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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Milchstraße.
    »Herein«, sagte er mit müder Stimme.
    In das schummerige Turmzimmer trat ein streng wirkender, weißbärtiger Greis mit korrekter Haltung, der irgendwie an Leo Tolstoi erinnerte. Eindeutig irgendein alter, verknöcherter Heiliger, sagte sich Pirjeri, während er dem Besucher, der an der Tür stehen geblieben war, bedeutete, näher zu treten.
    Der Alte kam angetrippelt, musterte Pirjeri aufmerksam und sagte dann:
    »Man hat mir erzählt, dass wir einen neuen Gott im Himmel haben.«
    Pirjeri bestätigte, dass er der neue Gott, der amtierende Stellvertreter, sei.
    »Ich bin Moses«, stellte sich der Alte vor, während er sich tief vor Pirjeri Ryynänen verbeugte. »Ich dachte mir, ich komme den neuen Gott mal begrüßen, wenn es erlaubt ist«, fügte er hinzu.
    »Bitte nehmen Sie Platz, Moses.«

19
    Da saß also Moses, der alttestamentarische Volksführer, als leibhaftiger Engel. Pirjeri hatte die Bibel so weit gelesen und auch die entsprechenden Geschichten in der Sonntagsschule gehört, dass ihm der Auszug der jüdischen Stämme weitgehend bekannt war. Moses hatte sein Volk aus dem fremden Ägypten und aus der Sklaverei durch viele Widrigkeiten hindurch und innerhalb eines Zeitraums von vierzig Jahren ins gelobte Land, also nach Israel, geführt. Er hatte mit seinem Wanderstab Wasser aus dem Fels geschlagen, hatte sein Volk über das Rote Meer gehen lassen, hatte ihm Gesetze geschaffen und es, als der Hunger kam, versorgt, indem er Mannakörner aus der Erde gescharrt hatte.
    Obwohl Pirjeri von der Tagesarbeit müde war, hatte er noch keine Lust, sich zur Ruhe zu legen. Er begann mit dem Alten zu plaudern, ihn nach seiner Vergangenheit auszufragen. Moses blickte ihn verschmitzt an und sprach:
    »So so, allmächtiger Stellvertreter Gottes, Sie interessieren sich also für jene uralten Zeiten?«
    Pirjeri fragte, ob es stimmte, dass Moses aus dem Stein Wasser geschlagen hatte oder ob es sich im eine jahrtausendealte Legende handelte.
    »Tja, die Sache mit dem Wasser … man muss bedenken, dass ich, um kriegerischen Stämmen auszuweichen, mitmeinem Volk häufig durch karge Gegenden wandern musste. Es mangelte uns ständig an Wasser, die Kamele, die Ziegen und die Menschen litten oft unerträglichen Durst. Da fiel mir ein, dass sich in den alten Rodungsgebieten der Zedernwälder Wasseradern unter der Erde befanden, also Grundwasser zu finden war. Wenn man aufpasste und sich das Gelände genau ansah, konnte man manchmal versiegte Quellen finden. Mein jüngerer Bruder Aaron war darin ebenfalls geschickt. Ich grub oft nachts die Quelle aus und besorgte dann am Morgen dem aufsässigen Volk demonstrativ frisches Wasser: Ich schlug mit dem Hirtenstab an den Stein und murmelte dies und das … und schon war das Wasser da.«
    »Wäre es nicht einfacher gewesen, ein paar junge Männer zusammenzurufen und sie nach den Quellen graben zu lassen, statt selbst über Nacht im Sand zu wühlen?«, fragte Pirjeri.
    »Natürlich, aber die primitiven Völker pflegen Personen zu ihren Königen zu wählen, die ihnen Speis und Trank sichern. Deshalb veranstaltete ich diese Schauspiele mit dem Wasser, sie glaubten, ich hätte göttliche Kräfte, und niemand wagte es, mir meine Stellung streitig zu machen.«
    Pirjeri interessierte sich für die Überquerung des Roten Meeres. Wie hatte das in der Praxis funktioniert? War Gott Moses höchstpersönlich zu Hilfe gekommen bei diesem doch recht phantastischen Unternehmen?
    Moses verriet, dass sie das Rote Meer während der trockenen Phase überquert und sich die Erscheinung der Gezeiten zunutze gemacht hatten. Sie hatten sich trotzdem eine große Zahl von Flößen und Booten bauen müssen, um überzusetzen. Viele der Wüstenwanderer hatten bei dieserGelegenheit schwimmen gelernt. Zusätzlich hatte Moses, wie er erzählte, auch um günstige Winde gebetet, in dieser Sache hatte Gott ihm geholfen. Mit Rückenwind und bei Ebbe waren sie hinübergesegelt. Fast zwei Wochen hatte die Überquerung des Meeres gedauert. Fünfhundert Menschen waren ertrunken, aber nur zwanzig Kamele. Diese Tiere sind ausgezeichnete Schwimmer, mit hoch erhobenem Kopf vermag das Kamel auch bei starkem Wellengang jedes Gewässer zu überqueren, wie groß es auch sein mag. Pirjeri wollte wissen, wie Moses Flöße bauen konnte, wenn doch die Zedernwälder abgeholzt worden waren.
    Die Frage amüsierte den alten Patriarchen ein wenig. Er kannte den Brauch der nordischen Völker, Flöße aus Kiefernbalken zu bauen,

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