Der Liebespakt
unter so dramatischen Umständen perfekt auszusehen?, fragte sich Toni. Karolines Haar saß, sie
trug wieder Rock und Bluse und darüber einen leichten, cremefarbenen Trenchcoat von Burberry. Ihr Negligé hatte sie offensichtlich in ihrer großen Clutch von Fendi verstaut. Auch das Make-up saß wieder perfekt. Karoline hatte sich jede Aufregung, jede Rötung aus dem Gesicht geschminkt. Jetzt sah sie nur noch edel, kühl und unnahbar aus. Wie immer.
Sie war schon an der Hotelzimmereingangstür, und es war klar, Georg würde ihr nacheilen. Vorher drehte er sich aber noch mal zu den beiden Frauen um. »Morgen früh, 9 Uhr am Flughafen. Wir nehmen die Zehn-Uhr-Maschine nach Frankfurt, danach geht es mit dem Leihwagen weiter. Bereiten Sie das alles vor, Frau Schurz. Toni, du packst mir bitte legere Sachen für vier, fünf Tage ein, länger darf das Ganze nicht dauern. Vergiss die Badeschlappen nicht. Bademäntel werden sie da ja wohl haben. Ich verlass mich auf euch! Denk an unsere Vereinbarung, Toni, es geht jetzt um alles.« Und weg war Georg. Man hörte ihn auf dem Flur Karoline hinterherlaufen. »Warte doch, Schatz, lass uns reden«, rief er.
»Den dämlichen Satz habe ich von ihm noch nie gehört«, sagte Toni.
»Er passt auch nicht zu ihm«, meinte Frau Schurz kritisch.
»Wieso soll ich denn da morgen mitfliegen? Was wollen wir dort überhaupt?«, fragte Toni.
»Ihr Mann will noch mal sein Glück versuchen. Ich nehme alle Verträge mit, damit Herr Wolkow - wenn Ihr Mann ihn so weit hat - vor Ort unterschreiben kann. Aber im ersten Moment muss das Zusammentreffen in Trarben-Trarbach zufällig wirken, als würde Herr Jungbluth rein privat dort einchecken. Deshalb braucht er Sie da.«
»Die Ehefrau-Tarnung«, sagte Toni.
»Genau. Kehrt er nach einigen Tagen mit unterschriebenen Verträgen nach Berlin zurück, wird ihm niemand mehr den
Vorsitz im Konzern streitig machen können. Noch nicht mal Randow. Dann ist er durch.«
»Verstehe«, sagte Toni.
Eine Gesprächspause entstand. Die beiden Frauen schauten sich etwas peinlich berührt um. Es war nun nicht mehr zu überspielen, in welcher absurden Lage sie sich befanden - im Liebesnest von Ehemann und Arbeitgeber.
»Als Sie hereingekommen sind …« Toni beendete die Frage nicht.
Frau Schurz lächelte rücksichtsvoll. »Ich glaube, ihr Negligé versprach mehr, als gehalten wurde.«
Wieder schwiegen die beiden Frauen.
»Haben Sie schon mal gepokert, Frau Schurz?«, fragte Toni plötzlich. Und so kam es, dass Frau Schurz wenig später Shirin, Margot und die Zwillinge kennenlernte. Es war schließlich Mittwochabend, Zeit zum Pokern.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren ließ sich die Chefsekretärin wieder mit einer der Ehefrauen ihres Chefs ein - ganz gegen ihre Regel. Was soll’s, dachte sich Frau Schurz, Toni hat mir gezeigt, wozu sie fähig ist, es kann keine bösen Überraschungen mehr geben. Wenn sie ehrlich war, hatte sie die letzten Wochen fast genossen. Es war zumindest sehr unterhaltsam gewesen, was Toni ihrem Mann angetan hatte.
Der rannte unterdessen in den Straßen Berlins immer noch Karoline hinterher. »Karoline, bleib doch bitte stehen«, rief er immer wieder.
Aber Karoline marschierte hocherhobenen Hauptes einfach weiter.
Keiner der beiden bemerkte, dass Sebastian Jungbluth und ein professioneller Paparazzo in großem Abstand hinter ihnen herliefen. Die Entfernung war kein Problem, denn der Paparazzo
hatte ein hervorragendes Tele an der Kamera. Die Bilder des streitenden Paares waren gestochen scharf. Selbst wenn die Fotos, die man am Ende abdruckte, die Geliebte nur von hinten zeigten - bei dieser großen blonden Frau war völlig klar: die Ehefrau von Georg Jungbluth war sie nicht. Diese Blondine war ein vollkommen anderer Typ. Außerdem, dachte Sebastian Koch, kenne ich die Frau aus dem Fernsehen. Irgendein kleiner, unwichtiger Sender. Es würde kaum ein Problem sein, ihren Namen herauszufinden.
Der Fotoprofi drückte noch mal auf den Auslöser, ein geschossenes Bild folgte in hoher Geschwindigkeit dem nächsten. Jetzt drehte sich die Geliebte zu Georg Jungbluth um und brüllte ihn an. Die Fotos waren toll! Sebastian Koch hatte alles, was er brauchte. Auch der Paparazzo war zufrieden und packte seine Kamera ein. Der Mann hatte genug Erfahrung, um zu wissen, diese Bilder würden ihm richtig Geld bringen. Sebastian Koch machte sich noch zwei, drei Notizen - Name des Hotels, Route des streitenden Paares, Spekulationen, zu welchem Sender sie
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