Der Liebespakt
Negligé um die Ecke.
»Erst deine Sekretärin, dann deine Frau. Kommt deine Mutter heute auch noch vorbei, Georg?« Karolines Ton war schneidend.
»Also doch«, Tonis Stimme klang fast erleichtert. Dort stand Karoline vor ihr, eindeutig für einen Beischlaf gerüstet. Unter dem Negligé schimmerte ein zartes Höschen hindurch. Karoline hat wirklich eine unverschämt gute Figur, dachte Toni. Was für Beine. Allerdings war ihr Gesicht hässlich, verzerrt von Wut.
Nun erschien Georg hinter ihr, er trug zwar Hemd und Hose, doch die Hose war halb geöffnet, und die beiden Gürtelenden hingen herunter.
»Hallo, Toni«, sagte Georg müde. Er wirkte sonderbarerweise überhaupt nicht überrascht.
»Wie ist sie hereingekommen, Georg? Warum trägt deine Frau unsere Schlüsselkarte in der Hand?« Karoline wirkte so, als würde sie gleich explodieren.
»Das ist ein Generalschlüssel«, verbesserte Toni.
»Sie hat hier mal gearbeitet. Genau genommen hat sie das Hotel eingerichtet. Ich vermute, sie hat noch ganz guten Kontakt hierhin«, sagte Georg.
»Du schläfst mit mir in einem Hotel, das deine Frau ausgestattet hat?«, fragte Karoline fassungslos.
»Es sieht gut aus«, gab Georg zu bedenken.
»Danke«, sagte Toni.
»Und lässt deine Sekretärin das Zimmer für uns buchen!«, schob Karoline hinterher. Sie brüllte fast.
»Ach, deswegen sind Sie auch hier«, wandte sich Toni interessiert an Frau Schurz.
»Ich musste Ihrem Mann dringend etwas sagen. Sein Handy war ja leider ausgeschaltet. Aber er muss einschreiten - Peter von Randow intrigiert gegen ihn. Die russische Delegation ist plötzlich abgereist, ohne den Vertrag unterschrieben zu haben. Jetzt sagt Randow, das sei Herrn Jungbluths Schuld. Er kümmere sich zu wenig um die Geschäfte, sei nur noch an seinen Medienauftritten interessiert«, berichtete Frau Schurz.
»Dabei hat er mich von der Verhandlung ausgeschlossen, das Schwein. Hat gesagt, dies sei sein letztes großes Geschäft. Diesen Triumph wolle er allein genießen. Ich habe ihm den Gefallen getan und bin gegangen - und jetzt dreht er mir genau daraus einen Strick.«
»Du hättest ja auch im Konzern bleiben können, anstatt ins Hotel zu gehen, um deine Geliebte zu vögeln. Dann hätte es nicht so nach Desertion ausgesehen«, sagte Toni.
»Allerdings ist heute Mittwoch«, gab Frau Schurz zu bedenken.
»Da haben Sie auch wieder recht«, stimmte Toni zu. »Mittwochs ist ja der Fremdgehtag.«
»Ich bin nicht irgendeine Geliebte«, keifte jetzt Karoline. »Ich bin seine …«, sie schaute Georg hilfesuchend an.
»Na ja, rein juristisch gesehen bist du schon meine Geliebte. Schließlich bist du selbst noch verlobt.« Voller Wut stieß ihn Karoline von sich weg und dampfte in den hinteren Teil des Schlafzimmers ab, den Frau Schurz und Toni nicht einsehen konnten. Georg merkte, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hastete hinter Karoline her. »Du bist mein Booster. Meine Stoßwelle. Mein Stormbird«, versuchte er Boden gutzumachen. Doch offensichtlich ließ sich Karoline nicht aufhalten. Sie schoss nun ein zweites Mal um die Ecke Richtung Bad - dort, wo Toni und Frau Schurz noch standen -, diesmal mit ihrer Kleidung in der Hand.
»Würden die beiden Stalkerinnen einen Schritt zur Seite treten, damit ich ins Bad kann«, schnauzte Karoline die beiden Frauen an.
Frau Schurz und Toni konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es ist immer erstaunlich, wie solidarisch zwei verfeindete Frauen werden, sobald sie einer dritten, halb nackten gegenüberstehen. Karoline mochte eine Topfigur haben, jetzt, in ihrem hauchzarten Nichts, war sie nichts weiter als eine Unglückliche, die bei jeder Frau sofort den unwiderstehlichen Reiz auslöste, lange und ausführlich über sie zu lästern. Besonders, da man sie nicht mochte. Frau Schurz war es schon immer aufgestoßen, wie herablassend sie von Karoline behandelt wurde. Das zumindest hatte Antonia Jungbluth nie getan.
Karoline schlug lautstark die Tür zu.
»Was ist eigentlich ein Booster?«, fragte Frau Schurz in die Stille hinein.
»Ein Booster ist ein extrem effektiver Raketenantrieb, der Raketen ins All … ach, was wissen Sie schon. Lasst mich mal durch.« Georg schob unwirsch seine Frau und seine Sekretärin zur Seite. Er klopfte an die Tür. »Karoline, bitte reg dich nicht so auf. Lass mich kurz rein. Es war richtig, dass Frau Schurz vorbeigekommen ist, ich muss da reagieren. Und Toni, tja, Schätzchen, sie ist halt meine Exfrau, ein Wunder, dass nicht
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