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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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Sollte der verbrecherische Habitus Reichensteins großgeschwafelt, der eigene hingegen kleingeredet werden? Alles nur Strategie?
    Auch Dr. Näke meldete Zweifel an. Während dieser unheimlich anmutenden Schilderungen fragte der Vorsitzende den blassen Büning immer wieder: »Warum ließen Sie sich denn alles gefallen?«, und bekam stets von neuem dieselbe Antwort: »Mir war schon alles egal. Ich war betäubt von den vielen Tabletten, die mir Reichenstein gab, und völlig durcheinander, weil ich solche Angst vor ihm hatte und immer an den erschossenen Dr. Stürmann denken musste. Mir wäre mein Tod damals willkommen gewesen.«
    Diese Aussagen erschienen ähnlich dubios wie ein Indiz, das Reichenstein erstmals mit dem Doppelmord an Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert in Verbindung brachte: In einer nebligen Nacht habe ihm Reichenstein, der von ihm vorher mit seinem Wagen an einer bestimmten Stelle abgesetzt worden sei, an etwa der gleichen Stelle gegen Mitternacht eine Pistole übergeben mit der Anordnung, sie »sauber zu machen«. Mit der Waffe sei zwar nicht geschossen worden, am Griff hätten sich jedoch »gelbe Lehmreste« befunden. Und im Gesicht des Hauptangeklagten wollte Büning »feine Blutspuren« erkannt haben.
    Warum ihm Reichenstein ausgerechnet eine Pistole zur Säuberung übergeben haben sollte, die gar nicht benutzt worden war und demzufolge gar keiner Sonderbehandlung bedurft hätte, konnte Büning jedoch nicht erklären. Aber dafür fand er das Verhalten Reichensteins auffällig: »Er war so ungewöhnlich freundlich zu mir. Das war eigentlich immer nur dann so, wenn ihm irgendetwas besonders gut gelungen war.«
    Wesentlich auskunftsfreudiger zeigte der Angeklagte sich, als er erklären sollte, wie er darauf gekommen war, dass dieser Vorfall sich in genau jener Nacht ereignet hatte, in der das Liebespaar ermordet worden war. Büning dazu: »Schon damals bekam ich den Verdacht, dass Reichenstein ein Verbrechen begangen hatte. Deshalb schaute ich am nächsten Tag in der Zeitung nach. Dabei fand ich aber nur die Mitteilung, dass in der Konkordiastraße ein Mädchen vergewaltigt und schwer verletzt worden war. Das sagte ich später der Kripo bei einem Verhör, und die suchten den Artikel.« Und es konnte festgestellt werden, dass dieses Sexualverbrechen tatsächlich in der Nacht zum 1. November 1955 verübt worden war. Doch ließ sich nicht belegen, ob die übrigen Angaben des Angeklagten auch zutrafen.
    Allerdings gab es auch handfeste Beweise für die Büning’schen Gruselgeschichten. Als Reichenstein in Haft kam, entdeckte die Kripo im Keller seines Häuschens ein komplett eingerichtetes chemisches Laboratorium. Dort stieß man auch auf die von Büning beschriebenen Gummiblasen, Kanülen und Spritzen. An zwei Kanülen sowie im Inneren einer Spritze konnten durch Experten des Bundeskriminalamtes eindeutig Reste von Zyankali nachgewiesen werden. Zudem konnten eine Reihe von Verstecken gefunden werden, in denen Reichenstein ein ganzes Waffenarsenal verborgen hatte. Auch dort fand man eine Spritze mit Spuren von Zyankali. Und schließlich lieh sich der Angeklagte in der Düsseldorfer Stadtbibliothek unter falschem Namen Fachliteratur aus, die Titel waren mittlerweile aktenkundig: »Handatlas und Lehrbuch der Anatomie des Menschen«, »Narkose«, »Grundlage der Narkose in Theorie und Praxis«, »Die Schmerzverhütung bei chirurgischen Eingriffen«, »Genuß und Betäubung durch chemische Mittel«.
    An diesen Tatsachen kam auch Reichenstein nicht vorbei. Doch er zeigte sich bestens präpariert. »Ich habe mich seit 1950 mit der Chemie beschäftigt«, erläuterte er nicht ohne Stolz. »Mich interessierte diese Wissenschaft, von der ich in der Schule nichts gelernt hatte. Ich besorgte mir deshalb Fachliteratur und die Grundstoffe, die zu den einfachsten Versuchen nötig sind. Bünings Geschichten vom Hund und der Katze sind frei erfunden. Gewiss, ich habe selbst Blausäure hergestellt. Das geschah aber aus rein wissenschaftlichem Interesse. Ich gab Büning etwas davon ab, um damit Eier zu vergiften, die er gegen Raubzeug auslegen wollte. Später habe ich auch Zyankali auf der Grundlage von Blausäuregas und Kalilauge selbst erzeugt.«
    »Alles nur zu Studienzwecken?«, Dr. Näke blieb misstrauisch. »Und die Spritzen?«
    »Ja, ich besorgte mir eine Spritze, um die Gewehrläufe mit Äther zu behandeln, wenn ich in meiner Wohnung bastelte.« Reichenstein blieb keine Erklärung schuldig, seine Antworten

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