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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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Frau. Sie würde sich, nüchtern wie sie war, an die Eheverereinbarung halten, mehr interessierte ihn nicht mehr.
     
    Weil er so felsenfest davon überzeugt war, seine Frau genau zu kennen, dauerte es ein paar Sekunden, bis er begriff, dass sie es war, die ihm jetzt gegenüberstand. Toni begrüßte als gute Gastgeberin ihre ankommenden Gäste an der Wohnungstür. Georg musste einen Moment lang überlegen, was ihn am meisten irritierte. Seine Frau trug verspieltes Weiß. Gut, der zweite Blick verriet ihm, dass das Kleid eher cremefarben war. Aber es war unverkennbar hell. Er war überrascht, wie anders sie darin aussah - weniger streng, weniger düster, weniger - zuverlässig. Dieses Kleid war aus elegant fallendem Chiffon, mit einem Rüschenvolant aus Organzastoff am Saum und übertrieben kunstvoller Spitze an den Armen und am Ausschnitt. Es sah irgendwie altmodisch aus und doch modern, stellte Georg irritiert fest. Er konnte nicht ahnen, wie einzigartig dieses Kleid von John Galliano war, auch der Preis war ziemlich einzigartig, und hätte Georg mal einen Blick auf die gemeinsamen Kontoauszüge geworfen, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass die Ausgaben seiner Frau in den letzten zehn Tagen doch deutlich zugenommen hatten.
    Aber nun sah er Toni in diesem Kleid, und er musste einräumen, dass sie eine wirklich schöne Frau sein konnte, wenn sie denn wollte. Ihr Rotblond passte hervorragend zum Cremeton des Kleides, das Make-up hatte sie deutlich blass gewählt, dafür aber ihre Augen mit dunklem Lidschatten betont, sodass sie groß und grünbraun in die Welt schauten. Auf ihren Lippen trug Toni ein fast pastellfarbenes Rot, das ihr eine rührende Unschuld gab - ganz anders als ihre dunkel geschminkten, vamphaften
Augen. Toni legte zur Begrüßung ihre Hand auf Georgs Arm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, während Georgs Augen auf dem porzellanfarbenen Nagellack seiner Frau hängen blieben. Tonis ganzer Auftritt beunruhigte ihn. Doch er wurde schnell abgelenkt, weil in diesem Moment der Vorstandsvorsitzende Peter von Randow und seine Frau die Wohnung betraten. Man begrüßte sich mit Handschlag und ging dann gemeinsam weiter ins Wohnzimmer.
    Zu Georgs Erstaunen war das Wohnzimmer genauso umdekoriert wie seine Frau. Normalerweise war es der Panoramablick auf Berlin, der den Raum dominierte - schon tagsüber tat er seine Wirkung, aber abends, wenn es dämmerte, war dieser Blick spektakulär. Hereinkommenden Besuchern schien es, als träten sie ins Freie, direkt in den Himmel über Berlin. Das lag an den durchgehenden Fensterfronten an beiden Seiten des loftgroßen Wohnzimmers. Das Dach war aufwendig angehoben worden, damit Georg und Toni mit geraden, hohen Wänden und ge raden Fensterfronten leben konnten. Auf der einen Seite sah man den Potsdamer Platz, die Hochhäuser an der Leipziger Straße, die beiden Domtürme des Gendarmenmarktes und über allem den blinkenden Fernsehturm. Gegenüber fiel den Gästen Axel Springers goldenes Hochhaus ins Auge, auf dem Tag und Nacht aktuelle Topmeldungen über Leuchttafeln l iefen, die bunten Legoland-Häuser der Achtzigerjahre und viel Kreuzberg. Später am Abend dann, wenn das Wohnzimmerlicht durch eine geschickte Regie abgedimmt wurde, tat das Berlin-Mitte-Panorama seine ganze Wirkung. Mit ihrer kargen Möblierung hatte Toni Berlin den großen Auftritt gelassen. Keine wuchtigen Sofaecken, kein Nippes oder gar Ethno-Sammelsurium lenkten das Auge ab. Normalerweise.
    Heute war das Wohnzimmer begrünt. Georg traute seinen Augen nicht, aber so war es. In der Mitte des Raumes war in
den letzten Tagen ein Birkenwäldchen gewachsen. Und jetzt, als er genauer hinschaute, entdeckte er hinter den Birken eine lange, üppig gedeckte Tafel mit viel Geschirr und Gläsern und Silber an jedem Platz. Dreistufige Tafelaufsätze standen auf dem Tisch, aus denen sich Blumen wie Fontänen ergossen. Erleuchtet war alles von Kerzen, es mussten Hunderte sein, sie steckten in mehr als mannshohen Kandelabern um die Tafel herum und in mehrarmigen Leuchtern auf dem Tisch. Nur einige wenige abgedimmte Stehlampen spendeten im Hintergrund etwas elektrisches Licht. Georg fühlte sich, als sei er in diesen alten Hit der Talking Heads versetzt, den er als Schüler gemocht hatte: This is not my beautiful house, this is not my beautiful wife .
    Was war hier los? Er hatte einen ganz normalen Toni-Abend erwartet, mit eckigem Geschirr und in exotischen Gewürzen marinierten Flusskrebsen. Stattdessen dies -

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