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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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Reichtum, aber er ist anerkannt. Er ist da.
    Sie fragt sich, ob das Starbucks-Kaffeegeschäft irgendetwas mit den Starbuck-Familien von Nantucket zu tun hat. Vermutlich nicht, sonst hätte die Insel bestimmt auch eine Filiale. Sie fragt nicht danach.
    Das mit Abstand Interessanteste in dem Raum ist der Falke in dem riesigen Käfig neben dem Kamin hinter Dr. Campbell. Der Vogel ist ungefähr so groß wie ein kleiner Habicht, mit dunkelgrauen Flügeln, einem weißen, grau gefleckten Bauch und grauen Federn, die um seine unheimlichen schwarzen Augen liegen wie die Maske eines Bösewichts. Einer seiner Flügel sieht aus, als ob er verstümmelt ist, oder gebrochen. Der Falke kauert auf einem Stück Treibholz, fast reglos, und starrt Beth an. Er sieht bedrohlich aus, als ob er ihr die Augen aushacken wollte.
    »Das ist Oscar. Keine Sorge, er ist zahm. Er wird uns nicht belästigen«, sagt Dr. Campbell.
    Beth nickt, fühlt sich jedoch belästigt.
    Es klingelt. Gott sei Dank. Dr. Campbell steht auf und lässt Jimmy herein.
    »Das ist für den Vogel.« Jimmy reicht Dr. Campbell eine schwarze Mülltüte.
    Dr. Campbell äugt lächelnd in die Tüte. »Wunderbar. Nehmen Sie Platz. Ich bin gleich wieder da.«
    Die Leute auf Nantucket betreiben gern Tauschhandel. Beth und Jimmy haben ihre Autoreparaturen früher mit Muscheln bezahlt. Jills Mann, Mickey, erledigt Bauarbeiten im Gegenzug für eine Zahnbehandlung. Dr. Campbell akzeptiert auf der Straße überfahrene Tiere als Anzahlung.
    Jimmy setzt sich ans andere Ende der Couch, ein leeres Kissen liegt zwischen ihm und Beth. Er sinkt genauso ein wie Beth, aber es scheint ihm nicht annähernd so unangenehm zu sein wie ihr. Seine Füße reichen noch immer bis zum Boden.
    »Du bist spät dran«, flüstert sie.
    »Es war schwer, etwas zu finden.«
    »Was war denn in der Tüte?«
    »Eichhörnchen.«
    »Igitt. Eklig. Warum hast du nicht einfach etwas Tierfutter im Geschäft gekauft?«
    »Weil der ganze Sinn darin besteht, zwanzig Dollar zu sparen. Verfehlt irgendwie den Zweck, wenn ich ihm Futter kaufe .«
    »Wo hast du das Eichhörnchen gefunden?«
    »Milestone Road.«
    »Hast du dir die Hände gewaschen?«
    Bevor Jimmy antworten kann, kommt Dr. Campbell mit dem, wie Beth dem Geruch nach nur vermuten kann, toten Eichhörnchen wieder, öffnet kurz den Vogelkäfig, schließt ihn wieder (sie achtet darauf, dass er das wirklich tut) und macht es sich wieder in seinem Ledersessel bequem. Er schlägt sich auf die Schenkel und lächelt.
    Wird sich hier irgendjemand die Hände waschen?
    »Fangen wir an«, sagt Dr. Campbell. »Warum sind wir hier?«
    Niemand antwortet. Beth und Jimmy sitzen da, behaglich eingerichtet in ihrem jeweiligen vertrauten Schweigen, unbehaglich auf ihren jeweiligen tief liegenden Plätzen. Beth sieht hinüber zu Jimmy, der auf seine verkeimten, von totem Tier verschmierten Hände starrt. Sie schaut über Dr. Campbells Schulter auf Oscar, dem jetzt etwas Eichhörnchen-Schleim aus seinem gelben Schnabel hängt, während er sie nach wie vor mit seinen schwarzen Raubtieraugen mustert.
    »Jimmy«, sagt Dr. Campbell. »Fangen wir mit Ihnen an.«
    »Na ja, äh, wir leben getrennt. Wir sind seit vierzehn Jahren verheiratet, und wir leben getrennt, und wir versuchen, wieder zusammenzukommen.«
    Jimmy umklammert seine Hände und wartet. Das war’s. Das ist seine Zusammenfassung.
    Schnapp ihn dir, Oscar. Hack ihm die Augen aus .
    »Wir leben getrennt, weil er mich betrogen hat, und ich weiß nicht, ob ich wieder mit ihm zusammenkommen will.«
    »Okay«, sagt Dr. Campbell, keinesfalls sichtlich empört oder für sie Partei ergreifend, wie Beth es sich erhofft hatte. »Jimmy, warum haben Sie Beth betrogen?«
    Jimmy zappelt herum und sinkt noch ein bisschen tiefer in sein Kissen. Eine schwarze Katze mit weißen Pfoten stolziert ins Zimmer, reibt sich im Vorbeigehen an Beths baumelnden Füßen und rollt sich dann auf einem sonnigen Fleckchen vor einem der Fenster auf dem Boden zusammen, genau außerhalb des Schattens eines der Büchertürme. Jimmy ist allergisch gegen Katzen.
    »Weiß nicht.«
    »Beth, was glauben Sie, warum er Sie betrogen hat?«
    Das Salt ist zu sexy, Angela ist zu sexy, ich bin nicht sexy genug, er fühlt sich nicht mehr zu mir hingezogen, er liebt mich nicht mehr, er ist ein Idiot, er ist ein Lügner, er ist ein Ehebrecher, er ist ein Mann . »Ich würde wirklich gern Jimmys Antwort hören.«
    Beth und Dr. Campbell sehen Jimmy an und warten. Noch eine Katze,

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