Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
nach dem Verschwinden von Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert, verließ in den späten Nachmittagsstunden ein mit Schutt beladener Lastwagen das Düsseldorfer Stadtgebiet. Am Steuer saß der Fuhrunternehmer Hermann Rosell. Die Ladung war für eines der achtzehn riesigen Baggerlöcher bestimmt, die wie Krater am nördlichen Rand der Landeshauptstadt lagen. Der 44-Jährige hatte den Auftrag erhalten, jenes Baggerloch mit Schutt zu füllen, das sich im Wald von Kalkum befand, ganz in der Nähe des ehemaligen Militärflugplatzes Düsseldorf-Lohausen. Das Baggerloch konnte nur über eine Rollbahn erreicht werden, über die im Krieg Jagdflugzeuge vom Flughafen in den Wald gebracht worden waren.
Nachdem Rosell die Ladung in das Baggerloch gekippt hatte, stutzte er: Da blinkte etwas, in der Mitte des aufgewühlten Wassers. Rosell kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, was die Sonnenstrahlen reflektiert hatten. Es musste großflächig sein, dunkelfarbig, ganz dicht unter der Wasseroberfläche liegen. Mehr war nicht auszumachen. Rosell hätte auch Feierabend machen und diese Belanglosigkeit sofort wieder vergessen können. Aber der Mann war neugierig geworden. Er nahm einen dicken Stein und schleuderte ihn dorthin, wo er eben noch etwas gesehen zu haben glaubte. Nichts. Daneben. Rosell griff nach einem zweiten Stein und warf. Treffer. Es klang metallisch und hohl. Er schnappte sich noch vier oder fünf Steine und schmiss sie unterschiedlich weit ins Wasser, um herauszufinden, wie groß das Ding war. Er überlegte kurz. Dann war er überzeugt – es musste das Dach eines Autowracks sein, und er hatte die glänzenden Chromverzierungen gesehen.
Rosell rechnete hoch, wie viel ein ausgeschlachteter Wagen bringen würde. Dann machte er sich daran, das Wrack mithilfe eines Schleppseils und seines schweren Lastwagens zu bergen. Als Rosell den Wagen langsam aus dem Wasser herauszog und die ersten Konturen sichtbar wurden, war er völlig überrascht. Das Auto war fast fabrikneu, offenbar ein Ford, hellblau. Als der zweitürige Wagen schließlich am Ufer stand, sah Rosell, dass die Fensterscheiben vorne links und hinten rechts zertrümmert waren. Seine nächste Entdeckung aber ließ ihn erstarren: Auf dem Rücksitz lagen zwei Leichen!
Rosell lief zur Oberförsterei und alarmierte von dort aus die Polizei. Eine halbe Stunde später trafen vier Wagen der Düsseldorfer Kripo am Baggerloch ein. Die Beamten inspizierten das Auto und seine Insassen. Es war ein grauenhafter Anblick, der auch hart gesottene Kriminalisten schaudern ließ: Die Leiche der Frau lag schräg auf der Sitzbank, der tote Körper des Mannes war über sie gebeugt. Die Leichen wiesen keine gröberen Verletzungen auf. Nur der Mann hatte sichtbare Wunden über der Nase und an einem Auge.
Schnell keimte der Verdacht auf, es könne sich um das vermisste Liebespaar handeln. Alter und Aussehen schienen mit den bekannten Personenbeschreibungen übereinzustimmen. Und genauso schnell kam die Bestätigung, nachdem man das polizeiliche Kennzeichen überprüft hatte – in den amtlichen Unterlagen war Heinz Mehnert als Eigentümer vermerkt. Letzte Zweifel wurden durch die Gravur eines Ringes beseitigt, der an der linken Hand der weiblichen Leiche steckte: »10.08.55 Wilfried«.
Der erste Eindruck sprach für einen Unglücksfall. Man vermutete, dass Mehnert in der Dunkelheit den Wagen unwissentlich zu nahe am Ufer des Baggerlochs geparkt hatte und schließlich die sechs Meter tiefe Böschung hinuntergerutscht war. Weil Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert auf dem Rücksitz gesessen hatten, war ihnen keine Möglichkeit geblieben, rechtzeitig die Bremsen zu erreichen. Vermutlich hatten beide noch verzweifelt versucht, sich zu befreien und dabei die Fensterscheiben zerschlagen, waren dann aber ertrunken. Die Gesichtsverletzungen bei Mehnert führten die Kriminalisten auf die Steinwürfe des Zeugen Rosell zurück – drei dicke Steine hatten das Wagendach durchschlagen.
Am nächsten Tag meldete der Mittag: »Totes Brautpaar im Baggerloch«. Zur Ursache der Tragödie hieß es: »Es ist nicht zu vermuten, daß sie freiwillig den Tod auf diese grauenvolle Weise gesucht haben. Vielleicht stand der Wagen am Rande und rutschte ab. Die Kriminalpolizei steht vor einer schwierigen Aufgabe. Parkte der Wagen vielleicht am Baggerloch und setzte sich plötzlich – weil eventuell die Bremsen nicht fest genug angezogen waren – in Bewegung? Der Tod dieses Brautpaares
Weitere Kostenlose Bücher