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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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Umschlag aus ihrem Buch und reicht sie gehorsam Georgia.
    »Oh, Beth«, sagt Georgia, nachdem sie die Karte gelesen und an Courtney weitergereicht hat. »Und das war von der Hostess im Salt? Wer ist sie?«
    »Angela Melo«, sagt Beth.
    »Ich kenne sie nicht«, sagt Jill, skeptisch, dass es jemanden auf Nantucket geben sollte, den sie nicht kennt.
    »Sie ist erst seit ein paar Jahren hier. Sie ist aus Brasilien. Ist mit ihrer Schwester als Sommeraushilfe hierhergekommen«, sagt Petra. »Sie haben sich um Jobs im Dish beworben, aber ich hatte keine Verwendung für sie.«
    »Ich kenne sie auch nicht«, sagt Courtney. »Wie lange geht das schon?«
    »Seit Juli«, sagt Beth.
    »O mein Gott«, sagt Jill.
    »Ich weiß«, sagt Beth.
    Sie nimmt einen kräftigen Schluck Wodka aus ihrem Weinglas. Er ist warm, er hat nicht genug Cranberrysaft, und er brennt ihr in der Kehle. Der Sake wäre besser gewesen. Über das Buch zu reden wäre besser gewesen. Sie nimmt noch einen kräftigen Schluck.
    »Ich habe dir ja gesagt, ihn nicht im Salt arbeiten zu lassen«, sagt Georgia. »Dieser Laden ist zu sexy. Die Musik, diese Martinis. Selbst ich will Sex mit jemandem haben, wenn ich eine Stunde dort verbracht habe.«
    Jimmy hat früher von Oktober bis März Muscheln gefangen und in den Sommermonaten, wenn der Muschelfang verboten ist, hier und da ein paar Schichten als Barmann gearbeitet. Aber er musste eigentlich nie als Barmann arbeiten. Die Muschelfischer auf Nantucket verdienten früher richtig gutes Geld. Er arbeitete hauptsächlich als Barmann, um beschäftigt zu sein, nicht weil er musste. Jimmy hat in diesen Jahren immer stolz und ordentlich verdient, und Beth freute sich, dass er für die Sommerurlaube mit den Kindern da war.
    Aber die Muscheln im Hafen begannen vor ein paar Jahren immer weniger zu werden. Und dann, binnen erschreckend kurzer Zeit, waren sie im Wesentlichen verschwunden, und Jimmy war im Wesentlichen arbeitslos. Er gibt den Besitzern der neumodischen Luxusvillen die Schuld, mit ihren saftigen, grünen Teppichrasen voller Düngemittel, die in den Hafen geschwemmt werden und die Wasserinfrastruktur vergiften und die Muscheln und weiß Gott was noch alles töten.
    Im Sommer jobbte er nach wie vor Teilzeit als Barmann, aber im Winter hatte er keine Arbeit, und eine Zeit lang hatten sie Schwierigkeiten, ihre Rechnungen zu bezahlen. Jimmy schlich mürrisch durchs Haus, frustriert und im Zustand des Leugnens, hoffte noch immer gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass die Muscheln wiederkommen würden. Dann, vor gut zwei Jahren, bat ihn das Salt, das ganze Jahr über Vollzeit zu arbeiten. Ganzjährige Arbeit irgendwelcher Art ist ein seltenes und kostbares Gut auf Nantucket, und sie brauchten das Geld dringend, daher wurde Jimmy, der Muschelfischer, Barmann im Salt.
    »Wie lange weißt du es schon?«, fragt Georgia.
    »Etwa einen Monat«, sagt Beth.
    Der längste Monat ihres Lebens. Sie hat Jimmy dreimal gesehen, seit er ausgezogen ist, alles unangekündigte Besuche. Einmal ist er morgens vorbeigekommen, um ein Paar Arbeitsschuhe zu holen, als die Mädchen schon in der Schule waren, doch bevor sie Zeit gehabt hatte, zu duschen. Die anderen beiden Male kam er abends vorbei. Er hing in der Küche herum, redete mit den Mädchen, ohne sich zu setzen, fragte, ob jemand für ihn angerufen hätte. Für ihn ruft nie jemand an.
    Jedes Mal, wenn er auftauchte, schlug ihr Herz höher, und sie hoffte, nahm fast an, dass er gekommen war, um ihr zu sagen, es täte ihm leid, er sei nicht bei Verstand gewesen, er wolle nicht ohne sie und die Mädchen leben, er wolle nach Hause kommen. Aber er sagte nie etwas in dieser Richtung, und ihr Herz kam sich wieder dumm und verraten vor. Sie gab sich ihm gegenüber gleichgültig, tat unbeteiligt, als sie an der Küchenspüle Kartoffeln schälte, während er mit Jessica plauderte, tat, als wäre sie in ein Buch vertieft, während er auf der Suche nach seinen Schuhen durchs Haus polterte (ausgeschlossen, dass sie sie ihm holen würde – und sie wusste genau, wo sie waren).
    Wenn sie jetzt zu Hause ist, sieht sie immer wieder aus den Fenstern, lauscht auf Geräusche in der Auffahrt, strengt ihre Augen und Ohren an, hält den Atem an, überprüft sogar ihr Aussehen im Spiegel, vergewissert sich, dass sie okay aussieht, nur für alle Fälle. Sie hasst es, nicht zu wissen, wann er das nächste Mal auftauchen wird. Noch mehr hasst sie die Tatsache, dass er davon ausgeht, er könnte einfach zur Haustür

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