Der Liebespakt
…«, jetzt kam sie ins Stocken.
»… HFC«, half ihr Margot weiter.
»Und was wird mit meinem wunderbaren Menü? Allein die Vorspeise: Zweierlei von der Garnele!«, jammerte Beate von Randow.
Toni winkte ab. »Unsere Gala-Gäste können Zweierlei von der Garnele kaum mehr sehen, so oft haben sie das schon serviert bekommen. Was wir auf den Teller bringen, wird jünger, frischer, schneller sein. Und ich weiß auch schon den richtigen Koch dafür.« Und schon hatte sie das Telefon am Ohr. »Hey, Tim!«
Nach vier Stunden intensiven Arbeitens, Telefonierens, Organisierens hatten Toni und Margot die Pläne für die Gala komplett auf den Kopf gestellt. Margot fand Tonis Ideen gut, sie war nie ein Fan des 19. Jahrhunderts gewesen. Und auch Ramona Rottenbacher hatte sich nach kurzem Widerstand überzeugen lassen, dass gerade eine Gala für den Hausfrauenbund modern und anders daherkommen müsse als erwartet. Sie stimmte zu. Nur Beate von Randow hatte sich leicht beleidigt zurückgezogen. Alles, was sie in der ersten Phase der Vorbereitung noch selbst geplant hatte, war über den Haufen geworfen worden.
Erschöpft kehrte Toni abends in ihre Wohnung zurück. Sie würde noch ein Bad nehmen und dann gleich ins Bett gehen. Die nächste Woche würde hart werden, sie hatten noch viel Arbeit vor sich, damit am Samstag alles klappte. Und dann, dann war sie frei. Reich und frei. Gedankenverloren spielte sie mit ihrem Ehering. Wie sah die Hand ohne ihn aus? Sie zog ihn ab. Auch gut. Der alte Fahrstuhl ihrer Wohnung hielt mit einem harten Ruck und federte wie immer leicht nach. Toni erschrak, vermutlich, weil sie so in Gedanken gewesen war. Der Ring fiel hin, rollte kurz über das leicht gewölbten Furnier des Fahrstuhlbodens und blieb unter der Holztür liegen. Toni zog die Holztür, die immer klemmte, am Griff auf. Die Tür klappte in den Scharnieren ein und schob dabei den Ehering in den Fahrstuhlschacht. Er fiel zwei, drei Sekunden lang. Dann hörte man weit unten ein leises Aufschlagen von Metall.
»Scheiße«, entfuhr es Toni. »Scheiße, Scheiße.« Sie brauchte diesen Ring an ihrer Hand. Es war das Einzige, was von ihrer Ehe übrig geblieben war. Und außerdem konnte sie nicht ohne Ring auf der Gala aufkreuzen, so stark, wie sie von allen beobachtet wurde.
Sie eilte zur Haustür. Es war vor 22 Uhr, sie konnte den Hausmeister noch anrufen. Der würde ihr dann spätestens morgen früh helfen, den Ring aus dem Schacht wieder herauszuholen. Es war doch sicher nicht der erste Gegenstand, der dort unten gelandet war. Hektisch drückte Toni die Haustür auf und merkte zu ihrem Erstaunen, dass Licht im Wohnzimmer war. War Georg etwa da? Mit dem rechnete sie kaum noch. Betrat der überhaupt mal die Wohnung, dann zog er sich meist sofort ins Gästezimmer zurück. Aber seit dem Ayurveda-Hotel hatte sie ihn gar nicht mehr gesehen.
»Da kommt ja meine Frau«, sagte Georg wirklich freundlich. Meine Frau? Toni glaubte, sich verhört zu haben. Aber
tatsächlich, Georg stand am Küchenblock, vor sich eine geöffnete Flasche Rotwein und zwei Gläser. Sogar einen Teller mit Wasabi-Nüssen hatte er hingestellt. Früher hatten sie sich manchmal spät am Küchenblock getroffen und noch ein bisschen geredet - wie der Tag war, was anstand, was sie gerade beschäftigte. »Ein Glas Wein zum Feierabend?« Georg füllte ihr Weinglas auf und hielt es ihr hin.
Was soll das denn jetzt?, dachte Toni. Sie war immer noch total verärgert und enttäuscht über sein Benehmen im Park. »Ist alles o. k.?« Das fragt der Mann, der seit Monaten seine Frau betrügt, ihr das Eheende angekündigt hat und sie dafür bezahlt, die Heile-Welt-Kulisse aufrechtzuerhalten. Ist alles in Ordnung? Nichts war in Ordnung. Ohne das Glas zu nehmen, ging sie an ihm vorbei zum Telefon.
»Ich muss den Hausmeister anrufen. Mein Ehering ist in den Fahrstuhlschacht gefallen«, sagte Toni und griff nach dem Apparat. Die Nummer des Hausmeisters war eingespeichert.
»Im Fahrstuhlschacht?« Georg schaute immer noch heiter. »Du hast ihn dort aber nicht hineingeworfen oder doch?«
»Das mache ich erst nächste Woche«, knurrte Toni. Am anderen Ende der Leitung sprang der Anrufbeantworter des Hausmeisters an: »Hier Krawenke. Ich bin im Urlaub. Sie erreichen mich ab August wieder.« Wütend legte sie auf.
»So ein Mist, der Hausmeister macht Urlaub. Klar, ist ja Sommerzeit. Morgen ist Samstag, vor Montag erreiche ich niemanden in der Hausverwaltung. Bis dahin hat eine Ratte
Weitere Kostenlose Bücher