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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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wurde Reichenstein zu den Einweck-Gummiringen und der Hanfschnur befragt, die man in einem seiner Verstecke entdeckt hatte und von jener Art und Beschaffenheit waren, wie die an der Leiche von Helga Kortmann gefundenen. Sein Kommentar: »Ich habe dazu nichts weiter zu sagen, als dass mit einem Bindfaden aus meinem Besitz ein Fräulein Kortmann nicht gefesselt worden ist und ich kein Verbrechen begangen habe. Ich habe die Sachen, die später am Büdericher Friedhof gefunden worden sind, lange nach dem Verbrechen an Seiffert und Kortmann verloren.«
    Hier und da wurde im Zuschauerraum getuschelt, gelächelt, gegähnt. Die Stimmung unter den Besuchern war nach den ersten Prozesstagen nun völlig umgeschlagen. Die meisten von ihnen waren Frauen und lachten höhnisch, schrien auf oder seufzten empört, wenn Reichenstein wieder mal eine gegen ihn gerichtete Zeugen- oder Sachverständigen-Aussage bestritt oder zu zerpflücken versuchte. So gebärdete und offenbarte sich nicht die Unschuld. Der überwiegende Teil des Publikums hatte sein Urteil bereits gefällt: Das Hassobjekt Erwin Reichenstein hatte alle fünf Opfer ermordet. Wer sonst!
    Im Mittelpunkt der schwierigen Beweisaufnahme standen abermals die vielen »Zufälle«, auf denen die Reichenstein’sche Verteidigung fußte. Er blieb aber bei seiner Behauptung, den Einbruch in das Geschäft des Uhrmachers Gustav Thören am 27. Januar 1956 in Büderich nicht verübt, sondern »zufällig« die Beute gefunden zu haben. »Zufällig« sollen ihm die verschiedenen Waffen und Schmuckstücke auch wieder gestohlen worden sein, und zwar, nachdem er sie wasserdicht eingepackt habe, aber bevor er sie selbst habe vergraben können. Ebenfalls »zufällig« habe »irgendein Unbekannter« einen Teil der Beute ausgerechnet dort verbuddelt, wo er sonst belastende Dinge zu verstecken pflegte – auf einem alten Friedhof.
    »Sind das nicht etwas zuviel Zufälle?«, hielt der Vorsitzende dem Angeklagten vor.
    Reichenstein gab sich kämpferisch: »Wenn Sie mich der Lüge überführen wollen, müssen Sie mir schon das Gegenteil beweisen.«
    Warum Reichenstein auf dieser verworrenen und wenig glaubhaften Geschichte beharrte, lag auf der Hand: Zwischen Waffen und Schmuckstücken waren dicke dunkelgraue Gummiringe und ein Stück Hanfschnur gefunden worden. Und mit »artgleichem Material« war Helga Kortmann gefesselt und geknebelt worden. Reichenstein wollte deshalb mit diesem Versteck partout nicht in Verbindung gebracht werden.
    Dann schilderte ein Kriminalbeamter, wie Reichenstein nach seiner Festnahme durch den Oberrevierjäger Spath zunächst »jede Aussage verweigert« habe und dann, in die Enge getrieben, »vier verschiedene Darstellungen« über die Herkunft der bei ihm gefundenen Waffe und des Motorrades gegeben habe. Als die Ermittler schließlich in unmittelbarer Nähe des Festnahmeortes eine vergrabene Milchkanne entdeckt hätten, in der Waffen und Munition versteckt gewesen seien, habe Reichenstein vorgeschützt, die Kanne samt Inhalt erst am Tag seiner Inhaftierung vergraben zu haben. Der Haken dabei: Um die Milchkanne herum hatten sich schon Wurzeln gebildet.
    Staatsanwalt Scherf ergriff die Initiative: »Warum haben Sie denn die Gummiringe und die Injektionsspritzen überhaupt vergraben? Es ist doch sehr ungewöhnlich, Dinge zu verstecken, die man ohne Weiteres besitzen darf, nicht wahr?«
    Reichenstein hatte Mühe, sich zu beherrschen, als er antwortete: »Dieser Vorhalt ist unberechtigt! Was soll die Frage nach meinem Zyankali, wo doch feststeht, dass damit kein Verbrechen begangen wurde?« Mit etwas ruhigerem Ton ergänzte er: »Es hatte keinen besonderen Grund, wenn ich Waffen mit den anderen Sachen zusammen verpackte.«
    »Warum haben Sie an diesem Tag diesen Runddolch mitgeführt?«, fragte der Ankläger weiter.
    »Das hatte nichts zu bedeuten«, entgegnete Reichenstein tonlos. »Ich nahm den Dolch auch zur Arbeitsstätte mit, wie andere ihr Taschenmesser.« Dann fügte er scharf hinzu: »Ich habe schon einmal gesagt, ich habe damit kein Verbrechen begangen!«
    Prompt kam die nächste Frage: »Und weshalb trugen Sie eine Pistole P 38 bei sich?«
    »Um sie zu skizzieren.«
    Höhnisches Gemurmel und Gelächter im Sitzungssaal.
    Dr. Näke mischte sich ein: »Aber die Waffe war doch geladen!«
    Der Angeklagte konterte: »Ja, ich wollte außerdem auf dem Heimweg Schießübungen veranstalten.«
    Der Vorsitzende wurde sehr ernst und betonte jetzt jedes Wort: »Reichenstein, Sie

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