Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
wirft einige erregende Fragen auf!«
Als der Artikel erschien, war er bereits von den aktuellen Ereignissen überholt worden. Das Ergebnis der unterdessen erfolgten Obduktion lag vor, und es war eindeutig: »Fremdverschulden«. Also kein Unfall, sondern ein »Tötungsdelikt«.
Der Befund: Der männliche Leichnam wies Verletzungen an beiden Kinnseiten, über der Nase, unterhalb des rechten Auges, auf dem Hinterkopf und an den Kopfseiten auf, hervorgerufen »durch Faustschläge« und einen »stumpfen Gegenstand«, vermutlich »ein Werkzeug«. Ein ähnliches Verletzungsmuster wurde bei dem weiblichen Opfer festgestellt, insgesamt zählten die Rechtsmediziner »sechs schwere Schädelverletzungen mit demselben Gegenstand«. Die Schläge waren mit »enormer Wucht« geführt worden und hatten die Opfer »bewegungsunfähig« gemacht. Allerdings mussten die Opfer »in Tötungsabsicht« malträtiert worden sein, bevor der Wagen im Baggerloch versenkt worden war – man hatte Wasser in ihren Lungen gefunden. Demnach ein »Ertrinkungstod«. Doch auch die Kopfverletzungen waren bei beiden Opfern »so erheblich«, dass sie »unweigerlich zum Tod geführt hätten«. Wann genau Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert Opfer dieser »brachialen Gewalt« geworden waren, wussten die Obduzenten nicht mit letzter Gewissheit zu sagen, doch wurde unterstellt: »Die Ereignisse dürften zwischen 20 und 25 Minuten vor Todeseintritt stattgefunden haben.«
In Erstaunen versetzte die Mitglieder der achtköpfigen Mordkommission die Tatsache, dass bei den Opfern »keine Abwehrverletzungen« nachzuweisen waren. Das Paar hatte sich offenbar überhaupt nicht gewehrt. Das war eigenartig.
Die Ermittlungen gestalteten sich äußerst schwierig. Mittlerweile waren mehr als vier Wochen vergangen, und am Tatort konnten keine »verwertbaren Spuren« gefunden werden, das Wasser hatte sie einfach weggespült. Zudem rätselten die Ermittler, warum das Paar umgebracht worden war. Habgier erschien wenig plausibel, da weder Uhren noch Schmuckstücke geraubt worden waren. Und in der Brieftasche von Mehnert fanden die Ermittler 24 Mark und 15 Pfennig Hartgeld, im Portemonnaie seiner Verlobten waren es dreiunddreißig Pfennig. Scheingeld war indes nicht mehr vorhanden gewesen, das konnten die Opfer allerdings auch zuvor beim Besuch des Restaurants ausgegeben haben.
Die Kriminalisten waren davon überzeugt, dass die Opfer am Baggerloch überrascht und dort getötet worden waren. Der Mörder – es wurde heftig und kontrovers darüber diskutiert, dass es durchaus auch zwei oder mehr gewesen sein konnten – musste sich zudem im nördlichen Stadtgebiet bestens ausgekannt haben. Denn in der Tatnacht war es sehr neblig und dunkel gewesen. Die Kiesgrube aber lag abseits von öffentlichen Straßen; jemand, der mit diesem Gebiet nicht vertraut war, hätte das Baggerloch bei diesen Witterungsbedingungen niemals finden können. Der Täter musste den Wagen schließlich rückwärts die Böschung hinuntergeschoben haben, da das Auto mit der Front nach vorne wieder herausgezogen worden war.
Der Presse gegenüber gaben sich die Ermittler zunächst recht wortkarg. Horst Lemper, der Leiter der Mordkommission, sprach von einem »rätselhaften und einmaligen Mordfall«. Zur Begründung sagte der 48-jährige Hauptkommissar: »Dieser Doppelmord ist ein wirklich einzigartiger Fall. Es gibt in der jahrzehntelangen Praxis unserer Beamten und in der bekannten Kriminalliteratur nichts Ähnliches.« Um die Bevölkerung zu mobilisieren und »das Hinweisaufkommen zu erhöhen«, wurde durch den Polizeipräsidenten eine Belohnung in Höhe von 3000 Mark ausgesetzt.
Ein (fast) perfekter Mord. Das Verbrechen wäre höchstwahrscheinlich niemals aufgedeckt worden, wenn nicht der Wasserspiegel der Kiesgrube nach einer ungewöhnlich langen Trockenperiode um 30 bis 35 Zentimeter gesunken wäre. Es hätte nur noch einige Tage gedauert, bis das Baggerloch endgültig zugeschüttet worden wäre. Allen Beteiligten war klar, dass man es mit einem äußerst kaltblütigen und gewaltbereiten Täter zu tun bekam, der sehr sorgfältig und spurenarm agierte, dessen abgründige Passion vollends mysteriös blieb. Die Ausgangsposition der Düsseldorfer Kripo bei diesem »Doppelmord ohne Spur« konnte schlechter nicht sein.
Das änderte sich aber schon bald. Als die Kraftfahrzeugsachverständigen ihre Gutachten vorstellten, musste man in Reihen der Ermittler umdenken und die ersten Annahmen revidieren. Die
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