Der Liebespakt
Verhör.
»Wie bitte?«
»Es war nur ein Bild, um auszudrücken, wie ich mich fühle«, verteidigte sich Georg. »Vergiss es einfach, es war unglücklich gewählt.«
»Ich nehme an, Karoline soll der Porsche sein.«
»Kein schöner Porsche, kein 911er. Eine einfache Kiste, so ein Boxter. Schreckliche Farbe - Speedgelb oder Nordischgold metallic«, versuchte Georg zu witzeln.
»Und ich bin die solide Karre. Der Saab. Deutlich langsamer als der Porsche, versteht sich«, ergänzte Toni.
»Extrem zuverlässig. So ein Auto, das mit dir durch dick und dünn geht. Eine Karre für die Strecke Paris-Dakar.«
»Das heißt, ich könnte auch ein Mitsubishi-Geländewagen oder ein VW sein. Mit mir kommt man durch jedes Schlammloch und über jede Wanderdüne. Wolltest du mir das verdeutlichen?«
»Toni, ich will doch nur sagen - Karoline ist extrem oberflächlich. Sie lebt ein Leben auf der Überholspur. Sie will von allem mehr, nur das Beste, Schnellste, Schönste. Du, du bist reeller. Mit dir kann man - leben.«
»Du findest unsere Ehe also gemütlicher als das Überschall-Leben mit deiner Affäre«, hakte Toni nach.
»Das klingt jetzt sehr abwertend - gemütlicher. Es ist …«, Georg rang nach Worten, »… lebbarer. Ich war blöd, dass ich das vergessen habe.«
Toni leuchtete Georg jetzt ganz nah in sein Gesicht, ohne Rücksicht darauf, ob er die schmerzenden Augen zusammenkniff oder nicht.
»In wenigen Tagen wirst du mir 500 000 Euro auf mein Konto überweisen. Von diesen 500 000 Euro kann ich mir dann, wenn ich Lust habe, einen Porsche kaufen. Vielleicht tue ich das sogar. Denn glaube mir, ich habe auch das Zeug für ein Leben auf der Überholspur. Du musst aber nicht traurig sein - so einen lahmen Saab, wie du ihn in mir siehst, findest du immer wieder. Davon gibt es da draußen jede Menge.«
Danach ließ sie Georg im Dunkeln stehen und leuchtete sich
selbst den Weg nach oben. Sie hörte ihn noch im Keller fluchen, vermutlich war er über seinen Werkzeugkasten gestolpert. Er schrie irgendwann: »Ein Saab ist ein hervorragendes Auto«, aber da war sie längst im Fahrstuhl und fuhr nach oben. In der Wohnung griff sich Toni das Glas und die Weinflasche, schloss sich in ihrem Zimmer ein und drehte laut Musik auf. Sie hatte nicht den Eindruck, dass Georg an diesem Abend nach Hause zurückkehrte. Egal. Noch eine Woche, dann war es endlich vorbei.
19
Vorspeise und Hauptgang waren längst serviert und verzehrt, die Teller leer und die Stimmung gut. Ohne Redemanuskript oder Teleprompter trat Peter von Randow ans Mikrofon. Man sah ihm an, er war berührt. Seine Hände zitterten leicht. Das war aber auch das einzige Zeichen von Emotion, sonst wirkte alles an ihm souverän wie immer - Peter von Randow, seit neun Jahren Vorstandschef eines der größten Konzerne des Landes, weltweit operierend, ein Wirtschaftslenker vom alten Schlag. Es würde sein letzter großer Auftritt in dieser Funktion sein.
»Meine Damen und Herren, wie Sie sich denken können, bedeutet dieser Abend viel für mich. Morgen werde ich mein Büro räumen. Und dass wir mit dieser Gala nun ausgerechnet den Haushaltsführerschein ehren, der junge und auch weniger junge Menschen fit für die Arbeit zu Hause machen soll - kochen, putzen, nähen, reparieren, einkaufen -, scheint mir irony of history . Doch wer glaubt, ich würde meiner Frau Beate jetzt im Garten zur Hand gehen …«, jetzt nahmen die ersten vorsichtigen Lacher im Publikum zu, »… der hat sich getäuscht. Peter von Randow wird niemals eine Küchenschürze anziehen. Nein, ich werde …«
»Halt, halt!« Toni trat nach vorne, ins Schweinwerferlicht. Sie trug ein fließendes armfreies Kleid eines deutschen Designduos, das um den Halsausschnitt elegant mit Perlen und Strass bestickt war. Ihre rötlichen Haare waren mit vielen Klammern
hochgesteckt, was ihr ein völlig anderes Gesicht gab. Sie sah zum Hinschmelzen zart und schön aus - genau richtig für diese Gala. Nicht ganz zufällig hielt sie jetzt mit der linken Hand die weinrote Schürze eines Berliner Sternerestaurants hoch.
»Es tut mir leid, Sie zu unterbrechen, Herr von Randow, aber uns fehlt noch die Nachspeise«, hauchte Toni ins Mikrofon.
»Schlimmer noch, die Nachspeise ist noch gar nicht fertig.« Ein zweiter Scheinwerfer war jetzt angegangen, dort stand ein weiteres Mikrofon, in das sprach nun Beate von Randow. Sie trug ein tailliertes langes Abendkleid von Escada, fliederfarben, als habe es Beate von Randow gerade aus ihrem
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