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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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überwältigen lassen!
    Rechts flog jetzt das erste Ankündigungsschild für eine Raststätte vorbei. Eine Raststätte? Ihre Raststätte! Mit dieser Raststätte hatten all ihre Kurzurlaube erst richtig begonnen. Jedes Mal hatten sie dort haltgemacht und einen ersten Urlaubskaffee getrunken. Die Initiative ging von Toni aus, sie liebte die Raststättenatmosphäre, dieses anonyme Kommen und Gehen, den Geruch aus Kaffeeduft und Pommes-frites-Fett. Die Raststätte war die Transitstation zwischen Alltag und Freiheit. Eine Art heilsame Zwischenlandung, bevor man am Urlaubsziel ankam. Hatten sie dort am Stehtisch gestanden und ihren Automatenkaffee getrunken, war klar gewesen: Ab jetzt beginnt unsere gemeinsame Zeit. Das zweite Schild nahte, noch 1000 Meter bis zur Ausfahrt. Doch Georg reagierte nicht. Er blieb unbeeindruckt auf der linken Spur. Toni spürte Enttäuschung.
    Sie würde mit sich selbst einen Pakt schließen. Alles entschied sich mit dieser Raststätte. Hielt er dort an, würde sie weiter um ihre Ehe kämpfen. Jeden verdammten Tag. Fuhr er vorbei, dann würde sie ihn ziehen lassen, wenn er wollte. Ohne große Bedingungen zu stellen.
    Jetzt begannen die Ausfahrtschilder - drei Streifen, dreihundert Meter. Toni blickte rüber zu Georg, doch der starrte geradeaus. Zweihundert Meter. Warum erinnerst du dich nicht
mehr?, schrie es innerlich in Toni. Nie sind wir durchgefahren. Nie, nie, nie. Jedes Mal haben wir hier gehalten. Manchmal haben wir schon auf dem Parkplatz miteinander rumgemacht, im Auto natürlich, weil wir es nicht mehr abwarten konnten. Es war unsere schönste Zeit. Wie kannst du das vergessen haben? Einhundert Meter. Nichts tat sich, Toni fühlte sich innerlich wieder taub, er würde durchfahren. Wie schnell die Gefühle wieder umschlagen konnten. Wie ein steuerloses Segelboot trieb sie herum, mal von diesem, mal von jenem Wind erfasst. Die letzten hundert Kilometer war sie glücklicher gewesen, als sie sich hatte eingestehen wollen. Die Ausfahrt begann. Georg war noch immer links. Doch jetzt zog er plötzlich rüber, die Autobahn war komplett frei, er zog über die rechte Spur hinein in die Ausfahrt. Er bremste stark ab. Nun rollten sie auf die Tankstelle zu. Toni hielt sich nicht mehr zurück, sie strahlte. Zum ersten Mal seit Anbeginn der Fahrt berührte sie ihren Mann, sie schlang ihre Arme um seinen, seine Hand lag gerade auf der Gangschaltung. Er lächelte, legte einen Gang runter und löste die Hand, umarmte seine Frau und drückte sie fest an sich. Halb küssend, halb rollend erreichten sie einen Parkplatz. Es dauerte bestimmt fünf Minuten, bis sie ausstiegen, sie schienen die Finger nicht voneinander lassen zu können. Aber hier ging es wirklich nicht. Irgendwann machte sich Georg los und sagte: »Komm, schnell einen Kaffee, der Nostalgie halber, dann fahren wir weiter.«
    Sie waren schon fast ausgestiegen, da fasste sich Toni unter den psychedelischen Tapetenrock und zog ihr feines Unterhöschen aus, ein schwarzer Slip mit durchsichtigem Einsatz aus einem wunderbar wilden Wäscheladen in Berlin-Mitte. Sie ließ ihn am Zeigefinger vor Georgs Nase tanzen und stopfte ihn dann in seine Jacketttasche. Sie würde ihn wieder daran erinnern, was guter Sex war, heißer Sex, und nicht dieser kalte
Cyborgsex von Karoline. Es war ein blödes Klischee, dass es mit den Geliebten im Bett aufregender war als mit der Ehefrau. Es machte sie an, daran zu denken, wie Karoline sich auf ihren Abend vorbereitete - aber diesmal würde er sie sitzen lassen.
    Arm in Arm ging das Ehepaar in die Raststätte, Georg hatte sie halb an der Taille, halb am Po gefasst, und Toni konnte sich kaum mehr daran erinnern, wann sie ihn das letzte Mal so direkt, so sehr als den vertrauten Georg erlebt hatte. Es schien überhaupt keine Rolle mehr zu spielen, wer ihnen zufällig zusah. Sie mussten sich nicht verstecken. Im Gegenteil. Sie waren ein schwer verliebtes Paar. Auch Georg schien es zu genießen: sich wieder offen mit einer Frau zeigen zu können, mit der er etwas hatte. Womöglich war er doch nicht der Typ für eine Geliebte. Vielleicht war ihm das alles mit Karoline am Ende doch zu anstrengend geworden. Sie war es nicht wert.
    »Ich hole uns etwas zu trinken. Setz du dich schon einmal«, sagte nun Georg zu ihr und ging zielstrebig vorbei an der Nudelstation, der Salatbar und dem Puddingstand bis zum Kaffeeautomat, wo er für sich einen Kaffee und für Toni einen Cappuccino holte. Toni wählte eine zurückgezogene Ecke mit

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