Der Liebe eine Stimme geben

kommunizieren, was er will und fühlt. Wenn wir das Händefuchteln als Option eliminieren, dann wird er irgendeine andere Möglichkeit, hoffentlich gesprochene Worte, finden müssen, um zu kommunizieren.
    Das unausgesprochene Motiv dafür, zu versuchen, das Händefuchteln abzustellen, ist, dass es einfach seltsam aussieht. Es schreckt ab. Er sieht aus wie ein normales, wenn auch zurückhaltendes und stilles Kind, bis er anfängt, mit den Händen zu fuchteln. Dann bemerke ich die Blicke. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Kind. Eltern passen auf, dass sie sich selbst und ihre Kinder in einem sicheren Abstand halten, sobald sie das Händefuchteln sehen. Es könnte ansteckend sein.
    Als Carlin mit mir zum ersten Mal über ihren Plan sprach, Anthonys Händefuchteln zu löschen, sträubte sich irgendetwas in mir dagegen, aber ich fand noch nicht die Worte, um es zu erklären. Außerdem ist sie die Therapeutin. Sie ist die Expertin. Sie weiß, was sie tut. Daher habe ich mich darauf eingelassen und stattdessen einen Witz gemacht.
    »Er ist Italiener. Natürlich redet er mit den Händen!«
    Carlin lächelte und begann dann, mir den Plan, um Anthonys Hände zum Schweigen zu bringen, genauer zu erläutern.
    Aber genau darum geht es. Ich glaube nicht, dass sein Händefuchteln eine Krücke ist. Ich glaube nicht: Oh, wenn Anthony nur nicht mit den Händen fuchteln würde, dann würde er mit uns reden! Er kann nicht reden, und zum Glück fuchtelt er mit den Händen. Anthony kommuniziert durch sein wogendes Bündel aus aufreibenden Schreien und Fuchteln. Das ist seine Art, uns zu sagen, was er will und wie er sich fühlt.
    Zugegeben, es ist eine begrenzte Form der Kommunikation, aber er hat eben nur diese. Und ich beherrsche dieser bizarre Sprache inzwischen ziemlich fließend. Ich weiß, wann seine Hände bedeuten: »Das ist ZU gut« oder »Das ist das Beste, was ich je gesehen habe« oder »Ich mag nicht, was hier passiert« oder »Hier drinnen ist es zu laut« oder »Ich will MEHR schaukeln« oder »Ich will JETZT nach Hause«. Wie bei jeder anderen Sprache sind es die Art und Betonung des Händefuchtelns plus der Kontext, die die spezifische Bedeutung kommunizieren.
    HÄNDE RUNTER. Bringen wir ein ohnehin schon gedämpftes Flüstern zum Schweigen? Sollten wir nicht vielmehr das Gegenteil tun? Hände, sagt uns mehr!
    Eine andere Verhaltensweise auf der »Löschen«-Liste ist seine Besessenheit von Barney. Anthony besteht noch immer darauf, Barney zu sehen, und nur Barney, immer wieder und wieder und wieder. Wenn ich ihn abzulenken versuche, bevor er es zu Ende gesehen hat, oder wenn ich den Fernseher ausschalte, weil wir aus dem Haus gehen müssen oder weil es Zeit für seine ABA-Therapie ist, rastet er aus. »Beharrlichkeit« und »Sucht« und »Besessenheit« sind die Wörter, die seine Therapeuten und Lehrer und Ärzte verwenden, daher habe ich sie auch verwendet. Und wie bei der Theorie, dass man Anthony, indem man ihm seine Hände wegnimmt, zwingen könnte, seine Stimme zu benutzen, besteht auch hier die Hoffnung darin, dass man, indem man Anthonys Besessenheit von Barney abstellt, Platz für andere, seinem Alter eher angemessene Interessen schaffen wird.
    Anfangs war ich dabei. Barney treibt mich in den Wahnsinn. Ich wünschte, Anthony würde sich irgendetwas anderem zuwenden, wenn auch nur irgendeiner neuen Besessenheit. Seine Besessenheit von Steinen ist mir weitaus lieber. Dabei können wir wenigstens Zeit am Strand verbringen, und selbst mir macht es Spaß, am Strand nach Steinen zu suchen, daher ist das eine Aktivität, die wir irgendwie gemeinsam tun. Ich verstehe nicht, warum es ihm eine solche Freude bereitet, sie aufzureihen, aber ich habe nichts gegen die Steine. Aber dieser singende lila Dinosaurier, der kann von mir aus verschwinden.
    Ich habe über unseren Beitrag zu seiner Barney-Besessenheit nachgedacht. Wir kaufen die DVDs, wir nehmen die Sendung auf dem DVD-Rekorder auf, und mindestens einmal am Tag ermuntere ich ihn sogar, vor dem Fernseher vor sich hin zu dämmern, um eine halbe Stunde Frieden zu haben. Und die heutige Technik unterstützt dieses Symptom des Autismus ja nun wirklich. Zu meiner Kindheit gab es noch keine DVD-Player, keine Videos-on-Demand, keine DVD-Rekorder. Ich bin sicher, ich wäre besessen geworden von Meine Lieder, meine Träume oder Der Zauberer von Oz, wenn ich sie jeden Tag hätte sehen können anstatt nur einmal im Jahr. Daher ist es heutzutage leicht, diese Art Sucht zu