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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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auf die Blätter gestarrt, die über die Terrasse wehten. Es war, als würde ich gar nicht existieren.
    Ist er taub? Das ist er nicht. Ich weiß, dass er nicht taub ist, was vermutlich der Grund ist, weshalb ich Dr. Harvey gegenüber nichts davon erwähnt habe. Ich sehe ihn zu Musik hüpfen, wenn bei uns Musik läuft. Er liebt Reggae. Und neulich habe ich in der Küche eine Pfanne fallen lassen, und ich habe gesehen, wie er zusammengezuckt ist, und dann hat er geweint. Das heißt, er ist eindeutig nicht taub. Warum hofft ein Teil von mir dann noch immer, dass er es ist? Was für ein verrückter Gedanke. Gott, was ist mit Anthony los? Bitte sag mir, dass mit ihm alles gut werden wird.
    Worüber mache ich mir eigentlich Sorgen? Dr. Harvey sagt, es ist alles in Ordnung mit ihm. David denkt, es ist alles in Ordnung mit ihm. Ich bin sicher, es ist alles in Ordnung mit ihm.
    Ich bin eine solche Lügnerin.

SIEBEN
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    Beth starrt seit zwanzig Minuten unentschlossen in ihren Schlafzimmerschrank, ungefähr neunzehneinhalb Minuten länger, als sie normalerweise in dieser Haltung verbringt. Ihr Schrank ist eine bescheidene, rechteckige Nische in der Wand, von zwei Schiebetüren verschlossen. Eine einzelne Stange verläuft quer darin, und ein einzelnes Regal befindet sich über der Stange. Nichts Ausgefallenes. Beths Seite ist links, und Jimmys ist rechts. Oder vielmehr, sie war es.
    Sie schiebt die Türen so, dass die andere Seite zum Vorschein kommt – die kahle Stange, das leere Regal, diese hässlichen Wollmäuse auf dem Boden, die sie absaugen muss. Sie hat sich bei Jimmy jahrelang über mangelnden Platz im Kleiderschrank beklagt. Sie hat praktisch geschwärmt von dem begehbaren Kleiderschrank, den Mickey für Jill gebaut hat (darin gibt es in der Mitte sogar einen Polsterschemel zum Hinsetzen – zum Hinsetzen!). Jetzt hat Beth, was sie sich gewünscht hat, doppelt so viel Platz, aber sie bringt es nicht über sich, ihre Kleiderbügel auf seine Seite der Stange zu hängen oder ihre Schuhe auf seine Seite des Bodens zu stellen. Sie kann es einfach nicht.
    Sie schiebt die Türen zu und wendet sich wieder ihrem aktuellen Problem zu: was sie anziehen soll. Wie alles andere im Haus ist auch Beths Seite des Kleiderschranks ordentlich und gut organisiert. Alle Kleiderbügel sind gleich – weiß, aus Plastik – und hängen in derselben Richtung. Von links nach rechts hängen Tanktops, dann kurzärmelige Blusen, langärmelige Blusen, Kleider und Röcke. Ein kleiner Stapel mit Sweatshirts und Pullovern liegt zusammengefaltet auf dem Regal über der Stange, und zwei Reihen mit Schuhen stehen ordentlich auf dem Boden. Ein Paar von jedem – Turnschuhe, Schneestiefel, Lederstiefel, Clogs, flache Schuhe, Sandalen, Flipflops. Mit Ausnahme der Turnschuhe, die früher weiß waren, aber nach vielen Jahren inzwischen grau sind, sind ihre Schuhe schwarz.
    Fast alles in ihrem Kleiderschrank ist schwarz. Nicht extravagant schwarz. Nicht New-York-City-Großstadtschick-schwarz. Nicht einmal Gothic-schwarz. Alles ist blabla-schwarz. Angepasst und langweilig, Nichts-Interessantes-zu-sehen-schwarz. Unsichtbar schwarz. Was nicht schwarz ist, ist grau oder weiß.
    Sie sichtet ihre Blusen, Baumwolle und weite Rundkragen und Stehkragen. Die Pullover sind unförmig und lang. Sie reichen ihr alle bis übers Gesäß. Sie hält sich ein androgynes schwarzes T-Shirt vor die Brust, das zu einer Jeans okay aussehen könnte. Aber ihre Jeans sind nicht schick genug fürs Salt. Ihre Jeans sind weit geschnitten, praktisch und bequem, gut, um die Kinder im Minivan zu fahren oder das Haus zu putzen oder auf der Couch zu sitzen oder zu gärtnern, aber nicht gut, um ins Salt zu gehen. Überhaupt nicht gut.
    Sie zieht ihre einzigen beiden Kleider heraus und legt sie nebeneinander aufs Bett. Sie sind beide schwarz, aber keines davon könnte als »kleines Schwarzes« bezeichnet werden. Das erste ist das Kleid, das sie zu Trauerfeiern und Beerdigungen trägt – hochgeschlossen, langärmelig, nicht tailliert, knöchellang. Sie hat es ursprünglich für die Beerdigung von Jimmys Dad gekauft, weil es respektvoll und unscheinbar aussah, und ihr gefiel, dass es keinerlei Aufmerksamkeit auf sie lenkte, aber als sie es jetzt mustert, ist es ihr fast peinlich. Es sieht aus wie ein Kostüm für ein Schultheaterstück, in dem es um eine alte Jungfer, etwa eine Quäker-Frau, aus dem siebzehnten Jahrhundert geht.
    Sie wendet ihre Aufmerksamkeit dem anderen Kleid zu, in der

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