kurz. »Und, bitte verurteilen Sie mich nicht, ein Schuss Wodka.«
    »Okay.«
    »Ja?« Beth lächelt und verschwindet in die Küche.
    Olivia nimmt Beths Manuskript aus dem Karton und hält die Seiten auf ihrem Schoß, versucht das, was sie fühlt, noch ein bisschen länger zu behalten, stellt sich vor, dass es sie zerreißen wird, wenn sie nicht bald sagt, was sie zu sagen hat. Sie lauscht auf die Geräusche einer Mikrowelle, hört, wie Beth Schränke in ihrer Küche öffnet und wieder schließt. Sie kann jeden Moment wieder hier sein. Ihr Kopf dröhnt, und ihr Magen rumort, sie fühlt sich, wie ein Schauspieler sich fühlen muss, kurz bevor er an einem Premierenabend die Bühne betritt, oder vielleicht wie ein Häftling in der Todeszelle am Tag seiner Hinrichtung, aber irgendwie auch wieder ganz anders. Sie hört die Mikrowelle piepsen. Beth kommt mit einem zweiten blauen Becher und einem eifrigen Lächeln wieder.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass Sie mit meinem Buch hier sind. Ich bin so nervös.«
    Sie stellt den Becher vor Olivia auf dem Couchtisch ab, dann setzt sie sich, beugt sich aufmerksam vor wie eine artige Schülerin.
    »Ihr Buch.« Olivias Stimme stockt. Ihr Herz hämmert gegen ihre Brust wie eine Faust, die gegen eine verschlossene Tür schlägt, will unbedingt herausgelassen werden. »Ihr Buch«, nimmt sie einen neuen Anlauf. »Wie haben Sie das geschrieben?«
    »Was meinen Sie?«
    »Diese Geschichte. Das ist die Geschichte meines Sohns.«
    »Ach so?« Beth zieht die Augenbrauen hoch und legt den Kopf auf die Seite, ohne zu verstehen, aber noch nicht beunruhigt.
    »Der Name meines Sohns ist Anthony, und er hatte Autismus.«
    »O mein Gott.« Beth stellt ihren Becher ab, völlig perplex. »Das ist ja unglaublich.«
    »Ja.«
    »Das ist ein erstaunlicher Zufall. Ich hatte ja keine Ahnung.«
    »Nein. Kein Zufall. Sie haben nicht einfach eine Geschichte über einen autistischen Jungen namens Anthony geschrieben. Sie haben über meinen Anthony geschrieben.«
    Beth runzelt die Stirn und sagt nichts.
    »Die Details. Sie haben das alles gewusst. Barney, Anthonys Steine, Die drei kleinen Schweinchen . Er starb, als er acht war, vor knapp zwei Jahren.«
    »O mein Gott, Olivia, es tut mir so leid.«
    »Hören Sie seine Stimme?«
    »Wie

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