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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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selben Hotel. Das wäre ja fast eine Swinger-Party. Nein, sie konnte das nicht. Ratlos schaute Toni ins Nichts.
    »Ich würde gerne noch einen Wodka haben«, murmelte sie.
    Matthias Kammroth ging überhaupt nicht darauf ein. »Du
hast das nicht verdient«, sagte er. »Das macht man einfach nicht. Er ist ein Arsch.«
    »Man macht es einfach nicht.« Toni sprach den Satz nach. »Das meinst du ernst?«
    »Ich weiß, was du über mich denkst«, sagte Matthias Kammroth. »Der mit seinen Dreimonatsmädels, der größte Bock im Revier predigt Moral.«
    Toni musste lachen, obwohl ihr nicht danach zumute war. »Naja …«
    »Stimmt ja auch«, fuhr er fort, »ich habe viele Frauen gehabt. Aber ich habe keiner von denen die Ehe versprochen. Für Georg gilt ein anderes Gesetz: Er ist verheiratet, und zwar mit dir. Nicht mit der Schlampe dort oben.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
    Tonis Herz war jetzt ein Schwamm. Es sog alles auf, was ihr Gegenüber sagte. Ja, eine Ehe war etwas. Etwas Besonderes. Etwas wert. Das hatte sie immer so empfunden, aber sich nicht getraut, es wirklich so zu sehen oder auszusprechen. Sie musste auf einen Gigolo wie Matthias Kammroth treffen, um endlich zu wissen, dass sie richtig lag. Georg trat seine Ehe mit Füßen. Damit trat er auch sie, Toni, mit Füßen. Egal wie viel Geld er ihr zahlte - er hatte sich gefälligst nicht so zu benehmen. Er musste nicht in ihrem Hotel mit dieser Schlampe schlafen!
    »Welche Zimmernummer?« Toni war aufgestanden.
    »Wenn du eine Szene machst, dann bitte nicht zu laut. Nimm Rücksicht auf die anderen Gäste. Ich habe keine Lust, die Polizei zu rufen und dich verhaften zu lassen. Obwohl, wenn es sein muss …«, irgendwie musste Matthias Kammroth jetzt doch grinsen. Dann griff er sich in die Tasche und holte eine schwarze Magnetkarte heraus.
    »Hier ist ein Generalschlüssel. Gib ihn bitte danach wieder an der Rezeption ab. Dein Mann ist in Zimmer Nummer 621.«
Toni wollte sich den Schlüssel nehmen, doch Matthias Kammroth hielt mit der anderen Hand ihre Hand fest. »Gib auf dich acht, Toni. Versprich mir das.« Dann ließ er los. Toni drehte sich grußlos um und ging Richtung Restaurantausgang.
    Sie war gefühlsmäßig wieder genau dort, wo sie damals bei dem Polo gewesen war - sie fühlte sich wie in Watte verpackt, alles drang nur gedämpft an sie heran. Sie nahm wahr, dass die Lobby von einer jungen, sehr attraktiven Reisegruppe aus Israel gefüllt war. Ihre Beine fühlten sich beim Gehen steif an, als seien die Kniegelenke verkalkt und kaum noch einknickbar. Der Fahrstuhl kam gerade an, die Türen öffneten sich und spuckten zwei mittelalte amerikanische Paare aus, die sie anlächelten und »Hi« sagten. Toni reagierte nicht. Sie drückte die 6 und schloss die Augen. Im Fahrstuhl klang leise Loungemusik.
    Was hatten die letzten Wochen ihr gebracht, wenn alles noch genauso war wie am Anfang? Sie war kein bisschen souveräner - 500 000 Euro hin oder her. Sie hatte Georg getriezt und gequält, aber jetzt - in diesem Moment - war sie noch genauso tief verletzt wie im allerersten Moment. Nur hatte sie keinen rechten Grund mehr, wütend zu sein. Sie wusste lange von der Affäre, und sie wurde für ihr Schweigen bezahlt. Was wollte sie jetzt hier? Toni trat aus dem Fahrstuhl, die Zimmer 601 - 613 gingen nach links, die mit den Nummern 614 - 635 gingen nach rechts ab. Ihr Gehirn war verlangsamt, sie starrte die Zahlen an und brauchte eine Weile, um ihre Richtung zu erkennen. Dann bog sie rechts ab.
    Der Flur kam ihr unendlich lang vor. Toni schwankte leicht. Das künstliche Licht, die durch den Teppich gedämpften Geräusche ihrer Schritte, die Stille hinter den Türen, alles kam ihr schwankend unwirklich vor. Sie selbst hatte diesen Velours ausgesucht. Er hieß Twilight. Die Tapete war mit Zeichen und Symbolen in bunten Farben bedruckt, die man nicht entschlüsseln
konnte. Als hätten hier fröhliche Außerirdische, die eine Runde Happypills geschluckt hatten, eine Botschaft hinterlassen. Als »sinnlicher Minimalismus« wurde dieses Design verkauft. Das Hotel sah aus, als käme es zurück aus der Zukunft - genau dies war damals ihr Auftrag gewesen. Jetzt verstärkten ihre Entwürfe das Gefühl der Fremdheit. Sie war fremd in ihrem eigenen Leben.
    Hinter der Tür von 621 war nichts zu hören, aber Toni wusste, das hatte nichts zu bedeuten. Sie selbst hatte in diesem Hotel für eine deutlich bessere Isolierung als sonst üblich gesorgt. Wenn man schon so dicht

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