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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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borgen?«
    »Na klar. Ich hole dich um kurz vor sieben ab. Geht es dir gut?«
    »Ja.«
    »Es ist noch nicht einmal Mittag. Du solltest aus dem Haus gehen. Geh weg von diesem Kleiderschrank.«
    »Mache ich. Sobald ich mir überlegt habe, was ich anziehen soll.«
    »Schwarzes Top, Rock, Türkis-Halskette. Du wirst toll aussehen. Wir sehen uns heute Abend.«
    Schwarzes Top und einen Rock. Nachdenklich zieht sie ihren weißen Bauernrock hervor. Sie geht in die Diele und bleibt vor ihrem jüngsten Familienfoto stehen, das an der Wand hängt, dem Foto, das im letzten Sommer am Miacomet Beach aufgenommen wurde. Sie hat diesen Rock getragen. Sie, Sophie und Gracie haben weiße Röcke und schwarze Tops getragen; Jimmy und Jessica, die nie etwas anderes als Hosen trägt, haben weiße Shorts und schwarze Tops getragen. Es ist ein schönes Foto. Sie sitzen alle im Sand, vor dem Strandgras, hauchzarten weißen Wolken und einem blassblauen Himmel. Jimmy hat eine Hand auf ihr Knie gelegt, berührt ihren Rock, den Rock, den sie jetzt in der Hand hält, und berührt sie so leicht, so natürlich.
    Sie erinnert sich an die erste Zeit, als sie zusammen gingen, und dann, als sie frisch verheiratet waren, wie er sie immer wieder berührte, selbst im Vorübergehen, und sie es fühlte. Wirklich fühlte. Diese magnetische, elektrisierende Hitze seiner Hand auf ihrem Körper. Diese unsichtbare, magische, chemische Verbindung. Wohin ist sie verschwunden?
    Er betrog sie schon damals, als dieses Foto aufgenommen wurde. Beth kneift die Augen zusammen und schluckt, versucht nicht die Beherrschung zu verlieren. Was fühlt Jimmy, wenn er Angela berührt? Fühlt er eine unsichtbare, magische, chemische Verbindung? Was fühlt er nicht, wenn er Beth berührt? Wenn er sie früher berührt hat. Sie schlägt die Augen auf und tritt einen Schritt zurück, nimmt die ganze Wand in Augenschein – Familienporträts aus sieben Jahren und eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von ihr und Jimmy von ihrem Hochzeitstag. Sie betrachtet ihr Lächeln, ihre glückliche Familie. Ihr Leben. Sie beißt die Zähne zusammen und blinzelt Tränen zurück. Ihr Leben ist ein Schwindel.
    Sie rückt zwei Rahmen zurecht, die ein bisschen schief hingen, geht zurück in ihr Schlafzimmer und kriecht wieder ins Bett. Das Bett fühlt sich gut an. Das Bett fühlt sich sicher an.
    Und sie weiß, wie sie sich fürs Bett anziehen soll. Sie trägt ihren alten, rosa Flanellpyjama, der voller Fusseln ist, das Bunteste, was sie besitzt. Sie sollte in diesem Pyjama ins Salt gehen. Dann würde sie wirklich Eindruck machen. Wenn auch nicht die Art Eindruck, die sie machen will.
    Aber was für einen Eindruck will sie denn machen? Sie wünscht, sie müsste gar keinen machen, sie könnte verkleidet gehen, mit Perücke und Sonnenbrille, um zu sehen, ohne gesehen zu werden. Aber sie träumt auch davon, hinzugehen und alle Blicke auf sich zu ziehen. Sie würde ins Salt stolzieren, selbstbewusst und sexy (und zwar geschmackvoll sexy, nicht billig sexy), und wenn nicht das, dann wenigstens besser als Angela, ein schwer zu setzendes Ziel, da sie keine Ahnung hat, wie Angela aussieht. Sie hat schreckliche Angst davor, dieser Frau einen Grund zu geben, sich ihr noch überlegener zu fühlen, als sie es vermutlich ohnehin schon tut. Leider stehen die realistischen Chancen dafür verdammt gut. Beth fühlt sich weder selbstbewusst noch sexy. Und sie stolziert nie. Sie sieht in ihren erbärmlichen Kleiderschrank, rollt sich auf die Seite, schließt die Augen und zieht sich die Decke bis zum Kinn hoch.
    Hinter geschlossenen Augenlidern stellt sie sich vor, wie Jimmy einen Martini mixt, dann mitten beim Einschenken innehält, verdutzt von dem Anblick, wie sie mit ihren Freundinnen in das Restaurant stolziert . Sie stellt sich vor, wie er sie beiseitenimmt, ihr sagt, dass er sich wie ein Idiot vorkommt, weil er sie verlassen hat. Sie stellt sich vor, wie er sie anfleht, ihn zurückzunehmen, gleich dort an der Bar, vor Angelas Augen.
    Sie dirigiert die ganze Salt-Szene, lächelt, während sie vor ihrem geistigen Auge abläuft. Sie hat sogar eine fiktive Angela entworfen, am Boden zerstört und geschlagen, mit glatten schwarzen Haaren, dichten Augenbrauen, starkem Make-up und einem Spandex-Kleid (billig sexy). Die einzige Person, die sie bei dieser kleinen Fantasie nicht sehen kann, ist sie selbst.
    Verdammt, was soll ich anziehen?
    Ihr fällt auf, dass sie auf der anderen Seite dieser albernen Frage mindestens einmal die

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