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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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Pistole von Reichenstein knacken hörten. Ich sehe die Herren Sachverständigen bereits schmunzeln. Sie müssen genau berichten, Büning. Sonst glaubt man Ihnen nichts!«
    Darauf der Angeklagte: »Es ist so furchtbar …«
    Wieder intervenierte sein Anwalt energisch: »Die Geschworenen wissen doch nicht, was passiert ist. Nun erzählen Sie doch, wie es gewesen ist! Sagen Sie dem Gericht, was im Wald eine glimmende Zigarette bedeutet und wie Herr Reichenstein schießt!«
    Büning wandte sich wieder dem Vorsitzenden zu. Stockend und mit kaum hörbarer Stimme erklärte er schließlich: »Der Reichenstein schoss verdammt gut. Im Hüftanschlag traf er mit der Pistole eine schwingende Konservenbüchse. Ich hatte furchtbare Angst, dass er wieder sofort schießt – wie bei Dr. Stürmann …«
    »Und was passierte dann?«
    »Reichenstein richtete seine Taschenlampe auf die Pistole und anschließend auf den Mann und die Frau vor uns. Die Frau sprang sofort auf und lief in Richtung Straße davon. Reichenstein hat mir dann befohlen: ›Los, hinterher. Wenn du sie hast, knall sie ab. Halt ihr die Pistole unter die Haare, dann hört man es nicht …‹ Büning brach erneut ab. Im Saal herrschte gebannte Stille. »Als ich die Frau erreichte«, fuhr der Angeklagte fort, »habe ich sie am Arm festgehalten. Sie hatte immer noch die Zigarette in der Hand. Ich wollte die Frau zwingen, die Zigarette wegzuwerfen, damit sie für Reichenstein kein Ziel mehr abgab.«
    Reichenstein lachte laut auf. Ganz gegen seine Gewohnheit hatte er nicht mitgeschrieben, sondern seinem Erzfeind genau zugehört.
    »Aber die Frau hörte nicht auf mich. Da habe ich ihr ein paar Ohrfeigen gegeben. Aber ihre Zigarette brannte immer noch. Sie rief, ich könnte alles von ihr haben. Aber ich wollte ja gar nichts. Ich selbst bin bei dem Überfall doch der Kugelfang gewesen. Ich stand genau zwischen Reichenstein und der Frau. Dann dachte ich, versuch es mal mit der Pistole …«
    Dr. Näke hakte nach. »Wenn Sie die Frau retten wollten, warum haben Sie sie dann geschlagen?«
    Schweigen.
    »Herr Büning, warum haben Sie die Frau geschlagen?«
    Der Angeklagte trotzig: »Das habe ich doch schon gesagt. Die Zigarette. Ich wollte, dass sie die ausmacht – wegen Reichenstein. Eine brennende Zigarette im dunklen Wald ist das beste Ziel für einen Schützen wie Reichenstein.«
    Aber alle im Gericht merkten den Haken an der Geschichte. Denn: Reichenstein hatte trotz sich bietender Gelegenheit nicht geschossen. Er hatte vielmehr den Freund der Frau in Schach gehalten – und auch dabei nicht abgedrückt.
    »Als ich zurückkam, hat Reichenstein gebrüllt: ›Los, nimm ihm die Brieftasche ab!‹ Seine Stimme war schrill, er schien wieder ganz verwandelt, wie ein Tier. Ich hatte Angst. Ich schrie: ›Nein, lass, komm, komm, weg hier!‹ Und dann sind wir weggelaufen.«
    Dem Vorsitzenden genügte das nicht: »War da nicht noch etwas?«
    Büning, der immer dann, wenn es eng und unbequem für ihn wurde, auf sein schlechtes Gedächtnis verwies, erinnerte sich: »Ja, aber erst ganz zum Schluss kam ein Motorrad.«
    Dr. Näke nickte. Dann sagte er: »Sie wissen, dass die beiden Überfallenen als Zeugen hier aussagen werden. Die Frau hat bisher angegeben, nur der näher kommende Motorradfahrer habe sie gerettet. Und sie glaubt immer noch, dass Sie ihr etwas zuleide tun wollten …«
    »Ich wollte sie vor Reichenstein schützen!«, protestierte Büning. »Ich habe sie ja nur ganz leicht geschlagen.«
    Der Vorsitzende darauf süffisant: »Nun, der Frau hat’s gereicht, nicht wahr?«
    Einige Zuschauer lachten.
    Dr. Näke fügte hinzu: »Fest steht, dass Reichenstein dem Mann überhaupt nichts getan hat.« Der Vorsitzende versuchte, den jetzt aufhorchenden Angeklagten zu provozieren.
    Doch von solcher Entlastung wollte Reichenstein nichts wissen. »Büning lügt. Ich habe mit der Sache nichts zu tun«, beschied er den Richter kühl.
    Büning war kein glänzender Kronzeuge. Kaum jemand wusste exakt einzuschätzen, ob der unscheinbare Mann primitiv, krank oder verschlagen war. Das Gericht musste bei seiner Vernehmung immer wieder Rücksicht auf dessen labilen Gesundheitszustand nehmen und legte Pausen ein. Der noch in der Untersuchungshaft von Medikamenten abhängig gewesene Büning wirkte angegriffen und angreifbar. Einmal entschuldigte er sich: »Meine Erinnerung hat in bestimmten Punkten nachgelassen, weil ich nichts mehr bekomme. Wenn ich die Tabletten noch kriegte, könnte ich alles

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