Der Liebe eine Stimme geben
seine Mutter im hellen Mondlicht spritzen und herumwirbeln und lachen. Und strahlen.
Geliebt.
Klick. Klick. Klick.
»Ach, hier bist du!«
Beth schaut über die Schulter. Georgia winkt und trippelt auf ihren hohen Absätzen die letzte Stufe der Steintreppe hinunter. Sie schlüpft aus ihren Schuhen und geht hinüber zu dieser kleinen, ungewöhnlichen Gruppe, sichtlich außer Stande, zu begreifen, warum sie alle hier sind. »Geht es allen gut?«
»Ja«, sagt der Vater, während er sich die Schuhe auszieht und die Hosenbeine hochkrempelt. »Jetzt geht es uns gut.«
Sicher .
»Na wunderbar«, sagt Georgia.
Der Mutter ist vermutlich schwindelig, denn sie hat aufgehört, ihren Jungen im Kreis zu wirbeln, und steht jetzt hinter ihm, während er mit dem Wasser spritzt. Der Vater gesellt sich zu ihnen und hält die Hand seiner Frau.
Gewollt.
Klick. Klick. Klick.
Glücklich. Geliebt. Sicher. Gewollt. Beth kann diese vier Eigenschaften, diese notwendigen Zutaten für eine funktionierende Beziehung, in dieser Familie hier klar identifizieren. Sie sieht jede einzelne davon bei diesem kleinen Jungen mit Autismus so leicht, wie sie den hellen Mond am Nachthimmel sieht, und doch kann sie sich noch immer kein konkretes Bild davon machen, wie diese Elemente in ihr selbst aussehen.
»Ich dachte schon, du hättest mich versetzt«, sagt Georgia.
»Niemals. Bist du so weit?«, fragt Beth.
»Ja. Gehen wir.«
Bevor Beth den Steinweg hochsteigt, sieht sie noch einmal zurück zum Hafen, um sich von Olivia zu verabschieden, aber sie kauert am Rand des Wassers, fotografiert den Jungen und seine Eltern, und Beth will sie nicht stören. Beth lächelt, stellt sich vor, wie schön diese Bilder sein werden. Sie kann es kaum erwarten, ihre eigenen Porträts zu sehen. Sie müssten bald fertig sein. Sie wollte danach fragen.
Während sie die Stufen hochsteigen, fragt sich Beth, was Olivia veranlasst hat, dem kleinen Jungen nachzulaufen. Vermutlich war es die Sorge, die jeder Erwachsene hätte, der sieht, wie ein kleines Kind allein zum offenen Wasser läuft. Aber während sie mit Georgia über den Rasen der Blue Oyster geht, muss sie an Olivias panische Augen und die Tränen auf ihrem bleichen Gesicht denken, und sie fragt sich, ob nicht noch mehr dahintersteckte.
Sie wird sie fragen müssen, wenn sie sie das nächste Mal sieht.
SIEBENUNDZWANZIG
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Beth hat den ganzen Vormittag danach gefiebert, zur Bibliothek zu fahren, aber sie hatte zu viele Arbeiten im Haushalt zu erledigen, die keinen Aufschub duldeten, und jetzt ist sie bei Jessicas Fußballspiel. Jimmy ist auch da. Allein. Sie sehen beide zu, wie Jessica über das Feld stürmt, stehen getrennt, aber nebeneinander am Spielfeldrand, in unbehaglichem Schweigen.
»Und, wie kommt dein Buch voran?«, fragt Jimmy schließlich, während er noch immer auf das Spielfeld starrt.
»Gut. Es kommt gut voran.« Beth wendet den Blick ebenfalls nicht von dem Spiel ab, aber nicht, weil sie besorgt ist, sie könnte irgendetwas verpassen.
»Das ist ja toll. Es ist wirklich toll, dass du wieder schreibst. Ich bin stolz auf dich.«
»Danke«, sagt sie, unerwarteterweise geschmeichelt.
Sie wendet sich zu ihm um. Jetzt sieht er sie an und nicht das Spiel, und er lächelt.
»Ich würde es sehr gern lesen.«
Sie errötet und senkt den Blick zu ihren schwarzen Schuhen. Ihr ganzes Herzblut ist in ihr Schreiben geflossen; alles, was sie fühlt und weiß und glaubt, hat sie in diese Geschichte gewoben. Jimmys plötzliches und unerbetenes Interesse an ihrem Buch, an ihr, macht sie glücklich. Aber der Gedanke, dass Jimmy ihr Herzblut liest, dass sie sich ihm jetzt so intim und völlig offenbaren soll, nagt an irgendetwas in ihr, das noch nicht bereit ist, berührt zu werden. Vertrauen.
Sie hebt den Blick und schenkt ihm ein schüchternes Lächeln, bevor sie sich zwingt, wieder zu den Mädchen auf dem Spielfeld zu schauen.
Als das Spiel zu Ende ist, nimmt Jimmy Jessica mit, und Beth fährt sofort zur Bibliothek. Sie geht in den ersten Stock und späht durch die Tür. Eddy Antico und Pamela Vincent sind nicht mehr da. Niemand liest Moby Dick , und niemand sitzt auf ihrem Platz. Sie lächelt und macht es sich bequem.
Gestern Nacht hat sie von ihrem Buch geträumt, und als sie aufgewacht ist, war das nächste Kapitel voll ausgeformt da, in lebhaften Details, und hat auf sie gewartet, wie ein Geschenk. Sie war überglücklich, aber dann mit jeder Sekunde besorgter, dass es nur als Wissen in ihrem Kopf
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