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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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Tür an Tür wohnte, gab es keinen Grund, dass man sich noch gegenseitig beim Zähneputzen zuhören musste. Ihr war schlecht. Im Magen hatte sich ein riesiger schwerer Klumpen gebildet. Sie nahm ihre Hand hoch und hielt den schwarzen Generalschlüssel vor den Türöffner. Die Tür machte sehr leise »Klick«, und ein kleines grünes Licht leuchtete auf. Leise drückte Toni die Klinke nach unten.
    621 war keine Suite, Toni wusste das, aber es war eines der schönsten Zimmer, denn es hatte eine Fensterfront über Eck. Man musste allerdings um eine Ecke gehen, um in den Schlafbereich zu gelangen. Verrückt, ich habe den Raum genau vor Augen, dachte Toni. Sie hatte ihn schließlich eingerichtet. Sie sah die Glaswände bis auf den Boden vor sich, die auf der einen Seite den Blick freigaben über die Dächer des Szene-Bezirks Friedrichshain und auf der anderen auf die kanalisierte Spree mit dem Badeschiff weiter oben. Der Ausblick war roh, industriell. Das liebten gerade die jüngeren Gäste. Damit nicht jedes Touri-Schiff von draußen beobachten konnte, was im Hotelzimmer vor sich ging, hing eine Fransengardine vor dem Glas, die von innen die Sicht kaum behinderte, aber Blicke von außen abhielt. Man lag - erinnerte sich Toni - auf dem breiten, sehr flachen Bett und fühlte sich wie der König von Berlin.

    Das Bett. Da würden sie wohl drinliegen. Hoffentlich, dachte Toni. Ihr kamen plötzlich Filmszenen in Erinnerung, »Tokyo Decadence«. Eine außergewöhnlich hübsche, zarte japanische Prostituierte stand in schwarzem Bustier, Stringtanga und halterlosen Strümpfen mit gespreizten Beinen an der Glasfront eines Nobelhotels und schaute über das nächtliche Tokio. Was, wenn sie jetzt Dinge zu sehen bekäme, die ihr nie im Traum eingefallen wären? Womöglich hatten die beiden ein ganz eigenwilliges, erfülltes Sexleben. Würde sie sich dann wie ein kleines Mädchen fühlen und fortschleichen?
    Leise schloss sie die Tür. Aus dem hinteren Teil des Zimmers, wo das Bett stand, war weiterhin nichts zu hören. War hier niemand? Waren sie womöglich im Bad? Wieder wurde Toni schwindelig. Sie musste sich am Wandschrank abstützen. Dabei fiel ihr Blick auf den kleinen Stromkasten, in den man seinen Zimmerschlüssel stecken muss, damit Licht und Steckdosen funktionieren. Es steckte eine Karte darin. Irgendjemand musste hier sein.
    Warum schleiche ich so?, fragte sie sich, während sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Jetzt bog sie um die Ecke, ein schmaler Flur tat sich auf, rechts war das Bad. Vom Bett war noch nichts zu sehen, es stand hinter der nächsten Ecke. Aber es war jetzt hörbar, dass sich dort Menschen bewegten. Sie erkannte das Rascheln von Stoff. Zogen die beiden sich an? Oder schon wieder aus? Nein, vermutlich an - schließlich waren sie ja schon über eine Stunde hier. Sex ist doch eher eine kurzweilige Angelegenheit.
    Sex. Eine Welle von Übelkeit stieg in ihr hoch. Warum wollte sie sich diesen Anblick von Georg und Karoline antun? Toni lehnte sich an die geschlossene Badezimmertür und versuchte, klar zu denken. Noch konnte sie sich umdrehen und leise aus dem Zimmer gehen, ohne eine Szene. Was genau sollte sie
gleich brüllen? »Ich habe euch ertappt!« oder »Ihr Schweine, wie könnt ihr nur«? Mit dem Hinterkopf stieß sie sacht mehrmals an die Badezimmertür, als wolle sie ihren Gedanken leichte Stöße versetzen, um sie wieder zu ordnen. Toni war ratlos, was sie tun sollte - weitergehen oder hinaus? Wieder haute sie sanft, kaum hörbar mit dem Kopf an die Tür.
    Die öffnete sich daraufhin. Toni fiel fast hinterrücks ins Badezimmer, doch ein Frauenarm fing sie auf, sie roch das Parfum, eine sehr damenhafte Note, sah auf die Hand und dachte noch - wo ist der Verlobungsring? Zieht Karoline ihn tatsächlich zum Tête-à-tête mit Georg ab? Toni drehte sich erschrocken um und schaute in das nicht minder erschrockene Gesicht von Frau Schurz, Georgs Sekretärin.
    »Sie und mein Mann?«, rief Toni aus. Sie war ehrlich baff. Frau Schurz versuchte irgendetwas zu formulieren, stammelte aber nur: »Frau Jungbluth, ich …« Zumindest war Frau Schurz vollständig angezogen. Nur ihr Kamm steckte noch in den Haaren, sie hatte sich wohl gerade die Frisur richten wollen. Die Frisur danach, dachte Toni. Sie starrte immer noch ungläubig Frau Schurz an.
    »Mit Ihnen habe ich hier wirklich nicht gerechnet«, murmelte sie fassungslos.
    In diesem Moment schoss ein langbeiniges Ding im durchsichtigen, hautfarbenen

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