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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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zerlesene Wirtschaftszeitungen: Wall Street Journal. Capital. The Economist. FAZ. Financial Times. Das Bettzeug erkannte Sebastian Koch auch wieder. Es war der gleiche Bettbezug, in dem auch Antonia Jungbluth schlief, ergo stammte es aus dem Schlafzimmer der Eheleute. Auf einem Tisch, an dem sonst Gäste saßen, wenn sie einen Moment Ruhe wollten, um womöglich eine E-Mail zu schreiben, eine Postkarte oder einen Brief, stand ein benutzter Teller mit Krümelresten. Ein halb volles Weinglas, daneben eine Wasserkaraffe. Georg Jungbluth hatte hier abends noch gesessen und etwas gegessen. Er mied die Küche.
    Der Mann war in seiner Wohnung nicht mehr zu Hause, er hatte sich nach hier hinten ins Exil zurückgezogen, hier spielte sich sein Leben ab. Dieses Zimmer, das konnte Sebastian Koch klar ablesen, stand für mehr als für ein, zwei getrennte Nächte von Eheleuten, die kurz separat schlafen, um mal ihre Ruhe zu haben. Weil der Partner leider schnarcht. Oder so unruhig schläft. Sebastian Koch holte zum zweiten Mal seine kleine Digitalkamera heraus und begann zu fotografieren.
    Im Bad fand sich alles Weitere. Jungbluths Zahnbürste, sein Rasierapparat, sein Shampoo - speziell für kräftiges männliches Haar - stand in der Dusche.
    Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Sebastian Koch. Er wusste, er war auf der richtigen Spur. Er hatte gleich geahnt, die Jungbluths würden ihm noch viele Schlagzeilen liefern. Ihre Ehe - eine Lüge. Die Schwangerschaft? Vermutlich auch eine Farce. Sebastian Koch zuckte bei dem Gedanken zusammen. Welche Frau ging so weit, eine falsche Schwangerschaft zu behaupten?
Das fand sogar er als Boulevardredakteur unmoralisch. In einer spontanen Gewinnerpose ballte er die Fäuste. Das war so verdammt unmoralisch, dass es einen Titel hergab. Mit dieser Geschichte hatte er die Chance, auf die Seite 1 zu kommen. Aufmacher! Dann war Schluss mit seinem Jungredakteurs-Status. Er würde sich diese Geschichte vergolden lassen.
    Er musste allerdings, das war klar, die Geschichte hart kriegen. Alles, was er bislang hatte, waren Hinweise, starke Indizien, aber mehr auch nicht. Er würde sich im Umfeld der Jungbluths umhören müssen - die Sekretärin von Georg Jungbluth oder, noch besser, die Sprechstundenhilfe von Antonia Jungbluths Gynäkologen. Das war seine Spezialität. Er begann kurze Affären mit Sprechstundenhilfen, Notarsgehilfinnen, Sekretärinnen, und schwuppdiwupp lieferten die Mädchen ihm alle Informationen, die er brauchte. So hatte er doppelte Freude - er kriegte einen netten Beischlaf umsonst und dazu noch reichlich Fakten. Die Sprechstundenhilfe würde aus der Akte sofort ersehen können, ob Antonia Jungbluth schwanger war oder nicht. Es war ein kurzer Blick in den Computer.
    Wo war ihr Arbeitszimmer? Sebastian Koch wusste, ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Das Fernsehinterview dauerte nicht ewig. Aber er musste ihr Adressbuch finden - er war sicher, eine Innenarchitektin wie sie, eine Verfechterin des kühlen Designs, würde ihren Gynäkologen ordentlich unter »G« eingetragen haben. Er betrat wieder den Flur, es blieb nur noch eine ungeöffnete Tür. Tatsächlich, dies musste ihr Arbeitszimmer sein. Der Boden teures Parkett, die Wände dagegen roh - unverputzter Beton, was dem Zimmer eine sehr eigenwillige Note verlieh. Der Schreibtisch stand vor dem großen Panoramafenster, dessen Blick direkt auf die Plattenbauten der Leipziger Straße und den Fernsehturm dahinter ging. Was für ein Arbeitszimmer! Sebastian Koch spürte Neid in sich hochkriechen. So wollte er
auch leben, auch arbeiten. Was für Texte würde er unter solchen Bedingungen schreiben. Andere Texte. Große Texte. Kein Boulevard. Aber er wusste, nur wenn diese Geschichte mit den Jungbluths der Knaller wurde, nur dann hatte er eine Chance, ein ganz Großer zu werden und viel Geld zu verdienen. Dann würde er in eine Wohnung wie diese einziehen. Und danach, danach wäre alles möglich. Zielstrebig trat er an Tonis Schreibtisch. Ein großes Stück gebogenes Feinblech, mit falschem Furnier beklebt und mit ausgestanzten floralen Elementen an der Seite. Er fuhr mit den Fingern über das falsche Furnier. »Cooler Tisch«, murmelte er. Sebastian Koch hatte keine Ahnung, dass dies der Tisch war, den Toni entworfen hatte - ursprünglich als Couchtisch, doch als Sonderanfertigung für sich selbst als Schreibtisch. Dann griff er sich das in Moleskin geschlagene Adressbuch, das neben dem Laptop lag.
    Wie oft hatte Georg seine Frau ermahnt,

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