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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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mehren, das ganz alltägliche Glück für die Menschen und die Welt.
    Wie gewohnt empfing der heilige Petrus seinen Reisegefährten am Ziel in Plowdiw, er stand in der Abenddämmerung auf dem Bahnsteig und erzählte, dass er einen vorzüglichen Taxifahrer gefunden habe, mit dem sie den Restdes Weges zurücklegen konnten. Etwa hundert Kilometer lagen noch vor ihnen, sie würden ins Rhodopengebirge fahren, zunächst in die Stadt Dospati und von dort ins Dorf Hjornakurdzali, von wo aus es nur noch wenige Kilometer bis ans Ziel und zu Gott waren.
    Taxichauffeur Filov Furnugördzal, ein Mann in den Sechzigern, stiernackig und behaart, in schwarzer Lederjacke und mit sonniger Miene, nahm Pirjeri den Koffer aus der Hand. Sie gingen zu einem weißen Wolga, Filov warf den Koffer hinein und forderte die Reisenden auf, es sich auf der Rückbank des Wagens bequem zu machen. Er fuhr so rasant los, dass die Reifen auf dem Kopfsteinpflaster des Bahnhofsvorplatzes aufheulten, obwohl regnerisches Wetter herrschte. Filov zündete sich eine Zigarette türkischer Machart an und begann eifrig mit seinen hinten sitzenden Passagieren zu plaudern. Der heilige Petrus fungierte als Dolmetscher.
    Im Verlaufe der Fahrt nach Dospati informierte Filov sie ausführlich über sich selbst und auch über sein Auto, das bereits sein sechster Wolga in Folge war. Auf guter Straße konnte er damit fast hundertsechzig Stundenkilometer fahren, im Frühjahr hatte er auf abschüssiger Strecke im Gebirge den Tacho sogar bis auf zweihundertzehn getrieben! Er hätte noch schneller gekonnt, aber mehr konnte der Tacho nicht anzeigen, der Zeiger hatte nur noch am Gehäuse festgehangen.
    Filov war orthodoxen Glaubens, machte bei entgegenkommenden Autos jedes Mal ein Kreuzzeichen. Seine Familie stammte aus der südlichen Gebirgsregion, die Männer waren Schafzüchter und Kohlebergarbeiter, gute Soldaten und noch bessere Weiberhelden gewesen. Filov selbst waraußerdem sehr musikalisch, zumindest sang er gern. Zur Probe schmetterte er ein paar Hirtenlieder und natürlich auch die Nationalhymne, Gorda stara planina , ein Lobgesang auf das Balkangebirge.
    »Ein rechter Schreihals«, beklagte sich der heilige Petrus bei Pirjeri auf Finnisch.
    Endlich erreichten sie die waldigen Ausläufer des Gebirges. Die Straße wurde schmal und kurvenreich, sie war glitschig, denn Regen peitschte hernieder. Es wurde langsam dunkel. Filov drosselte kaum das Tempo, und auch die Gesprächsthemen schienen ihm nicht auszugehen.
    Überraschend schoss der weiße Wolga mitten in eine Schafherde, die hinter einer Kurve auf der Straße auftauchte. Filov bremste heftig, drückte auf die Hupe und lenkte seinen Wagen im letzten Moment seitlich vorbei in den Graben. Zum Glück hatte er kein einziges Schaf überfahren. Filov stürzte hinaus, packte den erschrockenen bärtigen Hirten, der inmitten seiner Herde ging, und schleifte ihn zum Auto. Er verlangte, dass Petrus und Pirjeri aussteigen sollten, um den idiotischen Unfall zu bezeugen, er beschimpfte den Alten übel und beklagte das eigene Schicksal, solchen Trotteln begegnen zu müssen, die ihre blökenden Viecher über öffentliche Straßen führten und unschuldige Taxifahrer zwangen, unter Lebensgefahr in den Graben zu fahren.
    »Muselman! Ketzer! Schafsbegatter! Nonnenficker!«
    Filovs Sprachgebrauch war so roh, dass der heilige Petrus sich veranlasst sah, einzugreifen. Er sprach beruhigend auf den Fahrer ein und schlug vor, die Sache auf sich beruhen zu lassen, das Auto mit vereinten Kräften auf die Straße zu schieben und weiterzufahren.
    »Gib du mir keine Ratschläge, Alter«, fauchte Filovihn an. »Glaubst du, du bist irgendein Heiliger? Ich weiß sehr wohl, wie man diese Gebirgsesel behandeln muss!«
    Petrus wurde böse, er blickte dem tobenden Filov fest in die Augen und erreichte, dass dieser sich mäßigte. Alle zusammen bemühten sich, den Wolga auf die Straße zu schaffen. Filov saß am Lenkrad und startete den Motor, draußen in Regen und Dunkelheit schoben der verschreckte Hirte sowie Pirjeri und Petrus den Wagen an. Mit vereinten Kräften schafften sie es schließlich. Auf der Weiterfahrt herrschte Schweigen im Wagen. Filov war die Lust zum Singen vergangen. Mürrisch rauchte er pausenlos seine starken türkischen Zigaretten.
    Der Regen ließ nach, aus den Wolken über dem Gebirge schob sich die Mondsichel hervor. Sie hatte eine andere Stellung als im fernen Finnland, lag quasi mehr auf dem Bauch, registrierte Pirjeri. Die

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