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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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jetzt redet, wird sie weinen. Egal, was sie sich für heute Abend vorgenommen hatte, jetzt hat sie nur noch vor, von hier zu verschwinden, ohne vor Jimmy und Angela zu weinen.
    »Vermutlich musst du nur etwas essen.«
    Beth nickt wieder, reibt das silberne Medaillon zwischen ihren Fingern, angewidert von dem törichten Mädchen, das es sich vor ein paar Stunden umgelegt hat.
    Jimmy stellt Beth ihren Espresso Martini und dann allen drei Frauen ihr Essen hin. Petra hat den Zackenbarsch bestellt, Jill, auf einem Sushi-Trip seit jenem Buchclub-Abend im April, die scharfe Tunfischrolle, und Beth einen Burger mit Pommes frites. Pommes frites in Trüffelöl.
    »Schmeckt es euch?«, fragt Jimmy ein paar Minuten später.
    »Ausgezeichnet«, sagt Petra. »Das Essen ist wirklich gut, Jimmy. Wer ist euer Küchenchef?«
    Während Petra und Jimmy übers Gastronomiegeschäft reden und Jill ihren Söhnen eine SMS schickt, konzentriert sich Beth aufs Essen und Trinken. Nachdem sie ihren zweiten Martini geleert hat, bemerkt sie, dass ihr nicht mehr nach Weinen zu Mute ist. Jetzt fühlt sie sich fast betäubt, als wäre sie von einer dicken Schicht statischer Aufladung eingewickelt wie in einen Kokon, undurchdringlich, wirksamer als ein Bart oder ein schwarzer Pullover.
    Sie ist bei ihrem dritten Drink, noch einem Espresso Martini, als sie hinter sich jemanden ihren Namen rufen hört. Sie dreht sich um. Es ist Georgia, die winkt und sich einen Weg durch das Gedränge bahnt, gegen Körper und Gläser rempelt und Getränke verschüttet, während sie sich zur Bar vordrängelt und ein Meer feindseliger Mienen hinter sich zurücklässt.
    »Ich bin ja so froh, dass ihr noch hier seid!«, sagt sie atemlos. »Wie läuft’s? Wo ist die Salt-Mätresse?«
    Beth, Petra und Jill sehen erst sich und dann Jimmy an, der das eindeutig gehört hat. Petra lacht.
    »Du meinst wohl Hostess? «, fragt Petra.
    Georgia lacht. »Hoppla, ja! Und dabei habe ich noch gar nichts getrunken. Wo ist sie?«
    »Hast du sie nicht gesehen, als du hereingekommen bist?«, fragt Petra.
    »Nein, wo denn?«
    »Hinter dir. Neben der Tür.«
    »Wo?«
    »Die dunklen Locken.«
    Georgia stellt sich auf die Zehenspitzen und verzieht das ganze Gesicht zu einem Blinzeln.
    »Die in dem schwarzen Top«, sagt Petra.
    Georgia schüttelt den Kopf, noch immer suchend.
    »Die mit den Titten.«
    »Ah, jetzt habe ich sie!«, sagt Georgia. »Flittchen. Ich hätte Jimmy nie für einen Titten-Typen gehalten.«
    Beth hält die Hand über ihre eigenen beleidigten Titten. Es stimmt, Beths sind nicht der Rede wert, und Jimmy ist eher ein Beine-Typ. Beth hat tolle Beine, lang und kräftig. Sie geht immer zu Fuß, am Strand, auf Bartlett’s Farm, auch in New York City, bevor sie hierhergezogen ist.
    Ihr fällt auf, dass sie noch nie gehört hat, dass ein Mann als Augen-Typ oder Gehirn-Typ oder Persönlichkeits-Typ bezeichnet wurde. Sie leert den Rest ihres Martinis. Typen nerven. Vielleicht ist das ein Segen. Vielleicht ist sie ohne Jimmy besser dran. Kein Mann im Haus. Ihr Zuhause wird sauber und aufgeräumt bleiben, und es wird gut riechen. Und kein Streit mehr. Es ist so friedlich, seit er gegangen ist. Irgendwo in ihrem Kopf singt Marilyn McCoo »One Less Bell to Answer«, ein Lied, das ihre Mutter mochte, als Beth ein kleines Mädchen war, und das Beth seitdem nicht mehr gehört hat, an das sie seitdem nicht mehr bewusst gedacht hat.
    »Nicht dass an deinen irgendetwas auszusetzen ist«, sagt Georgia.
    »Wartet nur, bis sie Kinder kriegt«, sagt Jill. »Dann werden ihre genauso herunterhängen wie bei uns allen.«
    Das betäubte, statisch aufgeladene Gefühl von Beths Martini-Rüstung muss einen Knacks haben, denn dieser Kommentar schlägt prompt durch und raubt Beth den Atem. Was, wenn Angela schwanger wird? Beth denkt, wie leicht sie selbst schwanger geworden ist. Jedes Mal, wenn sie aufhörten zu verhüten, war gleich der erste Schuss ein Volltreffer. Ihr wird schwindelig. Die Ränder ihres Gesichtsfelds werden trübe und verschwommen. Sie muss hier raus.
    »Hallo, Georgia«, sagt Jimmy.
    »Ich bin nicht glücklich mit dir«, sagt Georgia.
    »Ich weiß.«
    »Aber ich werde dir verzeihen, wenn Beth es tut.«
    »Das ist nur fair.« Er sieht Beth an, wartet auf einen Einwurf von ihr, als würde er nach einer Öffnung in einem Fenster suchen, wenigstens einem winzigen Spalt.
    »Beth, du siehst schon wieder blass aus«, sagt Jill.
    Jill sitzt direkt neben Beth, aber ihre Stimme klingt, als würde

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