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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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nicht.
    Wie Moses berichtete, wurden die Flöße zu jener Zeit aus Ziegenfellen genäht, man fertigte aus den Fellen röhrenförmige Behältnisse und blies sie auf. Die so gewonnenen Luftkissen wurden zusammengeflochten. Für größere Flöße brauchte man schon mal zwei Dutzend solcher Kissen, aber sie trugen dann auch jeweils zwei Pferde samt Streitwagen. Das Nähen war Frauenarbeit gewesen. Aaron hatte seinem Kamel beigebracht, die Ziegenfelle aufzublasen. Kamele haben eine große und starke Lunge.
    Moses geriet in Eifer, trat ans Fenster des Turmzimmers und zeigte mit seinem Hirtenstab nach draußen.
    »Als der Morgen des ersten Tages der Überfahrt anbrach und ein angenehmer Rückenwind blies, ging ich ans Ufer, zeigte mit dem Stock aufs Meer und brüllte: ›Los jetzt! Rüber mit euch, an den Stellen, wo das Meer am flachsten ist!‹ So ist das damals abgelaufen.«
    Pirjeri fand, dass es eine großangelegte Operationgewesen war, und die Durchführung zeugte von ausgezeichneten organisatorischen Fähigkeiten. Nicht mal mit heutiger Technik war es möglich, ganze Völker mit so wenigen Verlusten über ein schäumendes Meer zu verfrachten. Diese Worte erfreuten Moses, doch er spielte die Sache herunter. Er betonte, dass die Juden damals nur einige tausend gewesen waren. Zu Zeiten des Alten Testaments waren die Völker klein, aber aufsässig.
    »Die Halunken hatten dauernd etwas zu murren! Mal gab es nicht genug Speis und Trank, mal setzten ihnen die Wüstenstürme und Skorpione zu. Sie starben an der Ruhr wie die Sandflöhe, aber kaum lief alles ein bisschen besser, musste man die ganze Zeit aufpassen, dass sie einem nicht den Hals umdrehten und irgendeinen Dummkopf zum König ausriefen.«
    Moses knurrte, dass er kein zweites Mal ein solches Unternehmen starten würde. Was ihn anbetraf, so hätten die Juden in Ägypten bleiben können. An den Ufern des Nils würde heute ein höherer Lebensstandard herrschen, wenn die Juden mit ihren ägyptischen Herren verschmolzen wären und auf diese Weise ein neues Volk geschaffen hätten. Es gäbe kein Nahostproblem, und die Deutschen hätten niemanden gehabt, den sie in den Gasöfen ihrer KZ s hätten verbrennen können, wenn er, Moses, sein Volk in Ägypten gelassen hätte.
    »In jungen Jahren ist man so unbedacht, dass man ganze Völker ans Ende der Welt führt. Purer Unfug.«
    Pirjeri gab zu bedenken, dass beim Auszug des israelischen Volkes vielleicht doch auch Gottes Fügung eine Rolle gespielt hatte. Moses murmelte:
    »So wird ja allgemein behauptet, wer weiß … übrigens wares nicht schön von Gott, dass er mich nach vierzig Jahren Wüstenwanderung nicht mal im gelobten Land, wie ich es nannte, sterben ließ. Ich habe es von einem Berg aus gesehen, das war alles. Mich ärgert immer noch, dass ich unterwegs sterben musste.«
    Pirjeri hatte Lust, ihn für seinen Groll gegen Gott zu tadeln, aber dann betrachtete er die Sache aus Moses’ Sicht. Zugegeben, es war bitter, vierzig Jahre lang mit einem murrenden Volk durch die Wüste zu marschieren und nach all den Anstrengungen nicht mal ans Ziel zu gelangen. Pirjeri lenkte das Gespräch auf die Jetztzeit und die Bedingungen im Himmel. Gefiel es Moses hier, wurde ihm, einem Mann der Tat, die Zeit nicht lang?
    Moses knurrte:
    »Offen gestanden bin ich heute vereinsamt, habe keine Freunde mehr. Die jetzige Verwaltung mag ich nicht, von Veteranen, wie ich einer bin, wird kaum mehr Notiz genommen.«
    Pirjeri fragte, ob er mit Gabriel und Petrus nicht gut auskam. Gab es im Himmel Differenzen zwischen den alten Heiligen?
    Moses erklärte, dass ein jüngerer Apostel, Paulus nämlich, schon vor einer Ewigkeit kaltgestellt worden war, offenbar durch Petrus’ Betreiben. Auch vom Erzengel Michael hatte er schon lange nichts mehr gehört. Stattdessen steckte neuerdings Gabriel seine Nase überall hinein.
    Weiter sagte Moses, dass er sich auch nach den kleineren Propheten sehnte, jenen aus den Zeiten des Alten Testamentes, Obadja, Hosea und durchaus auch Habakuk. Besonders gern würde er mit Obadja plaudern. Als er gelegentlich Petrus nach dessen Aufenthaltsort gefragt hatte,hatte Petrus ihn nur angeschnauzt und erklärt, er habe Obadja in die Hölle geschickt. Mehr wusste er nicht.
    Diese Worte versetzten Pirjeri in Bestürzung. War es wirklich so, dass der heilige Petrus und der Erzengel Gabriel im Himmel die Macht an sich gerissen hatten? Wenn man Moses Glauben schenken konnte, so herrschten im Himmel Oligarchie und gegenseitige

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