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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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einer Bank. Gleich daneben waren einige Spielgeräte aufgebaut, aber es war im Moment kein Kind in der Raststätte, die überhaupt spärlich besucht war. Vorne am Fenster saßen einige Gäste, ein Fernfahrer hatte eine Riesencurrywurst mit Pommes vor sich. Zwei Tische weiter schwieg sich ein älteres Paar an, er trank Tee, sie Wasser. Aus den Boxen dudelte die Landeswelle die größten Hits der 70er-, 80er- und 90er-Jahre, wie der ständig sich wiederholende Jingle verkündete. Daraufhin lief ein alter Hit von »Tears for Fears«. Toni hatte den Sänger letzten Monat im Fernsehen bei einem Live-Konzert gesehen, irgendein guter Zweck. Der Mann war dick und alt geworden. Er machte jetzt die Musik für Mecklenburg, nicht mehr für London.

    Georg zahlte an der Kasse und trug auf dem Tablett die Getränke zu ihr hinüber. Georg trug ein Tablett - wie sehr hatte sie diese Normalität vermisst! Inzwischen wurde ihm alles Alltägliche abgenommen, er hatte einen Assistenten, eine Sekretärin, einen Fahrer, eine Ehefrau. Wie anders wäre alles verlaufen, hätte wie sonst der Fahrer Georg vom Flughafen abgeholt und nicht sie. Wir müssen uns unsere Normalität bewahren, wir müssen sie schützen, diese Normalität ist unsere Freiheit, dachte Toni jetzt. Sie würde irgendwann beim Strandspaziergang mit Georg darüber reden müssen. Aber sicher nicht jetzt. Toni schmerzte es auf die schönste Art, wenn sie daran dachte, was in den nächsten Stunden folgen würde. Ihr Leben fing wieder an. Endlich. Georg und sie bekamen eine zweite Chance.
    Georg stellte das Tablett vor ihr ab, küsste sie stehend, setzte sich aber nicht, sondern sagte: »Ich komme gleich wieder. Ich muss nur schnell mal verschwinden.« Daraufhin ging er am Zeitungsregal vorbei, umkreiste den Ständer mit Namenstassen und verschwand hinter der Tür zum WC-Bereich. Toni musste grinsen, denn ihr Höschen schaute aus seiner Tasche heraus. Mit dem Schlüpfer würde er auf der Herrentoilette bestimmt Eindruck machen. Sie riss das Zuckertütchen auf, süßte ihren Cappuccino und trank einen Schluck.
    Es war jetzt 17.40 Uhr, in einer guten Stunde konnten sie schon in einem Hotel eingecheckt haben. Ob sie später noch an den Strand gehen würden? Bestimmt. Um diese Zeit würde Karoline im Hotelzimmer wüten. Toni war sich sicher, diese Frau würde nicht weinen. Die nicht.
    Drüben hatte der Fernfahrer seine Currywurst aufgegessen und schob nun das Tablett in den Tablettwagen. Dabei fiel sein Glas um. Das ältere Paar ging auch. Für einen kurzen Moment saß Toni als einziger Gast in der Raststätte, da öffnete sich die Tür zum WC-Bereich, und eine Familie mit drei Kindern
stürmte heraus. Die Kleinste war sofort beim Puddingstand, während die beiden älteren Söhne auf einer Cola bestanden. Der Vater kümmerte sich um die Getränke, während die Mutter an der Essensausgabe orderte. Die Eltern waren wortlos eingespielt. Hoffentlich war Georg bald wieder da, bevor die Kinder die Spielgeräte stürmten. Die Tür zum WC-Bereich ging wieder auf. Toni spürte leichtes Herzklopfen. Eine mittelalte Frau kam heraus, ging zum Kühlregal und kaufte eine Flasche stilles Wasser. Danach war alles wieder ruhig.
    Zehn Minuten später hatte Toni ihren Cappuccino ausgetrunken. Sie war jetzt unruhig, aber sie sagte sich, Georg hatte einen langen Flug, er macht sich frisch. Vielleicht sprach er auch mit Karoline am Telefon, versuchte ihr die Situation zu erklären. Was sagte man da? »Ich bin zu meiner Frau zurückgekehrt. Ich versuche es noch mal mit ihr.« Die Familie saß inzwischen beim Essen. Die angestrengten Eltern kamen ihr vor wie Löwenbändiger, sie bellten die ganze Zeit Verbote, die auch dringend notwendig waren, denn inzwischen steckte sich einer der Jungs zwei seiner Pommes frites in die Nase. Toni kam sich plötzlich unsagbar blöd vor, weil sie ohne Unterhose in einer Raststätte saß, in der ein Achtjähriger Unfug mit frittierten Kartoffeln anstellte. Toni schnellte hoch, Georgs Kaffeeplörre war inzwischen lauwarm, er würde sie nicht mehr trinken. Das Geschirr vergaß sie abzuräumen und kassierte dafür einen wütenden Blick der Kassenfrau. Egal, die Frauen hatten nicht viel zu tun, die konnten zur Abwechslung auch mal arbeiten. Mit ihrer Tasche in der Hand trat Toni vor die Tür. Sie hätte auch in den WC-Bereich gehen können, aber sie wollte Georg nicht bis aufs Klo nachlaufen. Irgendwo war auch mal Schluss. Außerdem war erst eine Viertelstunde vergangen.
    Sie

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