Der Liebe eine Stimme geben
würde, die sich an seine Bar setzen, offensichtlich, ohne sie wirklich zu sehen. Aber dann fällt der Groschen. Sein Lächeln wird sanfter, als es auf Beth fällt, aufrichtig, aber nur für einen winzigen Moment, bevor es einem angespannten Grinsen weicht, Verblüffung und Unsicherheit zwischen den Zähnen, und schließlich presst er die Kiefer fest zusammen, um nicht zu sagen, was er vermutlich denkt: Ach du Scheiße .
»Ladys.«
»Jimmy«, sagt Petra.
»Beth«, sagt Jimmy.
»Hi«, sagt Beth.
»Und, was habt ihr Ladys heute Abend vor?«
»Folgendes«, sagt Petra. »Wir sind hier, um dir nachzuspionieren.«
Jimmy lacht und schüttelt den Martini, den er mixt, sichtlich kräftiger. Beth wischt sich die Hände am Schoß ihres Kleides ab. Sie hat gar nicht gewusst, dass ihre Hände schwitzen können.
»Du nimmst kein Blatt vor den Mund, was, Petra?«, fragt er.
»Nie«, sagt Petra.
Unverblümt und furchtlos, würde Petra niemals hundertmal vorsichtig mit einem kleinen Gummihammer auf einen Nagel klopfen, wenn sie den Job auch erledigen kann, indem sie ein einziges Mal mit dem Vorschlaghammer zuschlägt. Beth hat diese Fähigkeit an Petra immer bewundert, aber sie entspricht überhaupt nicht ihrem eigenen Charakter. Sie hat viel zu viel Angst davor, den Nagel völlig zu verfehlen und stattdessen ein riesiges und hässliches Loch daneben in die Wand zu schlagen.
»Was darf es sein?«, fragt er.
»Was kannst du empfehlen?«, fragt Petra.
»Wozu seid ihr in Stimmung – Bier, Wein?«
»Irgendetwas Stärkeres. Etwas, was du machst«, sagt Petra.
Er schenkt etwas von dem Drink, den er eben gemixt hat, in ein kleines Glas und stellt es Petra hin, die einen Schluck nimmt.
»Das ist gut. Espresso Martini?«
Er nickt.
»Das nehme ich«, sagt Petra.
»Ich auch«, sagt Jill.
»Willst du mal kosten?« Petra bietet Beth den Rest in ihrem Glas an.
»Nein, nein, ich –«, sagt Beth.
»Sie verträgt nach vier kein Koffein«, sagt Jimmy, der ihre Antwort kennt. »Hält sie die ganze Nacht wach.«
Beth rutscht auf ihrem Hocker hin und her.
»Wie wär’s mit etwas Süßerem?« Er greift bereits nach ein paar Flaschen.
Es ist seltsam, ihm dabei zuzusehen, wie er diese ganzen schicken Drinks mixt. Jimmy ist ein Bier-aus-der-Flasche-Typ. Und zwar nicht diese neuartigen Biersorten mit Muskat- oder Kürbis- oder Blaubeergeschmack. Er mag »richtiges« Bier. Budweiser und Coors. Er gibt widerstrebend zu, dass er Ciscos Whale’s Tale mag, aber nur, weil die Brauerei in derselben Straße steht wie ihr Haus.
Und das hier ist nicht Jimmys Art Bar. Er mag Bars, in die hauptsächlich Männer gehen, nicht unbedingt einen Sportpub, aber auf dem Flachbildfernseher dürfen gerne die Red Sox, Patriots, Bruins oder Celtics laufen. Er mag Bars, die düster und ein wenig schmuddelig sind, in denen ein großes Glas mit hart gekochten Eiern und Schälchen mit Erdnüssen auf dem Tresen stehen. Bars, deren Holzböden von dem Bier verzogen sind, das jahrelang auf ihnen verschüttet wurde, Bars, in denen Def Leppard aus der Jukebox dröhnt. Auf der Speisekarte können Mozzarellasticks und Hähnchenflügel stehen, aber mit Sicherheit nichts mit Foie gras oder Trüffelöl. Es muss einen Billardtisch und eine Dartscheibe geben, und einen Türsteher, da mindestens ein betrunkener Rüpel vor der Sperrstunde irgendjemandem mit der Faust ins Gesicht schlagen wird.
Das Salt ist genau das Gegenteil von Jimmys Art Bar. Die kupferroten, kugelförmigen Hängelampen schimmern unter der Zinndecke und verströmen ein romantisches Licht. Unter dem gemischten Publikum hier – ein paar Einheimische, die meisten nicht – sind mehr Frauen als Männer, und alle sind gut gekleidet, sehen fein aus, wollen einen gepflegten Abend verbringen. Beth liest die Cocktailliste auf der Getränkekarte, und bei den Preisen bleibt ihr die Luft weg. Mit zwanzig Dollar pro Drink werden sie alle hier einen gepflegten und teuren Abend verbringen. Sie wirft einen Blick auf die Männer und Frauen, die neben ihnen sitzen, und versucht ein Gefühl dafür zu bekommen, wer hierherkommt. Sie entdeckt nichts Besonderes, bis sie die große Nantucket-Korbtasche auf dem Tresen liegen sieht, die der blonden Frau neben dem kahlen Mann in dem Seersucker-Jackett gehört. Zu teuer, als dass sie irgendjemandem gehören könnte, der wirklich aus Nantucket ist; Beth hat schon weitaus kleinere Nantucket-Korbtaschen gesehen, die für über tausend Dollar verkauft wurden.
Der Tresen selbst
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