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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Gott. Vor Pirjeri standen gebackenes Lamm, verschiedene Sorten gekochtes Gemüse, dampfende Fischsuppe, diverse Käsesorten, Trauben und Wein – lauter Delikatessen. Schon allein bei deren Anblick lief ihm das Wasser im Munde zusammen.
    Der Erzengel Gabriel erwähnte, dass das Mahl aus demnahegelegenen Dorf Hjornakurdzali herbeigezaubert worden war. Bereitet hatte es ein alter rundlicher Engel, eine Frau aus der Gegend, die als die beste Köchin weit und breit galt. Pirjeri registrierte, dass nur für ihn ein Besteck bereitlag, er war also der einzige Mensch in der Tafelrunde. Petrus griff das Thema auf, erklärte, dass Engel, Heilige und Götter keinen Hunger kannten, was sie deutlich von den Menschen unterschied.
    Gott erschien im Saal. Stühle wurden gerückt, die ganze Gesellschaft erhob sich. Der Allmächtige trat ruhig an die andere Schmalseite des Tisches, Pirjeri gegenüber, und setzte sich. Er faltete die Hände und sprach:
    »Geheiligt sei deine letzte Mahlzeit, Pirjeri Ryynänen.«
    Pirjeri goss sich Wein ins Glas, nahm sich Suppe, brach Brot ab und begann zu löffeln. Gott verfolgte lächelnd, wie der hungrige Mann aß. Nach der Suppe wechselte Pirjeri den Teller, häufte sich gekochtes Gemüse und Lammfleisch auf und machte sich darüber her. Als Nachtisch schnitt er sich dicke Käsescheiben ab, die er mit reichlich Wein hinunterspülte. Zum Schluss wurden ihm noch ein Glas heißer Pfefferminztee und süßer bulgarischer Honigkuchen serviert.
    Als er gegessen hatte, dankte er Gott für die Mahlzeit.
    Sowie der Tisch abgeräumt war, entfernten sich die anderen und ließen Gott und Pirjeri im Festsaal allein. Gott erklärte, dass es nun an der Zeit sei, Pirjeri mit göttlichen Kräften auszustatten. Er rief ihn zu sich, forderte ihn auf, sich ihm gegenüber hinzustellen und die Augen zu schließen. Gott kam mit seinem Gesicht ganz nah an Pirjeris, fasste seine beiden Hände und berührte mit der Nasenspitze Pirjeris Nase.
    »Denk an nichts Besonderes, sei einfach nur aufnahmebereit«, wies Gott ihn an. Dann rieb er seine Nase an Pirjeris Nase und drückte gleichzeitig fest seine Hände. Pirjeri spürte, wie sowohl durch seine Arme als auch seinen Nasenknorpel gleichsam eine neue starke Kraft in ihn floss, ein hehrer, frischer Geist. Seine ohnehin gerade Haltung straffte sich noch mehr, und in sein Gehirn strömten klare Gedanken. Das Ganze dauerte vielleicht eine Minute, dann zog sich Gott zurück. Pirjeri öffnete die Augen und dachte verwirrt, dass er garantiert der erste Finne aller Zeiten war, der das sagenhafte Glück gehabt hatte, sich mit Gottvater höchstpersönlich die Nase zu reiben.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Gott neugierig.
    Pirjeri sagte, dass er gleichsam ein neuer Mensch geworden sei, er fühle sich stark und zugleich herrlich leicht. Sein Gedankenfluss sei schneller denn je. Ein großartiges Gefühl. Hatte er jetzt wirklich göttliche Kräfte?
    »Ich habe meine Kraft ausgeschüttet, und sie ist in dich geströmt, du bist jetzt kein Mensch mehr, so wie du es noch vorhin warst. Du bist auf deine Weise ein Gott, du hast die Kräfte Gottes und auch seine Verantwortung für das Leben auf der Erde.«
    Der Allmächtige forderte Pirjeri auf, eine Wundertat zu vollbringen, damit sie feststellen konnten, ob die Kraftübertragung gründlich genug gewesen war.
    »Gehen wir ins Turmzimmer, um deine Fähigkeiten zu testen«, entschied er.
    Oben im Turm angekommen, überlegte sich Gott, wie er seinen Vertreter auf die Probe stellen konnte. Er zeigte auf den Gipfel eines kleinen Berges, etwa einen Kilometer entfernt, und versprach, diesen durch ein Erdbebeneinstürzen zu lassen. Gott starrte auf den Berg, der begann bald zu beben, es grollte dumpf, der Berg erzitterte, und große Gesteinsbrocken brachen ab und stürzten in die Tiefe. Gott lächelte zufrieden und wandte den Blick vom Berg ab. Das Erdbeben ließ nach, das Grollen verstummte.
    »Jetzt bist du an der Reihe. Versuch einen Berg beben zu lassen.«
    Pirjeri setzte eine grimmige Miene auf und starrte auf den Berg neben jenem, der soeben eingestürzt war. Er wünschte in Gedanken, dass der Gipfel beben und abbrechen möge, und als er sich richtig anstrengte, siehe da, passierte etwas. In der Bergwand entstanden Risse, die Erde bebte, aus den Tiefen des Felsuntergrundes war das Dröhnen brechender Steinmassen zu hören, der Berggipfel wackelte, bald brachen seine Wände, und Gesteinsmasse prasselte krachend in die Schlucht. Schwefelrauch

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